Palma setzt auf E‑Busse: 57 neue Fahrzeuge und Depot in Son Rossinyol

Palma plant große Wende im Nahverkehr: 57 E‑Busse und neues Depot in Son Rossinyol

👁 4827✍️ Autor: Lucía Ferrer🎨 Karikatur: Esteban Nic

Die EMT will 2026 mit 57 zusätzlichen Elektro­bussen und einem neuen Depot in Son Rossinyol Fahrt aufnehmen. Reicht das für spürbar sauberere Luft und weniger Lärm in Palma?

Mehr Busse, weniger Abgase – aber reicht das?

An einem windigen Morgen an der Plaça d'Espanya hört man inzwischen öfter das leise Summen eines E‑Busses statt das grobe Brummen alter Diesel. Die Stadtverwaltung legt jetzt nach: Für 2026 sind 57 weitere Elektrobusse geplant, dazu ein neues Betriebszentrum im Gewerbegebiet Son Rossinyol. Die Zahlen im Haushaltsentwurf wirken groß – doch die zentrale Frage bleibt: Verwandeln diese Investitionen den städtischen Verkehr wirklich nachhaltig, oder bleibt es bei einer symbolischen Aufholjagd?

Was konkret geplant ist

Die Messe der Zahlen ist klar: Mehr als 131 Millionen Euro sind für 2026 vorgesehen, ein Satz, der das Budget im Vergleich zum Vorjahr um fast 80 % anhebt. Finanziert werden soll das Paket offenbar aus einer Mischung von EU‑Fördermitteln, Einnahmen aus der Tourismussteuer und städtischen Mitteln. Ziel der EMT ist ambitioniert: Mehr als die Hälfte der Flotte langfristig elektrisch betreiben. Auf den Hauptachsen Palmas, etwa Avenida Argentina und Passeig Mallorca, sollen die neuen Fahrzeuge häufiger zu sehen sein.

Fremde Technik, vertraute Probleme

Was den Alltag der Fahrgäste angeht, klingt das erst mal positiv: geringerer Lärm, bessere Luft – und eine einheitliche Fahrkarte für ganz Mallorca, die Bahn, Bus und regionale Angebote verbindet. Aber Lieferketten, lange Beschaffungsfristen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur sind keine Fußnoten: Sie bestimmen, wie schnell sich das leisere Summen wirklich durchsetzt. Ein Fahrer mit 20 Jahren EMT‑Erfahrung am Busbahnhof sagte mir trocken: „Die E‑Busse sind angenehmer, aber die Technik stellt uns vor neue Herausforderungen.“ Genau das ist die Achillesferse solcher Programme: Mensch, Infrastruktur und Technik müssen zeitgleich skaliert werden.

Depot Son Rossinyol: Chance oder Stolperstein?

Das geplante Depot in Son Rossinyol ist mehr als eine Fahrzeughalle. Es soll Werkstätten, Ladelösungen und ein modernes Energie‑Management beinhalten, damit Busse nachts geladen werden können, ohne die Nachbarschaft mit zusätzlichem Lärm zu belasten. Das klingt vernünftig; die Praxis ist jedoch komplexer: Es geht um Netzstabilität, mögliche Spitzenlasten, Standortakzeptanz in Gewerbegebieten und um die Frage, ob lokale Stromnetze die zusätzlichen Lasten stemmen können. Ohne klare Absprachen mit Energieversorgern und mit groben Zeitplänen drohen Verzug und Kostensteigerungen.

Worauf die öffentliche Diskussion oft nicht eingeht

In der öffentlichen Debatte fehlt häufig die technische Tiefe: Welche Ladeleistungen sind vorgesehen? Werden Schnellladungen tagsüber erlaubt, damit Busse kurzfristig wieder in den Betrieb zurückkehren? Gibt es Planungen für Vehicle‑to‑Grid (V2G) oder lokale Batterie‑Puffer, die Spitzen abfangen? Auch die Ausbildung der Belegschaft ist ein Faktor, der gern unterbelichtet bleibt: Schichtpläne, neue Wartungsprotokolle und Sicherheitsregelungen verändern den Arbeitsalltag.

Konkrete Chancen und Lösungsansätze

Die gute Nachricht: Viele Risiken sind steuerbar. Vorschläge, die Mallorca prüfen sollte, sind pragmatisch und lokal tauglich:

- Staffelung der Beschaffung: Kleine Serienlieferungen statt einer großen Bestellung reduzieren Lieferrisiken und erlauben technische Anpassungen nach ersten Erfahrungen.

- Kooperation mit dem Netzbetreiber: Frühe Abstimmung minimiert Engpässe. Kombinationen aus Nachtladung, Pufferspeichern und zeitvariabler Tarifgestaltung können Kosten und Lastspitzen reduzieren.

- Regionale Ausbildungsprogramme: Zertifizierte Kurse für Fahrerinnen und Fahrer sowie Techniker sichern Fachkräfte vor Ort – das reduziert externe Abhängigkeiten und schafft Jobs auf der Insel.

- Pilotstrecken und sichtbare Erfolge: Wer auf wenigen Linien schnelle Umstellungen zeigt, gewinnt breite Akzeptanz – die Ruhe auf der Plaça d'Espanya ist das beste Argument.

Das praktisches Fazit

Wenn alles nach Plan läuft, beginnt 2026 eine sichtbare Phase der Umstellung. Für die Stadt bedeutet das hohe Investitionen und organisatorische Arbeit; für die Fahrgäste hoffentlich sauberere Luft und weniger Lärm. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, hängt an Fördermitteln, guter Planung und daran, wie schnell Ladeinfrastruktur und Busse verfügbar sind. Und daran, wie gut Verwaltung, EMT, Energieversorger und Anwohner an einem Strang ziehen.

Wer diese Woche am Busbahnhof vorbeigeht, bemerkt die Veränderung zuerst an der Ruhe: Es summt statt zu brummen. Damit das Summen bleibt und nicht zur teuren Anekdote wird, braucht Palma jetzt klare Zeitpläne, technische Lösungen und ehrliche Kommunikation.

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