Ein kleiner Holzbaum erobert die Regale in Palma: praktisch für Stadtwohnungen, günstig im Preis, mit Nachhaltigkeitsversprechen. Was steckt wirklich dahinter – und für wen lohnt sich die Alternative zum echten Nadelbaum?
Kompakter Holz-Weihnachtsbaum: Pragmatismus oder grünes Feigenblatt?
An einem windigen Vormittag in Palma, die Straßen noch feucht vom nächtlichen Regen, fällt er auf: kein Nadelduft, kein Tannengrün, sondern sauber gesägte Holzstäbe, die sich zu einem Baum formieren. Auf der Carrer de Sant Miquel halten Touristinnen und eine ältere Mallorquinerin kurz an, um die Möglichkeiten zu diskutieren – der Anblick passt gut in die Stadtwohnungen rund um Santa Catalina und die engen Altstadtflure.
Die Fakten: kompakt, günstig, wiederverwendbar
Das Modell misst rund 1,60 Meter und ist mit etwa 85 Zentimetern Breitenmaß auf kleine Räume zugeschnitten. 23 drehbare Äste sorgen für Variabilität beim Schmücken, eine zentrale Metallstange für Stabilität, der Fuß ist aus Holz. Preis: knapp 25 Euro. Auf den ersten Blick spricht alles für Pragmatismus: kein jährlicher Baumkauf, keine Nadeln auf dem Parkett, kein Trocknen und Feuerrisiko durch entlaubte Pflanzen – zumindest nicht durch natürliche Nadeln.
Die Leitfrage: Ist das wirklich nachhaltiger?
So einfach ist die Rechnung leider nicht. „Wiederverwendbar“ ist ein gutes Verkaufsargument, aber Nachhaltigkeit hat viele Gesichter: Herkunft des Holzes, Transportwege, Produktionsbedingungen und am Ende die Lebensdauer. In Palma hört man leise Skepsis: Wurde das Holz zertifiziert geschlagen? Wie langlebig sind die Verbindungen und Beschichtungen? Wenn der Baum nach zwei Jahren kaputtgeht und im Müll landet, war der Umweltnutzen schnell dahin.
Was selten auf der Packung steht
Am Markt wird wenig über CO₂-Bilanz oder Zertifikate gesprochen. Viele Käuferinnen fragen nach Garantie, kinderfreundlicher Konstruktion oder Ersatzteilen – Informationen, die oft im Verkaufsraum fehlen. Ebenso tabu: die Frage nach recyclingfähigen Beschichtungen oder Klebern. Auf Mallorca, wo der Platz zum Lagern rar ist, stellt sich außerdem die Frage, wie viele Haushalte so einen Baum tatsächlich jahrelang aufbewahren wollen.
Praktische Vor- und Nachteile für Mallorquiner
Vorteile sind klar: Der Holzbaum ist leicht aufzubauen, stabil genug für Wohnungen mit Kindern oder Haustieren und passt in kleinere Räume. Die verstellbaren Äste erleichtern das Schmücken. Nachteile: Optik bleibt Geschmackssache, echtes Fichten- oder Tannengrün fehlt, und offenes Kerzenlicht ist wegen Brandgefahr tabu. Wer traditionelles Weihnachtsaroma schätzt, muss separat mit Ölen oder Zapfen nachhelfen.
Konkrete Chancen und Lösungen
Wer Wert auf echte Nachhaltigkeit legt, kann folgende Schritte beachten: Beim Kauf auf Herkunft und Zertifikate achten (z. B. FSC), lokale Handwerkerinnen und Schreiner bevorzugen, die kürzere Transportwege und Reparaturmöglichkeiten bieten, oder auf Modelle mit austauschbaren Teilen setzen. Für die Inselgemeinschaft wäre interessant, ob Nachbarschaften Tauschbörsen oder Sammelgaragen einrichten könnten – so würde ein Baum nicht im Einzelhaushalt verstauben, sondern vielen Haushalten nacheinander dienen.
Tipps für den Alltag
Im Flur sicher verankern, LED-Lichterketten statt Glühbirnen verwenden und eine kleine Aufbewahrungsbox nehmen, die den Baum kompakt hält. Im besten Fall kombiniert man den Holzbaum mit Naturdeko aus der Insel: getrocknete Orangen, kleine Kiefernzapfen vom letzten Spaziergang oder handgefertigte Anhänger aus lokalen Werkstätten. Das gibt Wärme, ohne echte Nadeln.
Am Ende bleibt es eine persönliche Entscheidung: Für viele Stadtbewohnerinnen in Palma ist der Holzbaum eine pragmatische, günstige Alternative, die Platz und Zeit spart. Für andere ist er ein Kompromiss – praktisch, ja, aber kein Ersatz für das vertraute Rascheln echter Nadeln. Ein guter Mittelweg könnte sein: lokal kaufen, bewusst einsetzen und reparieren lassen. Dann bleibt die Weihnachtsstimmung erhalten – und der Müllberg klein.
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