Am Can Pere Antoni wurden 34 junge Meeresschildkröten ins offene Meer entlassen. Ein stiller Abend mit Joggern, Möwen und vielen Helfern zeigt: Schutzarbeit auf Mallorca wirkt — und jeder kann mitmachen.
Ein Abend, der in Palmas Hafenluft noch lange nachklingt
Als gestern die Sonne hinter den Häusern des Paseo Marítimo versank und eine kühle Brise vom Meer herüberzog, ging am Stadtstrand von Palma etwas Kleines und Großes zugleich über die Bühne: 34 junge Meeresschildkröten wurden ins offene Meer entlassen. Wer zufällig vorbeiging — Jogger mit Kopfhörern, ein Rentner mit gefalteter Zeitung, Kinder mit noch nassem Sand an den Knien — blieb stehen. Man hörte das Rascheln der Promenadenpalmen, das entfernte Klappern eines Chiringuitos und das kreischende Gelächter der Möwen. Gelegentlich rief jemand ein leises „Oh!“, wenn ein winziges Panzerchen die erste Welle erreichte.
Kleine Tiere, große Reise
Die 34 Schlüpflinge stammen aus dem Nest, das diesen Sommer am Strand von Can Pere Antoni entdeckt wurde. Insgesamt waren es 73 Jungtiere, die in eine Aufzuchtstation gebracht wurden; 34 durften gestern Abend zurück ins Meer, die übrigen 39 bleiben zur Beobachtung und Aufzucht. Hier zählt nicht Geschwindigkeit, sondern Gewichtszunahme, Schwimmstärke und allgemeine Kondition — erst wenn die Tierpflegerinnen überzeugt sind, folgt der nächste Schritt, voraussichtlich in etwa zehn bis zwölf Monaten.
„Wir wollen ihnen die beste Startchance geben“, sagte Anna Torres, Generaldirektorin für Umwelt, und erklärte, wie die kontrollierte Aufzucht Risiken wie überhitzte Sandnester, Fressfeinde oder Lichtverschmutzung mindern kann. Es ist kein Zaubertrick, sondern einfache, beharrliche Arbeit — eine Mischung aus Messungen, Fütterung und viel Geduld.
Gemeinschaft am Strand
Beeindruckend war weniger die Inszenierung als die stille Kooperation: Stadtverwaltung, Biologinnen, Tierpfleger und Ehrenamtliche — alle arbeiteten Hand in Hand. Es waren einfache Werkzeuge, die halfen: Handschuhe, Plastikschalen, Notizen auf Zetteln. Auf der Promenade diskutierten zwei Studentinnen energisch über Nächte ohne Strandbeleuchtung; ein Großvater zeigte seinem Enkel Fotos und sagte leise: „Das sind unsere, nicht aus dem Zoo.“ Die Szene strahlte etwas Vertrautes aus, fast familiär.
Viele Beobachter machten Fotos, manche richteten noch ihre Handytaschenlampen aus Neugier. Ein beherzter Helfer bat freundlich darum, das Licht auszumachen — kleine Gesten, großer Unterschied: Schildkröten orientieren sich am natürlichen Horizontlicht, Kunstlicht verwirrt sie auf ihrem Weg ins Meer.
Warum das für Mallorca zählt
Solche Freilassungen sind nicht nur schöne Bilder für Urlaubsalben. Sie sind ein Gradmesser dafür, dass Schutzmaßnahmen greifen und dass Menschen auf der Insel Verantwortung übernehmen. Meeresschildkröten brauchen ruhige, dunkle Strände zum Schlüpfen und saubere Meere zum Überleben. Lichtverschmutzung, Plastikmüll und hohe Stranddichte sind reale Gefahren — und genau hier setzt das gemeinsame Engagement an.
Praktisch bedeutet das: Lampen dimmen, keinen Müll liegen lassen, Hunde anleinen, Informationsschilder an Strandzugängen und Gespräche mit Bademeistern machen einen Unterschied. Jede dieser kleinen Maßnahmen erhöht die Chance, dass weitere Schlüpflinge erfolgreich das Meer erreichen und eines Tages vielleicht zurückkehren, um selbst Nester zu legen.
Was jetzt wichtig ist
Die Arbeit endet nicht mit dem letzten Flattern der Plastikschale im Sand. Die verbliebenen 39 Jungtiere werden weiter gepflegt, beobachtet und später, nach gutem Wachstum, ebenfalls freigesetzt. Die Stadt prüft außerdem Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung an besonders sensiblen Stränden und will verstärkt Aufklärung betreiben — etwa mit Hinweisschildern, kurzen Briefings für Rettungsschwimmer und Informationsabenden für Anwohnerinnen.
Auch Urlauber können mithelfen: Wer abends am Strand ist, kann das Handylicht auslassen, den Müll mitnehmen und Hunde an der Leine führen. Solche Gesten brauchen keine Behörde, nur gute Absicht und einen kurzen Moment der Rücksicht.
Ein hoffnungsvoller Blick nach vorn
Die 34 kleinen Panzer treiben jetzt Richtung offenes Meer. Ob sie in einigen Jahren an diese Küste zurückkehren, bleibt offen — die Natur schreibt ihre eigenen Geschichten. Doch der Abend am Can Pere Antoni war ein konkreter Beweis: Wenn Menschen zusammenkommen, können auch kleine Leben eine Chance erhalten. Auf dem Paseo liegen noch die Spuren: zerknitterte Handschuhe, eine leere Schale, Fußabdrücke im nassen Sand — stille Zeugnisse einer Nacht, die Mut macht.
Für Mallorca ist das mehr als ein gutes Bild fürs Familienalbum. Es ist ein Stück gelebte Verantwortung und ein praktischer Baustein für eine nachhaltigere Küste. Wer jetzt am Can Pere Antoni entlanggeht, hört vielleicht wieder die Möwen, spürt die Brise — und trägt eine leise Hoffnung im Gepäck, dass diese Insel noch lange genug Platz für solche Momente hat.
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