Palmas Plan: Ein 33‑Mio.-Projekt, 10.000 m² Ausstellung und eine Fertigbau‑Agenda, die 2029 eröffnet sein soll. Leitfrage: Ist der Zeitplan realistisch – und wer zahlt am Ende?
Messe in 17 Monaten? Son Ferriol zwischen Euphorie und Zweifeln
Leitfrage: Kann ein neues Messegelände in Palma wirklich in Rekordzeit gebaut werden – ohne Abstriche bei Kosten, Verkehr und Nachbarschaft?
Am Kreisverkehr von Son Ferriol, wo der Buslinie 3 die Straße entlangtakert und die Nachbarbäckerei morgens Brotduft in die Luft schickt, präsentierten Palmas Bürgermeister Jaime Martínez und der Architekt Cristian Vivas kürzlich den Siegerentwurf für ein neues Messegelände. Die Eckdaten klingen wie aus dem Bauhandbuch der Effizienz: 33 Millionen Euro, eine zentrale Halle mit 10.000 Quadratmetern, teilbar in fünf Hallen à 2.000 m², ein ringförmiges Außengebäude mit allen Serviceflächen und – als großes Versprechen – eine Bauzeit von nur 17 Monaten dank industrieller Fertigbauweise. Öffnungstermin: 2029.
Die Zahlen sind konkret. Auch der Finanzrahmen ist skizziert: Palma soll ein Drittel der Kosten tragen, Regionalregierung und Inselrat die restlichen Mittel schaufeln; für das nächste Jahr sind bereits zehn Millionen Euro im städtischen Haushalt eingeplant. Verfahrenspläne sehen fünf bis sechs Monate für Entwurf und Ausführungsplanung, dann erneut fünf bis sechs Monate für die Ausschreibung vor.
Klingt schnell. Zu schnell? Genau das ist die Kernfrage, die sich vor allem die Menschen in Son Ferriol und die Handwerksbetriebe auf der Insel stellen. 17 Monate Bauzeit bei einem Projekt dieser Größenordnung wecken Erwartungen – und Sorgen. Kurz zusammengefasst: Was auf dem Papier möglich erscheint, muss sich in der Realität an Faktoren messen lassen, die oft verdrängt werden.
Kritische Analyse: Wo der Plan Druck macht. Erstens: Zeit gegen Qualität. Industrielle Fertigteile können Montagezeiten drastisch reduzieren, das stimmt. Sie verändern aber nichts an Phasen wie Bodenuntersuchungen, Gründungsarbeiten, Netzanschlüssen und Genehmigungsverfahren, die oft Zeitfresser sind. Zweitens: Vergabeverfahren. Die vorgesehene Ausschreibungsdauer von fünf bis sechs Monaten klingt knapp, besonders wenn man EU‑weite Vergaberegeln, Bieterfragen und mögliche Nachprüfungen berücksichtigt. Drittens: Infrastrukturbelastung. Eine neue Messe bringt Verkehr – Anfahrt, Lieferketten, Eventlogistik. Die geplante Bahnanbindung nach Llucmajor wird als Argument genannt, ist aber ein eigenständiges Großprojekt mit eigenem Zeitplan. Wer trägt die Verkehrsplanung, wer bezahlt Ausgleichsmaßnahmen, wo parken zusätzliche Besucher?
Was im öffentlichen Diskurs bisher zu kurz kommt. Es fehlt eine klare Aussage zu Umweltprüfungen und Lärm‑ oder Lichtemissionen, zu Parkplatzkonzepten und zu genauen Finanzierungszusagen. Ebenso wenig sind Belastungsstudien für die angrenzenden Wohngebiete oder verbindliche Zusagen zu lokalen Beschäftigungsquoten öffentlich gemacht worden. Und: Wie robust ist das Kostenmodell? Ein veranschlagtes Volumen von 33 Millionen Euro kann bei komplexen Infrastrukturprojekten schnell wachsen, wenn unvorhergesehene Arbeiten anfallen oder Lieferketten stocken.
Eine typische Alltagsszene aus Son Ferriol illustriert die Spannung: Ein Rentner auf der Plaça, der seit Jahrzehnten hier lebt, freut sich über neue Arbeitsplätze; die junge Mutter vom Supermarkt befürchtet mehr Lkw‑Durchfahrt vor der Haustür; die kleine Zimmerei um die Ecke rechnet fieberhaft durch, ob sie bei Schnellfristen überhaupt mitbieten kann. Solche Stimmen zeigen: Projekte dieser Größenordnung ändern Alltag und Nachbarschaft – und das sollte nicht nur in Stadtratspapieren stehen.
Konkrete Vorschläge, die die Stadt jetzt brauchen kann. Erstens: Öffentliche Machbarkeitsprüfung mit externer Zeit‑ und Kostenbewertung, bevor Verträge unterschrieben werden. Zweitens: Eine verbindliche Finanzierungsvereinbarung zwischen Stadt, Region und Inselrat, die klar regelt, wer bei Mehrkosten haftet. Drittens: Ein Verkehrs‑ und Parkraumkonzept samt Notfallplan für Spitzenzeiten; die geplante Bahnanbindung muss terminlich entkoppelt und eigenständig bewertet werden. Viertens: Umwelt‑ und Lärmgutachten sowie Maßnahmen zur Landschaftseinbindung offenlegen; der Entwurf mag sich in die Umgebung einfügen wollen, das ist aber eine mühselige Arbeit in der Praxis. Fünftens: Vergaberegeln so gestalten, dass lokale KMU nicht von großen Konzernen sofort überrannt werden – etwa durch Losaufteilung oder Qualifikationskriterien für Handwerksfirmen.
Und noch ein pragmatischer Schritt: Phasenbau statt Alles‑auf‑einmal. Wenn zentrale Ausstellungsflächen zuerst nutzbar werden und Nebengebäude später folgen, lassen sich Einnahmen früher generieren und Risiken verteilen. Das reduziert Druck auf Terminpläne und gibt Zeit für eine echte Einbindung der Nachbarschaft.
Fazit: Der Entwurf hat Potenzial und die geplanten Flächen könnten Palma bei Messen und Kongressen flexibler machen. Aber die Versprechung von 17 Monaten Bauzeit ist kein Selbstläufer; sie braucht transparente Prüfungen, robuste Verträge und einen Plan B für Infrastruktur und Finanzen. Son Ferriol verdient, dass man nicht nur mit Hochglanzgrafiken überzeugt, sondern auch mit klaren Antworten auf die Fragen, die Anwohner und Unternehmer vor Ort umtreiben. Nur so wird aus einem ambitionierten Projekt ein glaubwürdiges, tragfähiges Vorhaben – und keine Baustelle, die am Ende länger summt als der Bus vor der Bäckerei am Morgen.
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