Fast 40 Stunden standen Haushalte und Betriebe in Alaró ohne Telefon und Internet da. Die Gemeinde fordert Aufklärung, Entschädigung und technische Maßnahmen.
Alaró am Wochenende: 40 Stunden ohne Telefon und Internet
Was sich in anderen Gegenden wie ein Worst‑Case anhört, wurde in Alaró am vergangenen Wochenende Wirklichkeit: Von Freitagnacht bis Sonntagmorgen lagen große Teile der rund 8.000‑Einwohner‑Stadt nahezu komplett ohne Telefonnetz und Internet. In den Cafés an der Plaça Major summten die Kaffeemaschinen, aber die Kartenlesegeräte blieben stumm. Die Bäckerei an der Ecke nahm wieder Bargeld an, und auf den engen Gassen hörte man mehr Gespräche als sonst – wohl auch, weil WhatsApp stumm war.
Die Leitfrage: Wie robust ist die digitale Infrastruktur auf Mallorca wirklich?
Die zentrale Frage, die jetzt alle stellen: Wie widerstandsfähig sind unsere Netze auf der Insel, wenn ein Ausfall beim wichtigsten Backbone‑Anbieter offenbar weite Teile eines Ortes lahmlegt? Alarós Rathaus hat den Vorfall offiziell bei der Balearenregierung gemeldet und die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, eigene Beschwerden beim Provider einzureichen. Das soll zeigen, wie groß der Schaden wirklich ist – und Druck aufbauen.
Mehr als nur lästige Unannehmlichkeit
Im Alltag bedeutete der Ausfall weit mehr als kein Streamen am Abend: Handwerksbetriebe konnten Aufträge nicht per Nachricht bestätigen, Arztpraxen hatten Probleme mit Onlineterminen, Lieferdienste liefen Gefahr, Zeitfenster zu verpassen. Besonders verwundbar waren Menschen, die auf Telemedizin, smarte Hausgeräte oder Online‑Banking angewiesen sind. Dass einige Betroffene sogar von verzögerten Notrufen berichten, macht die Lage brisant und zeigt, dass es um mehr geht als um verlorene Verkaufsdaten.
Wenig diskutiert wird dabei, dass die technische Topologie – also ob ein Gebiet von mehreren, unabhängigen Leitungen versorgt wird oder von einer einzigen Achse abhängt – entscheidend ist. Hier offenbarte sich ein Single‑Point‑of‑Failure: Movistar fungiert auf Mallorca als Backbone für mehrere Anbieter. Fällt dieser Partner aus, fallen viele mit.
Was die Gemeinde fordert – und was weiter möglich ist
Das Rathaus verlangt Transparenz, Entschädigungsregelungen für besonders betroffene Gewerbebetriebe und technische Maßnahmen, damit sich so etwas nicht wiederholt. Das sind konkrete Forderungen, aber es reicht nicht, nur auf eine Untersuchung zu warten. Die Gemeinde sollte jetzt auch öffentlich machen, welche Versorgungs‑ und Notfallpläne sie selbst hat: Gibt es alternative Routing‑Wege? Bestehen Verträge, die Redundanzen vorschreiben? Und welche Rolle spielt die regionale Aufsicht?
Aspekte, die bisher kaum auf dem Tisch liegen
Ein paar weniger beleuchtete Punkte: Erstens die ökonomischen Folgekosten für kleine Betriebe – ein Wochenende ohne Kartenzahlung und Auftragsbestätigungen summiert sich schnell. Zweitens die Frage der Vertragsgestaltung zwischen Gemeinden und Netzanbietern: Welche Ausgleichszahlungen sind vorgesehen? Drittens die soziale Dimension: Ältere Menschen oder chronisch Kranke, die auf Telemedizin oder Alarmdienste angewiesen sind, brauchen besondere Schutzmaßnahmen.
Konkrete Schritte — was jetzt passieren sollte
Für die Gemeinde: Kurzfristig: Ein öffentliches Protokoll mit Zeitachse, betroffenen Bereichen und Kommunikationsversuchen veröffentlichen. Mittelfristig: Verträge prüfen, Redundanzauflagen einfordern und gemeinsam mit Nachbargemeinden Notfall‑Routen planen. Langfristig: Die Einrichtung kommunaler, frei zugänglicher Hotspots an zentralen Plätzen und ein technisches Backup für kritische Dienste prüfen (z. B. Satelliten‑Fallback für Verwaltung und medizinische Notfallkommunikation).
Für die Gewerbetreibenden: Störungsfälle schriftlich dokumentieren, Umsatzausfälle und Datum/Uhrzeit sammeln, Beschwerden beim Anbieter einreichen – je mehr einzelne Meldungen vorliegen, desto größer die Chance auf Entschädigungen.
Für die Bewohner: Notfallpläne zu Hause überdenken: Bargeld bereit halten, alternative Kontaktwege (Telefonnummern auf Papier) parat haben und Nachbarschaftshilfe organisieren. Die Plaça Major hat in solchen Momenten wieder gezeigt, wie wichtig persönliche Begegnung ist – aber darauf sollte man sich nicht verlassen müssen.
Was die Behörden nun leisten müssen
Die Balearenregierung prüft den Vorfall; Sanktionen sind möglich, aber kein Sofortrezept. Entscheidend ist, dass regionale Behörden verbindliche Anforderungen an Redundanz und Ausfallsicherheit formulieren und deren Einhaltung überwachen. Auch EU‑ und nationale Fördermittel für Infrastrukturausbauten könnten genutzt werden, um inselweite Resilienz zu stärken.
Das Bild am Sonntag war zweigeteilt: Einerseits Ärger über mangelnde Information und die wirtschaftlichen Folgen, andererseits die ungewöhnliche Ruhe in den Straßen – kein Dauer‑Newsstream, stattdessen Gespräche und das Glockenspiel der Kirche. Das mag nostalgisch klingen, ändert aber nichts an der Tatsache: Ein Dorf, das beim nächsten Ausfall nicht wieder 40 Stunden offline sein will, muss jetzt handeln. Und die wichtigste Frage bleibt: Wer trägt die Kosten – der Betreiber, die Aufsicht, oder am Ende die Bürgerinnen und Bürger?
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