Die gelben Linien auf Ramblas und Paseo Marítimo sollen verschwinden. Für Gastronomen bringt das Erleichterung beim Stadtbild – aber neue Probleme bei Kontrolle, Barrierefreiheit und Rechtssicherheit.
Palma will die gelben Terrassenmarkierungen abschaffen – was das für Wirte bedeutet
Wer morgens über die Ramblas schlendert, hört das Klappern von Stühlen, das Rufen eines Zeitungshändlers und ab und zu das Kreischen einer Möwe vom Hafen. Die gelben Markierungen auf dem Boden, die später die Außenbereiche der Cafés markieren, sind Teil dieses Stadtbilds – zumindest bisher. Die Stadtverwaltung von Palma plant nun, diese Streifen schrittweise zu entfernen. Klingt harmlos, ist aber mehr als nur ein neuer Anstrich.
Die Leitfrage: Wie behalten wir Ordnung ohne sichtbare Linien?
Auf den ersten Blick geht es um Ästhetik: Die gelben Flächen seien laut Stadt nicht mehr zeitgemäß, sie „stören“ das Erscheinungsbild. Doch die eigentliche Frage ist praktischer: Wie sollen Kontrollen und gerechte Nutzung des öffentlichen Raums künftig funktionieren, wenn die Grenze nicht mehr klar sichtbar ist? Für viele Wirte heißt die Antwort: Unsicherheit. Wer misst künftig nach? Wie wird bei Streit entschieden: war das der erlaubte Bereich oder nicht?
Probleme, die selten laut genannt werden
In Gesprächen mit Wirten, Anwohnern und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung fallen immer wieder dieselben Sorgen: Barrierefreiheit, Nachvollziehbarkeit der Flächengrenzen, Haftungsfragen und die Arbeitsbelastung der Kontrolleurinnen. Die vorgeschlagenen Metallpunkte im Boden wirken unaufgeregt und modern. Aber sind sie praktisch? Ältere Gäste mit Rollator, Kinderwagen oder sehbehinderte Menschen könnten sie leicht übersehen. Wenn abends die Straßenlaternen lange Schatten werfen oder der Regen die Punkte spiegelnd macht, ist die Abgrenzung plötzlich wieder strittig.
Ein weiterer Aspekt: Während in touristischen Prachtlagen wie dem Paseo Marítimo häufig mehr Kontrollen stattfinden, bleiben kleinere Wohnstraßen problematisch. Rund 800 Terrassen in Palma sind laut Behörden derzeit unklar markiert. Das ist nicht nur ein juristisches Problem, sondern auch ein soziales: Ein Café, das sich an Regeln hält, fühlt sich benachteiligt, wenn der Nachbar die Tische deutlich ausdehnt.
Für die Kontrolleure wird es nicht leichter
Fehlende sichtbare Linien erschweren die Arbeit der Ordnungsbeamten. Ohne eindeutige Begrenzung ist die Nachweisführung aufwendig: Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln, Messungen vor Ort, möglicherweise wiederkehrende Kontrollen. Das kostet Zeit und Personal – beides knappe Ressourcen in Palmas Rathaus. Und wer bezahlt die Bußgelder, wenn es zu Grenzstreitigkeiten kommt? Der Wirt, der glaubt, richtig zu stehen, oder der Tourist, der die Grenze überschreitet, ohne es zu merken?
Konkrete Lösungen – realistisch oder utopisch?
Es gibt Ideen, die mehr sind als kosmetische Änderungen. Einige Vorschläge, die wir vor Ort gehört haben:
1. Unterschiedliche Lösungen für unterschiedliche Orte: In der Passeig- und Hafenlage können dezente Metallpunkte ausreichen; in engen Wohnstraßen sollten klare, kontrastreiche Beläge oder temporäre Bordsteine die Fläche markieren.
2. Kombi aus physischen und digitalen Hilfen: Eine offizielle Kartenebene im Geoportal der Stadt, auf die Wirte und Anwohner zugreifen können, sowie eine einfache App für Kontrollen, die GPS-gestützt die erlaubte Fläche anzeigt.
3. Barrierefreie Gestaltung: Studierte Kontraste statt rein dekorativer Noppen, niedrige, flache Ränder statt spitzer Nieten, und Hinweise in taktilen Formen für sehbehinderte Menschen.
4. Pilotzonen und gemeinsame Kontrollen: Probebereiche, in denen Wirte, Anwohner und Ordnungsamt zusammen testen, wie gut eine Lösung funktioniert — und das Ergebnis öffentlich dokumentieren.
Chancen für einen besseren öffentlichen Raum
Wenn die Stadt diese Umstellung ernsthaft nutzt, könnte Palma sauberer, harmonischer und zugleich gerechter werden. Keine grellen gelben Flecken mehr, dafür klarere Regeln, die alle verstehen. Das funktioniert aber nur, wenn Verwaltung und Gewerbetreibende nicht aneinander vorbeireden. In der Praxis heißt das: mehr Dialog, einfache digitale Werkzeuge, und ein klarer Zeitplan für die Markierungswechsel.
Was Wirte jetzt tun sollten
Für die nächsten Monate gilt: Ruhe bewahren. Messen Sie Ihre Terrassen genau, dokumentieren Sie die aktuelle Situation mit Fotos, und nehmen Sie an den angekündigten Pilotgesprächen teil. Kleine Investitionen in mobile Markierungen oder gut sichtbare Schilder können kurzfristig Konflikte vermeiden. Langfristig lohnt sich die Mitarbeit an Lösungen, die sowohl Ästhetik als auch Rechtssicherheit liefern.
Auf der Plaza del Mercat, wenn die Sonne am späten Vormittag auf das Kopfsteinpflaster fällt und die Stimmen der Markthändler die Luft füllen, ist klar: Es geht hier nicht nur um gelbe Farbe. Es geht um einen fairen Umgang mit dem öffentlichen Raum – und darum, dass Palma auch in Zukunft Platz für Menschen hat, nicht nur für Tische.
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