Ein Abend in Palma, Espresso in der Luft und ein Bildband, der Mallorca abseits der Postkarten zeigt: Arbeit, Hände, Mauern und zwei charmante Cover zur Wahl.
Zwischen Espresso, Kirchenglocken und zwei Covern: ein Abend in Palma
Es war einer dieser kühlen Oktobernachmittage, an denen die Sonne in Palma noch warm an die Fassaden klopft, während die Gassen schon nach Abend riechen. In der Galería Pelaires war kein Händeklatschen, sondern das leise Rascheln von Seiten zu hören. Glocken läuteten aus einer engen Seitenstraße, irgendwo klapperte eine Espresso-Tasse — und inmitten dieses Alltags stellte ein Fotograf seinen neuen Bildband vor. Kein großes Spektakel, eher ein Treffen von Menschen, die sehen und Wert auf Details legen.
Keine Postkarte, sondern Atem
Wer eine Sammlung typischer Postkarten erwartet, wird überrascht. Die Fotografien suchen nicht die perfekte Bucht, sie suchen Kanten: Netze am Kai von Port d’Andratx, windgebleichte Mauern in Bergdörfern, enge Gassen mit Graffiti, weite Olivenhainen, die im flimmernden Abendlicht atmen. Manche Bilder sind so reduziert, dass man fast das Salz riechen kann; andere fangen Hände ein — tanzend über Ton, Holz und Seil. Keine Klischees, sondern kleine Biografien aus Stein und Gebrauchsspuren.
Besonders angenehm: Die Bilder verfallen nicht in Verklärung. Sie zeigen Arbeitsorte, Rückzugsorte, Verstecke. Zu vielen Aufnahmen gibt es kurze Begleittexte, geschrieben wie Wegbeschreibungen eines Spaziergangs — nicht belehrend, eher im Ton eines Nachbarn, der kurz stehen bleibt und erzählt, was er gesehen hat. Das macht den Band zu einem Buch zum Blättern, zum langsamen Lesen, zum Umdenken.
Zwei Umschläge, eine liebevolle Marotte
Eine kleine, charmante Idee des Projekts: Käufer können zwischen zwei Covern wählen. Das eine zeigt Meer und Horizont, das andere ein Arrangement farbiger Töpferware aus Pòrtol. Die Entscheidung entstand aus einer Mini-Umfrage — Männer neigten leicht zum Meer, Frauen zur Keramik — und statt zu streiten, hat der Herausgeber beides gedruckt. Praktisch, ein bisschen neckisch und sehr mallorquinisch: Entscheidungen kann man auch teilen.
Details zum Buch: Hardcover, 344 Seiten. Preis: rund 87 Euro (plus Versand); in einigen Läden liegt er etwas höher. Bei der Präsentation gab es signierte Exemplare, und viele blätterten, bis die Abendsonne die Galerie in warmes Licht tauchte.
Warum das Buch gut für Mallorca ist
Solche Projekte tun der Insel gut, weil sie den Blick verändern. Nicht mit Appellen, sondern mit Neugier. Wenn Besucher lernen, genauer hinzuschauen — auf das Rattern der Fischerboote, das Klappern von Töpferwerkzeugen oder das Gespräch in einer kleinen Caféteria — dann wächst Wertschätzung für Dinge, die Werbung nicht braucht. Vielleicht kauft man künftig eher eine Platte aus Pòrtol als eine Plastiktüte-Souvenirkette.
Der Band ist kein politisches Manifest, sondern eine Einladung: langsamer gehen, Ohren offenhalten, sich auf Kleinigkeiten einlassen. Solche Bilder fördern das langsame Reisen, das genaue Wahrnehmen — eine kleine Gegenwehr gegen die Eile des Massentourismus.
Blick nach vorn
Wenn die Galería leer ist und nur noch Kaffeeduft in den Fluren hängt, bleibt die Gewissheit, dass Mallorca noch Geschichten hat, die nicht auf Postkarten passen. Der Bildband macht ein leises Versprechen: Es gibt immer noch Ecken zu entdecken und Menschen, die aufmerksam sind. Und wer an einem Dienstagabend zufällig an einer Galerie vorbeigeht und den Reiz von zwei Covern spürt, geht vielleicht mit beiden nach Hause. Praktisch — so haben die Wände mehr zu erzählen.
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