Die Kinderwagen fehlen: Geburten sinken besonders stark auf den Balearen
\nEs fühlt sich an wie ein kleines, stilles Zeichen: weniger Kinder in den Spielstraßen, leere Bänke vor den Schulen nachmittags. Zwischen Januar und Juli dieses Jahres wurden auf den Balearen nur rund 4.900 Neugeborene registriert – das sind etwa fünf Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Laut dem Statistikamt INE liegen die Inseln damit hinter allen anderen Regionen Spaniens.
\nWarum merkt man das so deutlich hier?
\nAuf Mallorca ist vieles eng: Familiennetze, Mietmarkt und Arbeitsplätze sind kleiner als auf dem Festland. Junge Paare erzählen, dass bezahlbarer Wohnraum einer der Hauptgründe ist, warum Kinderwunsch verschoben wird. Ich traf gestern Vormittag eine Mutter auf der Plaça del Mercat in Palma, die sagte: „Die Miete frisst uns auf, ein Kinderzimmer ist Luxus.“ Solche Gespräche hört man oft — in kleinen Cafés in Santa Catalina, an Bushaltestellen oder beim Warten vor dem Kinderarzt. Die Wartezimmer wirken leiser als früher.
\nMehr Todesfälle, weniger Geburten — demografischer Stillstand
\nGleichzeitig steigen die Todesfälle, was die Bilanz weiter verschlechtert. Nicht nur die Zahl der Neugeborenen ist relevant, sondern auch das Verhältnis von Sterbefällen zu Geburten. Für eine wachsende oder auch nur stabile Bevölkerung braucht es mehr Geburten — oder massiven Zuzug. Beides ist derzeit schwierig: Zuzug bringt zwar kurzfristig Tourismus und Einnahmen, aber nicht unbedingt junge Familien mit langfristigen Perspektiven.
\nDie Folgen sind spürbar: Manche kleinere Schulen prüfen Klassenzusammenlegungen, Sozialdienste sehen künftig höheren Bedarf an Altenpflege, und lokale Gesundheitszentren planen neu. Die Stadtverwaltung in einigen Gemeinden berichtet von sinkenden Kitaplätzen-Anfragen — paradox, wenn man bedenkt, dass mehr Unterstützung eigentlich nötig wäre.
\nWas könnte helfen?
\nEs gibt kein Patentrezept, aber ein paar Sachen liegen nahe: günstiger Wohnraum für Familien, bessere Kinderbetreuung zu normalen Arbeitszeiten, finanzielle Anreize beim ersten Kind und flexiblere Arbeitsmodelle für junge Eltern. Auch das Bewusstsein in Cafés, Schulen und auf der Straße ist wichtig — hier trifft man oft die selben Gesichter; wenn die wegziehen, merkt man das sofort.
\nIch will nicht alarmieren, aber es ist ein Weckruf: Wenn die Insel weiter attraktiv bleiben soll für Leute, die sesshaft werden wollen, muss man jetzt politisch und praktisch handeln. Sonst werden die Spielplätze in fünf oder zehn Jahren fremder wirken als heute — und das wäre schade für eine Insel, die so viel Leben hat.
\nKurz und ehrlich: Es ist nicht nur Statistik, es sind Menschen, Wohnungen, Jobs und die Frage, wie Mallorca in zehn Jahren aussehen soll.