Finca‑Verlosung auf Mallorca: Was Gewinner und Insel wirklich erwartet

Für 10 Euro zur eigenen Finca? Acht Fragen, die niemand auf dem Loszettel beantwortet

👁 8423✍️ Autor: Lucía Ferrer🎨 Karikatur: Esteban Nic

Eine staatlich genehmigte Soziallotterie verlost eine schlüsselfertige Finca auf Mallorca – für ein Los ab zehn Euro. Klingt wie ein Traum, aber zwischen Gewinn und Einzug liegen Gebühren, Steuern und lokale Hürden.

Für einen Zehner ein Finca‑Traum – warum das Angebot so verlockend und zugleich irreführend ist

Am frühen Vormittag in Palma, zwischen Kaffeeduft und dem leisen Brummen der Mopeds, liest man Schlagzeilen: Eine Luxusfinca auf Mallorca wird verlost, und ein Los kostet nur zehn Euro. Schön wär’s – dachte ich, während die Kirchenglocken der Altstadt schlägt. Aber was steckt wirklich dahinter? Die Soziallotterie nennt als Hauptpreis ein schlüsselfertiges Neubauhaus mit rund 230 Quadratmetern, drei Schlafzimmern, drei Bädern, einem zehn Meter langen Pool und angeblich nachhaltiger Technik (Photovoltaik, Wärmepumpe, Stromspeicher). Die Verlosung will soziale Projekte unterstützen – rund 20 Prozent der Einnahmen sollen an gemeinnützige Partner gehen. Klingt nobel. Doch es bleiben viele offene Fragen.

1. Wer darf überhaupt mitmachen?

Teilnahmeberechtigt sind Personen ab 18 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland. Das ist ein erster Stolperstein für Inselbewohner: Wer als Resident auf Mallorca gemeldet ist, nimmt meist nicht teil. Das sorgt für Stirnrunzeln in Dörfern wie Alaró oder Sineu: Ein Haus hier wird also primär an Menschen in Deutschland vergeben, nicht an die lokale Gemeinde.

2. Gewinnchancen und Realismus

Die Wahrscheinlichkeit hängt von der Zahl verkaufter Lose ab. Bei früheren Aktionen lag sie im Bereich von mehreren Millionen. Realistisch betrachtet ist der Loskauf eher ein Glückspiel mit sozialem Beigeschmack: Ein Zehner, ein Moment der Hoffnung, aber kaum eine echte Chance auf das Objekt.

3. Was nach dem Gewinn wirklich kostet

Hier wird es kompliziert: Übergabe „schlüsselfertig“ heißt nicht „kostenfrei im Alltag“. Auf Mallorca kommen laufende Kosten (Gartenpflege, Poolreinigung, Comunidad, IBI) und mögliche Investitionen hinzu. Dazu kommen spanische Steuern und Gebühren bei Eigentumsübertragungen, Notar‑ und Grundbucheintrag. Wer nicht dauerhaft auf die Insel zieht, braucht zudem eine Verwaltung vor Ort – das sind jährliche Ausgaben, die bei einer Finca dieser Größe leicht in die Tausende gehen können.

4. Rechtliche und genehmigungsrechtliche Fragen

Ein Neubau sollte natürlich eine gültige Baugenehmigung haben. Trotzdem lohnt es sich, genauer hinzusehen: Liegt das Grundstück in rústico (ländliches Gebiet) oder als suelo urbanizable? Gibt es eine Nutzungsbeschränkung, die touristische Vermietung ausschließt? Solche Details entscheiden darüber, ob das Haus später vermietet, verkauft oder sogar regulär bewohnt werden kann.

5. Soziales Engagement versus Marketing

Dass 20 Prozent der Einnahmen an die DKMS gehen, ist positiv – aber auch Teil des Verkaufsarguments. Wie viel Netto nach allen Kosten wirklich bei den Projekten ankommt, hängt von Marketing‑ und Verwaltungsaufwand ab. Transparenz wäre hier wichtig: Ein klarer Verwendungsnachweis stärkt Vertrauen, besonders wenn auf der Insel zugleich Wohnraum knapp und teuer ist.

6. Wirkung auf den lokalen Wohnungsmarkt

Solche Aktionen erzeugen Träume in Deutschland, aber sie verändern auch die Wahrnehmung auf Mallorca: Immobilien werden als Preise inszeniert, nicht als Lebensraum. In Gemeinden, in denen bereits über Tourismusdruck und Hauskäufe debattiert wird, ist das kein neutraler Akt. Es fehlt oft die Perspektive der Nachbarn, der Vereine und der lokalen Behörden.

7. Was tun, wenn Sie dennoch ein Los kaufen wollen?

Ein kurzer, praktischer Check: Lesen Sie die Teilnahmebedingungen ganz genau. Fragen Sie nach einer Kostenaufstellung für Übertragung, Steuern und jährliche Unterhaltung. Lassen Sie sich die Baugenehmigung und einen Lageplan zeigen. Klären Sie, wie der Fall der Nichtannahme oder eines Rechtsstreits geregelt ist. Und überlegen Sie: Würden Sie das Haus auch kaufen, wenn Sie es regulär bezahlen müssten?

8. Konkrete Vorschläge für mehr Fairness

Transparenz bei Spendenerlösen, Teilnahmebedingungen, und Kostenschätzungen für Gewinner wären ein guter Anfang. Noch besser: Lokale Partner einbinden, einen Teil der Einnahmen wirkungsvoll in Wohnprojekte auf Mallorca fließen lassen und Residenten nicht pauschal ausschließen. Dann wäre aus einem medienwirksamen PR‑Event tatsächlich ein Gewinn für alle Beteiligten möglich.

Mein Eindruck, zurück in der Calle, mit dem letzten Schluck Café con leche: Für viele ist das Los ein kleiner Hoffnungsschimmer. Für die Insel ist die Verlosung eher ein Spiegel – sie zeigt, wie sehr Mallorca zwischen Sehnsucht, Marktmechanik und sozialer Verantwortung schwankt. Vor dem Kauf eines Loses gilt: einfach kurz nachdenken, nachrechnen und den Traum nicht ohne Plan an der Haustür abholen.

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