Einsturz am Baluard de Sant Pere in Palma – Sofortmaßnahmen gefordert

Einsturz an Palmas Stadtmauer: Was jetzt passieren muss

👁 2193✍️ Autor: Ricardo Ortega Pujol🎨 Karikatur: Esteban Nic

Ein Teil des mittelalterlichen Baluard de Sant Pere ist eingebrochen. Die Schäden an der Lehmfassade und die lange Wartezeit auf Restaurierung werfen Fragen zu Verantwortlichkeiten und akutem Handlungsbedarf auf.

Einsturz an Palmas Stadtmauer: Was jetzt passieren muss

Ein Stück Außenfassade des Baluard de Sant Pere ist ausgebrochen – Denkmalschützer fordern sofortige Sicherung

Leitfrage: Wie kann ein als besonders schützenswert eingestuftes Bauwerk so lange in einem Zustand bleiben, dass Teile der Außenwand einfach herausbrechen?

Am Baluard de Sant Pere, an der Ecke Calle de la Pólvora und Calle de Sant Pere, klafft seit dem Einsturz ein tiefes Loch in der Außenwand eines Turms aus dem 14. Jahrhundert. Das Bauwerk ruht auf älteren Fundamenten, die bis in die islamische Zeit zurückreichen. Die beschädigte Hülle besteht aus erdfesten Baustoffen — Lehmziegeln und Mörtel — die bei Feuchtigkeit und fehlender Pflege besonders anfällig sind. Bildmaterial zeigt eine ausgebröckelte Außenhaut, Staub und freiliegende Schichten, die deutlich machen: das ist mehr als ein kosmetischer Schaden.

Die Organisation ARCA hat bereits öffentlich Alarm geschlagen und den Verlust eines historischen Zeugnisses beklagt. Vertreterinnen und Vertreter der Denkmalpflege betonen, dass es seit Jahren Hinweise und Forderungen nach einem umfassenden Restaurierungsplan gebe; dokumentiert ist, dass entsprechende Anträge und Mahnungen an Rathaus und Inselrat gerichtet wurden. Laut Angaben aus dem Kreis haben die Beteiligten mindestens acht Jahre auf konkrete Maßnahmen gewartet.

Kritische Analyse: Dieser Vorfall ist kein singuläres Materialversagen, sondern das Ergebnis einer Kombination aus mangelnder Vorsorge, unklaren Zuständigkeiten und fehlender Priorisierung. Erdfassaden brauchen regelmäßige Inspektion, einfache Instandsetzungen und lokale Fachkenntnis — beides scheint in der bisherigen Praxis zu kurz gekommen zu sein. Wenn Schutzstatus (BIC) und Realität auseinanderklaffen, ist das oft ein Verwaltungsproblem: Wer zahlt, wer plant, wer überwacht die Arbeiten?

Was im öffentlichen Diskurs fehlt: Die Debatte beschränkt sich bislang auf Empörung und Schuldzuweisungen. Es fehlt eine nüchterne Aufstellung: welche Mauerabschnitte sind aus erdbautechnischen Gründen besonders gefährdet, welche Fristen werden zum Erhalt eingehalten, und welche Mittel sind langfristig nötig? Ebenfalls nicht ausreichend verhandelt wird, wie man traditionelles Handwerk (z. B. Techniken für Tapial/Lehmziegel) wieder stärker fördert, damit nachhaltige Reparaturen möglich sind.

Alltagsszene aus Palma: An einem milden Dezembertag mit grauem Himmel und rund 18 °C hört man in der Calle de la Pólvora Lieferwagen und das Klappern von Kaffeetassen aus einer kleinen Bar, Fußgänger weichen dem Absperrband aus, eine alte Frau trägt Olivenölflaschen unter dem Arm. Die Mauer, über Jahrzehnte Selbstverständlichkeit, wirkt plötzlich fragil; Passantinnen bleiben stehen, machen Fotos, reden leise. Solche Momente zeigen: Denkmalpflege ist kein abstraktes Problem, sie berührt den städtischen Alltag und die Identität der Nachbarschaft.

Konkrete, sofort umsetzbare Maßnahmen: 1) Sofortbereich absperren, um Gefährdungen für Passanten auszuschließen. 2) Eine professionelle Gefährdungsanalyse durch Baufachleute für erdbaute Strukturen (Konservator*innen mit Erfahrung bei Taipa/Lehm) anordnen. 3) Temporäre Abstützungen und eine Wetterschutzabdeckung installieren, um weiteres Materialverlust zu verhindern. 4) Eine digitale Dokumentation (Fotogrammetrie, 3D-Scan) der Schäden erstellen, damit jede Restaurierung auf belastbarer Basis beginnt.

Mittelfristige Lösungen: Ein verbindlicher Restaurierungsplan mit klaren Fristen und verifizierbarer Finanzierung; ein Restauratorenkonsortium, das lokale Handwerker einbindet; und ein Monitoring-System (Rissüberwachung, Feuchtigkeitsmesser), das frühzeitig Alarm schlägt. Finanzquellen könnten aus kommunalen Haushalten, dem Inselrat, speziellen Denkmalschutzfonds oder EU-Kulturförderprogrammen kombiniert werden. Wichtig ist Transparenz: Zeitpläne und Verantwortlichkeiten müssen öffentlich einsehbar sein.

Ein praktischer Vorschlag für die Politik: Einrichtung eines kleinen, zweckgebundenen Sofortfonds für gefährdete BIC-Objekte stadtnah — schnell verfügbar, mit klaren Ausgabekriterien für Notmaßnahmen. Parallel dazu sollten Fortbildungsmaßnahmen für lokale Handwerker gefördert werden; techniken zum Umgang mit Lehm und traditionellen Mörteln sind rar, dürfen aber nicht zur exklusiven Spezialität werden.

Fazit (pointiert): Wenn historische Mauern zum Politikum werden, hat die Prävention versagt. Jetzt zählen schnelle, handfeste Schritte statt weiterer Ankündigungen. Die Stadt und der Inselrat müssen zeigen, dass Schutzstatus nicht nur ein Etikett ist, sondern mit Ressourcen und Kompetenz hinterlegt wird. Sonst verlieren wir nicht nur Mauersteine, sondern Stücke unserer Alltagserinnerung.

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