Ambulance dispute on Mallorca: investment meets practical problems

Wenn neue Rettungswagen Steine im Weg sind: Wer zahlt den Preis auf Mallorca?

👁 2217✍️ Autor: Lucía Ferrer🎨 Karikatur: Esteban Nic

Streit um 246 neue Krankentransportwagen: Rund 70 Fahrer drohen, die Fahrzeuge nicht mehr zu fahren, weil ihnen der nötige C1-Führerschein nicht zugesichert oder bezahlt wurde. Ein Reality-Check aus Palma.

Wenn neue Rettungswagen Steine im Weg sind: Wer zahlt den Preis auf Mallorca?

Leitfrage: Wie konnte eine Millioneninvestition entstehen, die im Alltag der Fahrer nicht praktikabel ist — und wer übernimmt die Verantwortung, wenn Hilfe verzögert wird?

Am Parkplatz vor dem Krankenhaus Son Espases stehen am späten Vormittag mehrere Rettungswagen. Dieselgeruch, das Piepen eines Funkgeräts, ein Fahrer zündet sich eine Zigarette an, zieht am Smartphone die Schichtliste — und sagt leise: »Die neuen Kisten sind schwer. Ich darf sie nicht fahren.« Das ist keine Geschichte aus dem Büro, das ist Alltag auf Mallorca: 70 Fahrer mit Lkw-Führerschein haben angekündigt, ab Montag bestimmte neue Krankentransportwagen nicht mehr zu übernehmen. Hintergrund: Die Balearenregierung hat rund 56 Millionen Euro in 246 Fahrzeuge investiert. Einige davon sind so schwer, dass sie einen C1-Führerschein verlangen — den viele Fahrer nicht haben, er aber auch nicht Bestandteil ihrer Verträge ist und offenbar nicht zusätzlich vergütet wird.

Die Situation riecht nach einer Panne in der Planung. Es wurde Geld für neue Wagen ausgegeben, aber offenbar nicht ausreichend geprüft, wie sie im täglichen Betrieb funktionieren. Eine Beschaffung ist mehr als ein Bestellformular: Maße, Gewicht, Alltagstauglichkeit, Personalqualifikation und Tariffragen gehören zusammengedacht. Das scheint hier nicht gelungen zu sein.

Kritische Analyse: Drei Baustellen treffen zusammen. Erstens: Technische Spezifikationen versus Einsatzpraxis. Wenn Herstellerfahrzeuge in der Serienausstattung deutlich schwerer ausfallen als die zuvor im Einsatz befindlichen, dann ändert das die Anforderungen an die Fahrer — und an die Dienstpläne. Zweitens: Personalrechtliche Deckung. Fahrer haben Verträge, die bestimmte Fahrzeugklassen vorsehen. Einen einseitigen Wechsel auf schwerere Fahrzeuge ohne Anpassung der Verträge oder ohne zusätzliches Angebot an Fortbildungen und Vergütung provoziert Widerstand. Drittens: Kommunikation und Fehlsteuerung. Weder die Fahrer noch die Trägerorganisationen scheinen frühzeitig eingebunden worden zu sein — sonst wäre das Problem vor Auslieferung bekannt geworden.

Was im öffentlichen Diskurs fehlt: Die Debatte dreht sich oft um Summen und Schlagzeilen, weniger um die Details des Betriebs. Es fehlen ehrliche Antworten auf Fragen wie: Wurden vor der Bestellung Testeinsätze gemacht? Gab es eine Risikoanalyse für Fahrerqualifikationen? Wer trägt kurzfristig die Verantwortung, wenn Einsatzzeiten sich verlängern? Und: Welche Alternativpläne existieren, um die Versorgungssicherheit zu garantieren?

Eine Alltagsszene aus Palma zeigt das Dilemma: Auf der Avenidas entlang der Via de Cintura staut sich der Verkehr, ein Einsatzwagen quält sich durch. Der You-know-who-Effekt: Wenn Fahrer sich weigern, droht nicht nur eine Lücke im Transportwesen, sondern auch mehr Stress für die verbleibenden Kollegen, längere Reaktionszeiten und mögliche Verschiebungen von geplanten Patiententransporten — alles Faktoren, die auf der Insel schnell spürbar sind.

Konkrete Lösungsansätze, die jetzt realistisch und rechtssicher sind:

1) Sofortmaßnahmen zur Aufrechterhaltung des Dienstes
Temporäre Umverteilung der leichteren Altfahrzeuge auf besonders betroffene Routen; Einsatz von Zeitarbeitskräften mit C1-Führerschein; gezielte Kooperationen mit privaten Transportunternehmen, bis eine längere Lösung greift.

2) Qualifizierung und Anreize
Beschleunigte C1-Qualifizierungskurse für bestehende Fahrer, finanziert von der Ausschreibungsmarge oder über einen einmaligen Rettungsfonds. Gleichzeitig klare tarifliche Regelung: erhöhte Zulage für das Fahren von Fahrzeugen mit C1-Pflicht.

3) Technische Alternativen prüfen
Untersuchung, ob bestimmte Fahrzeuge durch Gewichtsreduzierung, Umrüstung oder Anpassung der Beladung in die Klasse der bisherigen Wagen zurückgebracht werden können.

4) Transparente Nachverhandlungen
Eine moderierte Verhandlungsrunde mit Vertretern der Balearenregierung, der Betreiberfirmen und einer unabhängigen Arbeitsrechtsperson. Ziel: faire Vertragsanpassungen mit Fristen und Kontrollmechanismen.

5) Zukunftsfähige Beschaffungsprozesse
Künftig sollten Beschaffungen nur mit verpflichtenden Praxis-Checks ausgeliefert werden: Testeinsatz auf Inseln mit realen Bedingungen, Fahrer-Feedback, und ein Schritt-für-Schritt-Implementierungsplan.

Rechtlich stehen die Arbeitgeber nicht ohne Pflichten da: Einseitige Änderungen der Arbeitsbedingungen können arbeitsrechtliche Folgen haben. Gleichzeitig darf die öffentliche Hand nicht zulassen, dass Investitionen ungenutzt bleiben und die Patientenversorgung leidet. Hier sind pragmatische, juristisch solide Kompromisse gefragt.

Was sofort passieren muss: ein temporärer Notfallplan, der Patienten nicht gefährdet, und parallele Verhandlungen über Ausgleichsleistungen und Qualifizierung. Auf Mallorca, zwischen dem Lärm der Baustellen in Palma und den ruhigen Sonntagen in Santanyí, merkt man schnell: Wenn Rettungswagen nicht rollen, trifft das Dorfgemeinschaften genauso wie Touristen und Kliniken.

Punktiertes Fazit: Die Millionenausgabe ist nicht das Problem per se — problematisch ist das inkompatible Zusammenspiel von Technik, Personalvertrag und Verwaltung. Wer diesen Knoten nicht zügig löst, riskiert, dass Geld in schlecht nutzbare Fahrzeuge verschwindet und die Versorgungslage auf der Insel unnötig belastet wird. Pragmatismus, juristische Aufmerksamkeit und eine Portion Inselverstand sind jetzt gefragt, damit Rettungsdienste wieder tun können, was sie sollen: schnell und verlässlich helfen.

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