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Mit Wind, Wellen und WhatsApp: Ein Skipper aus Cala d’Or erzählt

Mit Wind, Wellen und WhatsApp: Ein Skipper aus Cala d’Or erzählt

07.09.2025
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Er fährt Segelyachten, beruhigt Eltern und pflegt einen Kühlschrank mit mehr Bier als Verstand. Ein Skipper-Alltag zwischen Flaute und Drama.

Ein Alltag zwischen Steckdose und Seegang

Ich treffe Mateo* (Name geändert) an einem Sonntagmorgen um 08:00 in der Marina von Cala d’Or. Er heißt eigentlich anders, aber so nennen ihn die Stammgäste. Die Segelyacht steht poliert am Steg, das Rigg klackert wie ein altes Uhrwerk. Er zieht den Kaffeebecher aus der Bilge, sieht müde aus und lacht trotzdem: „Heute geht’s nach Cala Sa Nau, wenn der Wind mitspielt.“

Mehr als nur Steuermann

Ein Charter-Skipper ist Handwerker, Psychologe, Lehrer und manchmal Babysitter in Personalunion. Mateo erzählt von Familien, die zum ersten Mal an Bord sind, von Paaren, die nach zwei Tagen intensiven Zusammenseins anfangen, Dinge anzusprechen, die sie zu Hause jahrelang aufgeschoben haben. „Man muss ein bisschen aufpassen“, sagt er, „bei Krach in der Kajüte geht der Erste-Hilfe-Kasten nicht gegen Beziehungsdramen.“

Praktisch ist er immer erster Anlaufpunkt: Batterieprobleme, Seekrankheit, falsche Knoten, verlorene Brillen — und natürlich die Frage, wo das Handy geladen werden kann. Die Telefone sind so präsent wie die Rettungsweste. Er sorgt dafür, dass trotzdem gelegentlich jemand aufs Deck kommt, weil der Sonnenuntergang eben nicht auf Instagram wartet.

Routen, Regeln, Realismus

„Planung ist gut, Wetter ist besser“, sagt Mateo. Die Routen werden vorher besprochen, aber eine starke Brise oder eine spanische Regenschauerfront schreibt schnell um. Zwei Wochen Gäste? Dann ist Menorca kein Traum mehr, sondern ein logistischer Kompromiss. Eine typische Woche: Samstag Einschiffen, Freitag Ausschiffen, dazwischen Buchten, Schnorcheln und abends: nichts als das Geräusch von Wasser am Rumpf.

Die Bordküche ist improvisatorisch, der Kühlschrank erstaunlich zuverlässig – und oft voller Dosenbier. Mateo schätzt, dass in einer Woche bis zu 40 Dosen die Planken sehen. Sicherheit kommt immer zuerst: Badezonen, Schwimmwesten für Kinder, klare Regeln fürs Sprungvergnügen. „Wenn die Crew nicht mitspielt, wird’s kompliziert“, meint er knapp.

Kurze Anekdoten, lange Erinnerungen

Es gibt die Anekdoten, die man lachend erzählt: der Manager, der eine Stunde ohne Empfang blieb und dann doch entspannt war; die Großfamilie, bei der erst nach dem dritten Abend die Kinder miteinander klarkamen. Und es gibt die ruhigeren Momente: ein Glas Wasser bei Sonnenaufgang, Delfine, die den Bug begleiten, oder das seltene Gefühl, dass alle einfach mal nichts sagen müssen.

Mateo bleibt am Ende pragmatisch. Sein Job ist kein Film. Manchmal ist es langweilig, manchmal chaotisch, oft wunderschön. Er hat Geschichten, graue Haare und eine kleine Hängematte im Vorschiff, in die er fällt, wenn die Nacht ruhig ist. „Der Job macht etwas mit dir“, sagt er. „Man lernt Menschen in Kurzformat kennen. Und ich lerne jeden Sommer dazu.“

Tipps von Bord: früh buchen (Ostern füllt sich), Sonnencreme zweimal auftragen, Snacks einpacken und dem Skipper vertrauen – die Route kommt gut an, versprochen.