Ein Viertel mit Widersprüchen
Wenn man vom Playa-de-Palma-Radweg abbiegt und in die ruhigen Straßen von Ciutat Jardí und Es Coll d’en Rabassa hineinschlendert, spürt man sofort: das hier ist nicht das Mallorca aus den Prospekten. Es riecht nach Meer, frittierter Paella (ja, wirklich), und irgendwo in einer Einfahrt schnurrt eine graugetigerte Katze, als würde sie das ganze Viertel regeln.
Alt und etwas verlottert, aber charmant
Die Häuser hier wirken oft wie aus den 70ern importiert – hohe Terrassen, Balustraden, Gummibäume, die hinter verwitterten Zäunen wachsen. Auf der einen Straßenseite steht ein blühender Garten, auf der anderen ein leerstehendes, bröckelndes Gebäude, das früher mal als Hummeraufzucht diente und jetzt von jungen Menschen bewohnt wird. Man hört unterschiedliche Stimmen: Mallorquiner, Rentner mit Zeitung, ein paar Deutsche, die auf Bänken die Hitze abwarten und halb scherzhaft „Jetzt können wir uns endlich mal ausruhen, wa“ sagen.
Zwischen Yachthafen und Krankenhaus
Nur ein paar Schritte weiter liegt der kleine Hafen von Cala Gamba mit seinen weißen Llaüt-Booten – putzig, fast wie auf einer Postkarte. Und doch ist der Blick nicht nur romantisch: in Sichtweite ragt die nüchterne Fassade des Krankenhauses San Juan de Dios auf, und in den Gräben der alten Torre d’en Pau sammelt sich Müll. Die Festung selbst ist überraschend offen: durch einen alten Torbogen kommt man hinein, die steinernen Mauern erzählen von Kanonen und vergangenem Küstenschutz. Heute patrouillieren eher Katzen als Soldaten.
Ein Stück Stadt, das Zeit gelassen hat
Der Fahrradweg, der hier entlangführt, ist dicht befahren – viele Radler nutzen ihn Richtung Zentrum. Auffällig: an einem heißen Tag sehen Sie mehr Radler mit deutschen Kennzeichen als Einheimische. Am Chiringuito "El Bungalow" sitzen Leute, es gibt kalte Getränke und den manchmal etwas lauten Sound von Meereswellen und Gesprächen. Das Viertel wirkt wie ein Relikt: noch nicht herausgeputzt für Instagram, aber auch nicht ganz vergessen.
Warum sich ein Besuch lohnt
Wer Zeit hat, sollte hier schlendern anstatt durchzuhechten. Schau dir die kleinen Details an: die handbeschrifteten Straßenschilder, die Dachterrassen mit Meerblick, die bunten Türen und die vereinzelt freilaufenden Katzen. Es ist ein Stück Palma, das vom schnellen Wandel verschont blieb – für jetzt. Genieß die Gegensätze, trink einen Café con leche in einer schattigen Ecke und denk dran: das kann sich ändern. Bald vielleicht ist hier alles einheitlich, sauber und teurer. Bis dahin lohnt es sich, noch die leisen Ecken zu entdecken.