Palma setzt auf mehr Radar auf der Kathedralen‑Straße – Lösung oder Pflaster?

Mehr Radar auf der Kathedralen‑Straße: Stopfen die Kästen die echten Lücken?

👁 4821✍️ Autor: Ana Sánchez🎨 Karikatur: Esteban Nic

Palmas Avenida Adolfo Suárez bekommt zwei zusätzliche feste Radar‑Stationen. Vier Messpunkte auf 500 Metern sollen die Unfälle reduzieren – doch bringen sie wirklich mehr Sicherheit, oder nur weniger Tempo? Ein Blick auf Lärm, Lieferverkehr und mögliche Alternativen.

Mehr Radar, weniger Tempo – und was sonst noch fehlt

Seit kurzem stehen auf der Avenida Adolfo Suárez, die viele noch immer Kathedralen‑Straße nennen, zwei neue feste Radargeräte. Zusammen mit den bereits vorhandenen Kontrollen ergibt das vier Messstellen auf rund 500 Metern. Die Anlage wird in den nächsten Tagen scharfgeschaltet, vorher gibt es sichtbare Hinweistafeln.

Die Maßnahme wirkt auf den ersten Blick pragmatisch: weniger Raser, weniger Unfälle. In der Realität aber ist die Straße mehr als ein Punkt auf der Karte. Morgens und abends quillt sie, Taxis, Busse und Pendler quälen sich Richtung Flughafen und ins Westend nach Andratx – oft begleitet von Hupen, Seemöwen über den Dächern und dem entfernten Klang der Kathedralenglocken. Anwohnerinnen, die mit dem Hund an der Plaça d'Espanya unterwegs sind, erzählen von „knappen Situationen“ und hoffen auf Ruhe. Ein Taxifahrer fasst es nüchtern zusammen: Viele riskieren zu viel, aber nicht alle sehen das Problem gleich.

Die zentrale Frage

Reicht mehr Überwachung, um die Verkehrssicherheit zu verbessern – oder braucht die Straße ein anderes Design? Das ist die Leitfrage, die hinter den neuen Radar‑Kästen steht. Kurzfristig lassen sich Durchschnittsgeschwindigkeiten senken. Langfristig aber entscheidet die Infrastruktur, ob Fußgänger sicher queren können und Lieferverkehr geordnet bleibt.

Was bisher oft übersehen wird

Bei der Diskussion fallen drei Dinge oft aus dem Blick: erstens die Spitzenzeiten, in denen Tempo‑Änderungen kaum etwas bringen, weil der Verkehr ohnehin stockt; zweitens die Rolle der Liefer- und Taxi‑Logistik, die schmale Zufahrten und Haltezonen braucht; drittens die Wetterabhängigkeit: Bei Regen reagieren viele Fahrer zu spät, dann nützt ein stationärer Radar wenig, wenn die Straße entworfen ist wie eine Autobahn.

Es gibt zudem Fragen zur Wirkung: Feste Messstellen verlagern oft das Problem – Raser bremsen punktuell, beschleunigen danach wieder. Will man eine wirklich entschleunigte Achse, braucht es Maßnahmen, die sich auf mehrere Sinne auswirken: optische Einengungen, physische Verengungen oder Tempo‑30‑Zonen mit klarer, stufenloser Umsetzung.

Konkrete Chancen und Vorschläge

Die Stadt kann die Radarmessungen mit weiteren Schritten koppeln, damit aus der Kontrolle echte Verkehrswende wird:

- Temporäre und dauerhafte bauliche Maßnahmen: Engere Fahrspuren, zusätzliche Querungshilfen, taktische Bordsteinerhöhungen, gut sichtbare Zebrastreifen und geschützte Ladezonen für Lieferwagen. Das zwingt zum langsamen Fahren, ohne permanent zu blitzen.

- Flexiblere Geschwindigkeitsregelung: Abwägung von Tempo‑30‑Abschnitten vor Schulen, Haltestellen und Einkaufsbereichen sowie automatische Anpassung bei Regen durch vernetzte Schilder.

- Transparente Erfolgskontrolle: Klare Ziele (weniger Verletzte, geringere Durchschnittsgeschwindigkeit, kürzere Wartezeiten an Querungen) und regelmäßige Veröffentlichung der Messdaten – dann lässt sich sehen, ob vier Kästen auf 500 Metern mehr bringen als ein Umbau.

- Kommunikation und Begleitung: Informationskampagnen, längere Einführungsphasen mit Gelbenkarten statt sofort empfindlichen Strafen, Kooperation mit Taxi‑ und Lieferbetrieben, um praktikable Lösung für Anlieferung zu finden.

Ein Blick in die Nachbarschaft

Vor Ort atmet man auf, aber nicht ohne Skepsis. Fahrradfahrer hoffen auf weniger Hektik, Gewerbetreibende fürchten um die Zufahrt für Lieferwagen. Polizei und Stadt betonen: Es gehe nicht ums Geld, sondern um weniger Verletzte. Das klingt plausibel, bleibt aber eine Behauptung ohne veröffentlichte Zahlen über Unfälle und Geschwindigkeitsprofile – zumindest bisher.

In den kommenden Wochen werden wir hören, wie sich die neue Ordnung anfühlt: Ob der morgendliche Blechstau leiser wird, ob Lieferwagen neue Haltezonen nutzen und ob Fußgänger die Querungen sicherer finden. Die Stadt hat die Möglichkeit, die Kontrolle mit sichtbaren Umbauten und transparenten Daten zu koppeln – dann könnten die Radar‑Kästen Teil einer echten Entschleunigungsstrategie werden, nicht nur ein Signal, das kurzfristig die Geschwindigkeit senkt.

Für diejenigen, die täglich die Avenida Adolfo Suárez queren, heißt das im Moment: Runterschalten, Augen auf – und die nächsten Wochen beobachten. Die Kamera sieht mehr als der Nachbar, aber sie ersetzt kein gutes Straßendesign.

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