Unschönes Bild an der zweiten Meereslinie
Donnerstagmorgen gegen 07:20 Uhr, die Sonne brennt schon durch die Jalousien am Carrer de la Mar: Ein Anwohner, der seit vier Jahren an der Playa de Palma lebt, staunte nicht schlecht. Auf dem Asphalt in der zweiten Meereslinie stand in großen, hastigen Lettern eine Parole gegen deutsche Besucher. Er machte ein Foto, schickte es herum und sagte: "Das ist einfach zu viel."
Was genau passiert ist
Der Schriftzug war deutlich: eine englischsprachige Beleidigung, grob und provokativ gesprüht. Keine Signatur, kein Kontext, nur eine klare Botschaft, die spaltet. Der Mann, der uns seine Aufnahme zeigte, arbeitet in einem Café in Strandnähe. "Ich habe viele Gäste, manche sind hier seit Jahren – und so etwas verunsichert uns alle", sagt er. Ob Anzeige erstattet wurde, konnte er nicht sicher sagen. Die Polizei reagiert in solchen Fällen meist, aber die Spurensuche ist oft schwierig.
Solche Auftritte sind Teil eines größeren Musters. In den vergangenen Wochen tauchten ähnliche Parolen an anderen Orten der Insel auf: Sticker an Autotüren, Schmierereien an Ladenfassaden, verunglimpfende Worte an Immobilienbüros in kleineren Orten. Das erzeugt Unruhe in Nachbarschaften, nicht nur bei Urlaubern, sondern auch bei Residenten.
Die Stimmung auf der Insel
Mallorca diskutiert längst über die Folgen von Massentourismus, Mietpreise und überfüllten Straßen. Proteste mit Tausenden Teilnehmern und hitzige Debatten in Rathäusern gehören inzwischen zum Sommer. Viele Demonstranten sprechen von gerechter Wut gegen steigende Mieten und Lärm. Andere sehen in beleidigenden Parolen eine Linie, die nicht überschritten werden darf. Beides kann gleichzeitig wahr sein.
Ich habe mit einer Nachbarin gesprochen, die hier seit Jahrzehnten lebt. "Ich bin gegen Hassparolen – immer. Wir müssen Probleme lösen, nicht Menschen angreifen", sagt sie und wirft einen Blick auf die Strandpromenade. Solche Stimmen gibt es oft, sie bleiben in den Hinterhöfen und auf den Tischen der kleinen Bars, wo man am Abend über Lösungen spricht.
Was jetzt wichtig ist
Praktisch heißt das: Anzeigen aufnehmen, Fotos sichern, und das Gespräch suchen — zwischen Anwohnern, Unternehmern und Politik. Gleichzeitig braucht die Insel langfristige Antworten auf Wohnungsnot und Überfüllung. Das eine löst das andere nicht von allein, aber die Eskalation mit fremdenfeindlichen Botschaften darf nicht zur Normalität werden.
Kein Ort ist sicher vor Provokation. Aber wir können entscheiden, wie wir darauf reagieren: mit Ignoranz, mit Rache oder mit klarem, gemeinsamem Handeln.