Das Meer, das wir kannten, verändert sich
Frühmorgens an der Playa, die Luft noch salzig und die Straßen nass vom Abendregen: Das Wasser fühlt sich anders an. Wärmer. Nicht nur ein Grad, sondern spürbar. Und das ist mehr als ein Sommergefühl – die Wissenschaft registriert einen deutlichen Anstieg der Wassertemperaturen rund um Mallorca.
Das hat Folgen. Posidonia-Seegras, früher eine Art Unterwasserwiese, die Sand hielt und Leben schuf, schrumpft an vielen Stellen. Ohne diesen natürlichen Schutz rutschen Strände leichter ab, der Meeresboden verliert Struktur und das Ökosystem gerät aus dem Takt.
Fischer, die nicht mehr wissen, was sie verkaufen sollen
Am Morgen treffe ich einen Fischersmann aus Port d’Andratx. Er lacht kurz, schaut aufs Meer und sagt: „Unsere Netze sind voll, aber vieles ist neu — und nicht das, was die Leute auf dem Markt wollen.“ Früher waren Doraden oder Meerbrassen Alltag. Jetzt sind öfter bunte, tropisch wirkende Fische und Quallen in den Körben.
Mehr Quallen schon im Frühsommer, mehr seltsame Arten, weniger klassische Speisefische – das spürt jede Familie, die vom Meer lebt. Die Fangmengen mögen auf dem Papier hoch aussehen, qualitativ jedoch fehlt das Bekannte.
Die Wissenschaft mahnt — und schlägt Lösungen vor
Meeresforscherinnen und -forscher hier auf den Balearen warnen, dass das Mittelmeer sich schneller erwärmt als der globale Durchschnitt. Das müsse man ernst nehmen: Temperaturspitzen schädigen Seegras, reduzieren Sauerstoff im Wasser und machen Platz für Arten, die wir früher kaum sahen.
Die Antworten sind inzwischen konkret: Seegraspflanzungen, künstliche Riffe, klarere Schutzräume und Projekte, die Kohlendioxid im Wasser binden. Manche Initiativen probieren biotechnische Ansätze, andere setzen auf klassische Wiederansiedlung. In einer Bucht nördlich von Palma läuft ein Pilotprojekt, das junge Posidonia-Pflanzen wieder einsetzt. Es ist klein, aber es ist ein Anfang.
Was das für Tourismus und Alltag bedeutet
Sauberes Wasser ist das Fundament hier. Wenn Strände erodieren oder regelmäßige Quallenbretter das Baden erschweren, spüren nicht nur Fischer und Taucher die Folgen. Hotels, Strandbars und Familien, die seit Jahrzehnten herkommen, sehen die Risiken.
Die Lösung ist keine kurzfristige Politikrede. Sie braucht Geld, Zeit und Geduld – und ein Eingeständnis, dass weniger allein nicht reicht; das Meer braucht aktive Pflege.
Ich verlasse den Strand, ziehe meine Schuhe an und sehe, wie ein Kind versucht, eine kleine Seegras-Pflanze zwischen den Fingern zu halten. Es ist eine unscheinbare Szene. Aber vielleicht ist genau das der Kern: Wieder anfangen, Schritt für Schritt.