Die neue „Star Princess“ machte einen kurzen, spektakulären Stopp in Palma. Staunen am Passeig del Born — und die Frage, wie nachhaltige Kreuzfahrt künftig aussehen muss.
Riese am Moll Vell: Die „Star Princess“ in Palma – Faszination und offene Fragen
Gestern Vormittag, kurz nach 09:15 Uhr, senkte sich ein Bootshorn über dem Passeig del Born und kündigte etwas an, das den Alltag am Hafen für einige Stunden veränderte. Die Star Princess, frisch aus der Werft und mit mehr als 20 Decks ein wahrer Koloss, legte für rund zehn Stunden am Moll Vell an. Ich stand mit einem Café con Leche in der Hand auf der Hafenmauer und hörte das übliche Geräuschgemisch: Möwenschreie, das Klappern von Kameras, das Murmeln neugieriger Stimmen — Rentner mit Ferngläsern, Eltern mit Kindern und ein Fotograf, der seit 7 Uhr morgens auf bester Position wartete.
Mehr als nur ein Fotomotiv
Die Zahlen sind beeindruckend: etwa 345 Meter Länge, rund 47 Meter Breite, Platz für circa 4.300 Gäste und etwa 1.500 Besatzungsmitglieder. Architektonisch wirkt das Schiff wie eine schwimmende Stadt: Sonnendecks, ein Wasserfall oberhalb der Brücke, große Glasflächen am Heck und ein offenes Atrium als Sozialraum mit Bars und Bühnen. Für große Gefühle sorgt das Bild von Passagieren, die auf den Balkonen winken, während ein paar Möwen über dem Heck kreisen — zwischen Fischerbooten und Reisebussen ein surrealer Kontrast.
Das Symbolische des kurzen Besuchs
Der zehnstündige Aufenthalt war offiziell und symbolisch zugleich: Ein Vertreter der Hafenbehörde überreichte eine Gedenktafel an den Kapitän, dann setzte die Star Princess ihre erste West-Mittelmeer-Route fort, bevor sie Ende Oktober Richtung Übersee fährt. Für Palma, eine Stadt, die große Ankünfte gewohnt ist, bleibt so ein Koloss trotzdem bemerkenswert — weil er größer ist als das, was viele Alltagsszenen am Hafen darstellen.
Die oft übersehene Debatte
Manche betrachten solche Momente als reine Show — andere sehen die wirtschaftlichen Chancen: Arbeitsplätze, Hafenumsatz, Gäste, die Zeit in der Altstadt verbringen. Doch abseits des Staunens gibt es konkrete Fragen, die in der öffentlichen Wahrnehmung häufig zu kurz kommen. Zentrale Leitfrage: Wie nachhaltig ist dieser Wachstumspfad für Palma wirklich? Die Reederei betont die LNG-Antriebstechnik als Schritt in Richtung Klimafreundlichkeit. Doch Umweltschützer und Hafeninitiativen mahnen: LNG reduziert bestimmte Schadstoffe, doch es bleibt das Problem des Methan-Schlupfes und des Gesamtenergiebedarfs.
Infrastruktur, Luftqualität, Sicherheit
Wenig diskutiert wird, ob die Hafeninfrastruktur von Palma auf mehrere dieser Megaschiffe gleichzeitig ausgelegt ist. Landstromanschlüsse, die es ermöglichen würden, die Motoren im Hafen stillzulegen, sind noch nicht flächendeckend vorhanden. Das bedeutet: Auch bei angeblich „saubererem“ Treibstoff laufen Dieselgeneratoren weiter — mit Auswirkungen auf Feinstaub, Stickoxide und Lärm. Ein weiterer, oft unterschätzter Punkt ist die Notfallbereitschaft: Größere Schiffe erfordern andere Evakuationskonzepte, die Zusammenarbeit mit Rettungsdiensten und Platz auf Kai und Zufahrtsstraßen.
Was Palma konkret tun könnte
Die Besuchsfrequenz zu reduzieren ist politisch heikel, weil sie auch Einnahmen mindern würde. Dennoch lassen sich pragmatische Alternativen nennen: Der beschleunigte Ausbau von Landstrom an Moll Vell wäre technisch machbar und würde Emissionen bei Liegezeiten stark verringern. Zudem könnten zeitliche Staffelungen eingeführt werden, sodass nicht mehrere Megaschiffe gleichzeitig im Hafen liegen — das reduziert Belastungen für Luftqualität, Verkehr und das Stadtbild. Eine transparente Emissions- und Energiestatistik für jeden Hafenanlauf würde zweifelsfrei zeigen, wie „grün“ ein Konzept in der Praxis wirklich ist.
Gute Chancen, wenn man sie nutzt
Es gibt auch positive Seiten, die man nutzen kann: Palma könnte Besucherströme lenken, indem Ausflüge und Aktivitäten nachhaltig gestaltet werden — kleinere, lokale Anbieter bevorzugen, Limits für Massenausflüge setzen und Umlagen einführen, die in ökologische Maßnahmen vor Ort fließen. Eine enge Kooperation zwischen Hafenbehörde, Stadtverwaltung, Naturschutzorganisationen und den Reedereien kann Regeln schaffen, die Wirtschaft und Umwelt besser ausbalancieren.
Ein persönlicher Eindruck
Am Nachmittag, als die Sonne flacher stand und das Licht das Heck der Star Princess vergoldete, standen noch immer Passagiere am Geländer, winkten, einige Fotografen packten zusammen. Die Stadt klang weiter wie immer: Motorroller in den Gassen, Stimmen aus den Cafés und das regelmäßige Rufen der Möwen. Dieser Moment war schön und zeigt das Potenzial maritimer Faszination — zugleich ist er ein Reminder: Palma sollte die Gelegenheit nutzen, Regeln und Infrastruktur so zu gestalten, dass solche Begegnungen künftig weniger die Luft verschlechtern und mehr der Insel nützen.
Das Schiff setzt seine Fahrt fort, Richtung Taufe in Fort Lauderdale und dann in die Karibik. Für uns bleibt die Frage: Wollen wir auf Mallorca weiter nur staunen — oder die Ankünfte zum Anlass nehmen, die Hafenpolitik nachhaltig zu gestalten?
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