Mitten auf dem Meer – Alarmstufe und müde Stimmen
Es war kurz nach Mitternacht, als ich das Video sah: eine Frau aus Palma, das Deck hinter ihr nur schwach beleuchtet, die Stimme gedämpft vom Wind. „Alarmstufe Rot“ – das sagte sie, die Augen wach, trotz Müdigkeit. Die Wellen schlugen, das Schiff vibrierte; irgendwo klang ein dumpfer Einschlag. So beschreiben Augenzeugen an Bord der sogenannten Flottille, wie sich die nächtlichen Stunden zur Prüfung entwickelt haben.
Angriffe, Drohnen und der Versuch, ruhig zu bleiben
Nach Schilderungen auf dem Schiff wurden in den letzten Tagen mehrere Boote von unidentifizierten Drohnen überflogen, einige sogar von Explosionen getroffen. Die Aktivistinnen und Aktivisten sprechen von psychologischer Kriegsführung – einem gezielten Einschüchterungsversuch, damit sie umkehren. Die Gruppe, zu der auch Mallorquinerinnen gehören, will Hilfslieferungen in den Gazastreifen bringen; rund 50 Schiffe mit mehreren Hundert Freiwilligen sind beteiligt.
Man hört in den Berichten eine merkwürdige Mischung aus Adrenalin und Erschöpfung: Stimmen, die Befehle geben, andere, die sich gegenseitig beruhigen. Kaffee bleibt oft kalt, Schlaf ist rar. Ein Helfer erzählte, dass die Kommunikationstechnik ständig überprüft werde – Protokolle, Notfallrouten, Treffpunkte bei schlechten Sichtverhältnissen.
Politik auf Distanz – Schiffe, Erklärungen, Unsicherheit
Italien schickte schnell eine Fregatte, Spanien hat nun ein Kriegsschiff entsandt, um mögliche Rettungsaktionen zu ermöglichen. Aus Madrid hieß es, man wolle das Völkerrecht wahren. Für die Menschen auf See klingt das häufig zu wenig: Worte reichen nicht gegen Nächte mit Drohnen, so die Reaktion vieler Aktivisten. Es bleibt eine spürbare Kluft zwischen offiziellen Erklärungen und dem, was an Bord passiert.
Prominente Persönlichkeiten unterstützen die Mission aus verschiedenen Ländern, doch die Gefahr ist real: Der Weg ins östliche Mittelmeer ist nicht mehr nur eine politische Demonstration, er ist ein Risiko-Spiel mit moderner Militärtechnik.
Warum sie weitermachen – und was jetzt zählt
Die Aktivisten betonen, dass ihre Aktion gewaltfrei und humanitär ist. Auf den Videos hört man Hoffnung zwischen den Worten – die Hoffnung, wenigstens etwas Hilfe durchzuschmuggeln, Menschen zu erreichen, die dringend darauf angewiesen sind. Gleichzeitig klingt die Sorge mit: Werden die europäischen Regierungen eingreifen, oder bleibt es bei Appellen?
Standort der Flottille zuletzt: in Gewässern nahe Kreta. Wie lange das so bleibt, weiß niemand. Ein letzter Blick aus dem Off: eine kühle Nacht, Scheinwerferkegel, und die Entschlossenheit einer kleinen Gruppe, die trotz Drohnen und Explosionen weiterfährt. Für viele hier auf der Insel ist das kein abstraktes Ereignis mehr – es sind Bekannte, Freundinnen und Freunde, deren Geschichten man inzwischen mitverfolgt.