Palma verlegt das Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung vom Paseo del Borne zur Plaza España. Sicherheitsgründe und mehr Platz sind die Argumente – doch der 1,9‑Millionen‑Haushalt, künstlicher Schnee und die Frage nach gerechter Verteilung werfen weitere Fragen auf.
Warum die Weihnachtslichter dieses Jahr nicht am Borne angehen
Dieses Jahr wird das große Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung in Palma nicht mehr am Paseo del Borne stattfinden, sondern auf der Plaza España. Die Begründung ist handfest: Sicherheit. Zu viele Menschen, zu wenig Raum, und Rettungswege, die im Ernstfall nicht optimal wären. Das klingt vernünftig in einer Stadt, in der jeder Zentimeter nachts nach Feierabend noch Leute anzieht – vom Dutzend Stimmen, das durch den Borne schwappt, bis zum leisen Rattern eines Busfahrplans an der Plaza.
Die zentrale Frage: Schutz oder Show – und wer zahlt dafür?
Die Stadt führt mehr Platz und bessere Zugänge als Argumente an. Das ist die offizielle Linie — und sie ist wichtig. Aber die Entscheidung wirft eine größere Frage auf: Ist die Verlegung nur eine Sicherheitsmaßnahme oder auch ein Signal der Prioritätenverwaltung? Die Stadt investiert rund 1,9 Millionen Euro in die Lichter und Dekorationen, etwas mehr als im Vorjahr. Für diesen Betrag werden LEDs, Projektionen, künstlicher Schnee und eine Inszenierung des Trui-Theaters aufgebaut. Klingt schön, riecht aber auch nach öffentlichem Budget, das anderswo dringend gebraucht werden könnte: Parkbänke, Spielplätze, Straßenbeleuchtung in ruhigeren Vierteln.
Was in der öffentlichen Debatte bislang zu kurz kommt
Erstens: Energie und Umwelt. LEDs sind effizienter als alte Deko-Lampen, doch Projektionen und Installationen brauchen Strom — und künstlicher Schnee ist ein weiterer Verbrauchspunkt. Gibt es eine Bilanz, wie viel Mehrverbrauch entsteht und ob CO2‑Ausgleich oder Nachtabschaltungen geplant sind? Zweitens: Kostenaufteilung. Die Lichter sollen in rund 200 Straßen hängen. Werden die Haushalte in den Wohnquartieren an den Kosten beteiligt, oder zahlt die Stadt zentral? Drittens: Bürgerbeteiligung. Wer hat entschieden, welche Viertel welche Motive bekommen? Die Sicht vom Passeig del Born ändert sich nicht nur räumlich, sondern auch sozial: Touristenmeile versus Nachbarschaft.
Die Veranstaltung: familienfreundlich, aber choreografiert
Der Start ist für 19 Uhr am Samstag angesetzt, mit einer etwa 35‑minütigen Inszenierung des Trui‑Theaters: Musik, Licht und ein kleines Bühnenstück „Tanz der Sterne“, gefolgt von einem Countdown. Schön: Die Zeit ist familienfreundlich; viele Eltern können noch mit kleinen Kindern kommen. Schön auch: Das symbolische Einschalten wird diesmal von Bewohnern einer sozialen Einrichtung ausgelöst — ein inklusives Detail, das Applaus verdient.
Zwischen Publikumslenkung und Dezentralisierung: Chancen statt Gedränge
Die Verlegung zur Plaza España kann mehr sein als nur Flucht vor dem Gedränge. Wenn die Stadt die Gelegenheit nutzt, das Fest dezentraler zu denken, können echte Gewinne entstehen: Rotierende Schaltungen in den Stadtteilen, kleine lokale Einschaltungen an unterschiedlichen Abenden, klare Zeitfenster zur Vermeidung großer Menschenmassen. So bleibt die Magie erhalten, ohne dass sich Zehntausende an einem Punkt drängen und die Polizei die Atmosphäre übernimmt. Eine kleine Parade von Lichtschaltern durch die Stadtteile, begleitet von lokalen Chören oder Schulensembles, würde das Geld und die Stimmung breiter streuen.
Konkrete Vorschläge und Lösungen
1. Transparenz beim Budget: Eine offene Aufschlüsselung, wofür die 1,9 Millionen ausgegeben werden — Technik, Personal, Sicherheit, Reinigung. Bürgerforen oder ein Online‑Dashboard könnten Vertrauen schaffen.
2. Energiehaushalt sichtbar machen: Messgeräte an zentralen Installationen, CO2‑Bilanz und ein Versprechen, einen Teil der Kosten in Energieeinsparungen oder Kompensationsprojekte zu investieren.
3. Dezentrale Einschalttermine: Statt eines einzigen Großereignisses mehrere kleinere Events in den 200 Straßen – das mindert Gedränge und stärkt Nachbarschaften.
4. Nachhaltigere Effekte: Weniger künstlicher Schnee, dafür mehr lokale Künstler, Weihnachtsmärkte mit mallorquinischen Produkten und ein Anteil des Budgets für Quartiersmaßnahmen.
Ein kleiner persönlicher Blick
Am Samstag werde ich am Rande der Plaza España stehen — mit Schal, vielleicht einer Thermoskanne Kaffee, und der Neugier eines Anwohners, der seit Jahren die Lautstärke am Borne mit einem Stirnrunzeln verfolgt. Die Lampen werden schön aussehen, das Publikum wird klatschen, Kinder werden nach künstlichem Schnee greifen. Und irgendwo zwischen Countdown und Zugluft wird die eigentliche Frage bleiben: Nutzen wir die Lichter, um Palma schöner zu machen – oder vor allem, um weiter zu zeigen, wie groß unsere Show ist?
Fazit
Der Umzug ist sachlich gerechtfertigt und bietet Chancen. Doch er bringt auch politische und ökologische Fragen mit sich, die bislang zu wenig diskutiert wurden. Wenn die Stadt jetzt Mut zur Dezentralisierung, zur Transparenz und zu nachhaltigen Kompromissen zeigt, kann aus der Sicherheitsentscheidung eine Chance für eine inklusivere und klügere Weihnachtszeit in Palma werden.
Für Dich gelesen, recherchiert und neu interpretiert: Quelle
Ähnliche Nachrichten

Kontrolle in Palma: 171 Pillen, zwei Festnahmen – wie sicher sind unsere Straßen?
Bei einer Verkehrskontrolle in Palma stellten Beamte der ECOP 171 MDMA‑Pillen, Dosen Tusi, Bargeld und ein Notizbuch sic...

Silvester auf Mallorca 2025: Glamour, Genuss und gemütliche Alternativen
Von Can Bordoy bis Palma Bellver: Wo die Insel ins neue Jahr feiert — Geschenkideen für verschiedene Budgets, lokale Det...

Mallorca 2026: Frühbucher-Boom – Ein Teufelskreis für Insel, Hoteliers und Anwohner?
Tui meldet starke Frühbucherzahlen für 2026, Familien sichern sich Rabatte und Kinderpreise. Warum das kurzfristig gut a...

Esther Schweins liest für den guten Zweck in der Bodega Binivista
Am Samstag um 18 Uhr liest Schauspielerin Esther Schweins in der Bodega Binivista auf Mallorca aus ‚Die Mathematik der N...

Alcúdia: Wer saß wirklich am Steuer? Ein Reality-Check zu Alkohol, Verantwortung und Ermittlungen
Bei dem tödlichen Unfall auf der Ma-3460 am 15. November starb ein 53-jähriger Niederländer. Erst behauptete er, gefahre...
Mehr zum Entdecken
Entdecke weitere interessante Inhalte

Erleben Sie beim SUP und Schnorcheln die besten Strände und Buchten auf Mallorca

Spanischer Kochworkshop in Mallorca

