Mit Tattoos, Harley und Kind: Die Maklerin, die nicht in Schubladen passt
Man trifft Yvonne nicht oft in Anzügen, eher in einem abgewetzten Blazer, der schon bessere Tage gesehen hat, und mit Öl an den Händen. Morgens um neun, wenn der Hafen von Puerto Portals noch nach Kaffee riecht und die Sonne langsam die Yachten anglimmert, stellt sie die Harley vor ihr kleines Büro — und grüßt jeden, den sie kennt. "Ich bin keine Marke, ich bin ich", sagt sie mit einem Ton, bei dem man merkt, dass dieses Leben harte Arbeit ist und trotzdem Spaß macht.
Vom Baustellenhof ins Hafenbüro
Geboren südlich von Stuttgart, aufgewachsen zwischen Baggern und Kies, lernte Yvonne früh, dass Schmutz und Planung zusammengehören. Was nach Klischee klingt, hat sie für sich ehrlich geblieben: Heute verkauft sie Villen, managt Neubauprojekte und rührt auf der Baustelle genauso mit an wie beim Termin mit Kapitalanlegern. „Ohne Dreck kein Zuhause“, sagt sie lachend — und man glaubt es ihr.
Bevor die Insel rief, hat sie in Dubai Events organisiert, später Profi-Tennisveranstaltungen in Deutschland betreut. Dann kam die Entscheidung: allein, schwanger und mit dem Wunsch nach Sonnenaufgang statt grauem Himmel. "Wo ist der nächste Strand?", fragte sie sich. Mallorca war die Antwort — und die Herausforderung.
Mutter, Macherin, Motorradfahrerin
Alltagsrealität heißt für sie: Kita-Bringdienst um acht, drei Besichtigungen vormittags, Baustellenabnahme nachmittags. Ihre Tochter, mehrsprachig und neugierig, ist überall dabei oder wartet mit anderen Kids auf dem Spielplatz an der Promenade. "Wir sind ein Team", sagt Yvonne. Wenn ihre Stimme weicher wird, merkt man, dass hinter der toughe Fassade eine Mutter steckt, die genau weiß, was zählt.
Keine Verstellung, kein Showroom-Lächeln — das ist ihr Stil. Tattoos, offene Art, und die Fähigkeit, Menschen schnell einzuschätzen, bringen ihr Kunden. Manche wundern sich über die Kombination aus Harley und Luxusimmobilien; Yvonne zuckt mit den Schultern: "Ich passe mich nicht an, ich liefere Ergebnisse."
Was sie an der Insel stört, sagt sie ohne Umschweife: Respektloses Verhalten, speziell von manchen Gästen, die glauben, Regeln gelten nicht für sie. Trotzdem bleibt sie: "Hier kann man alles haben — Natur, Schick, Arbeit. Wenn du willst, machst du hier was draus." Und genau das hat sie getan.
Wer ihr begegnet, erlebt jemanden, der lieber anfängt als zu reden. Kein roter Teppich, eher Werkzeugkoffer und eine Karte mit Notizen in einer Handschrift, die zeigt: geplant, präzise, persönlich. Am Ende des Tages steigt sie auf die Harley, fährt die Küstenstraße entlang und verschwindet im roten Licht der Abendsonne. So bleibt sie: echt, laut und überraschend verletzlich.