Glänzende Krankenwagen stehen in Palmas Hof – doch viele dürfen nicht fahren: Weil die Fahrzeuge über 3,5 t wiegen, fehlen acht von zehn Rettungskräften die Führerscheine. Was läuft schief und wie lässt sich das schnell lösen?
Neue Fahrzeuge, alter Fehler: Warum Mallorcas Rettungswagen stillstehen
Man hört das Knacken der Palmenblätter im Tramuntana-Wind, Möwen kreischen über dem Hafen und auf dem Hof in Palma steht eine Reihe neuer Krankenwagen, ordentlich wie Soldaten in Reih und Glied. Scheinwerfer glänzen, Folien sind frisch, Funkantennen ragen wie kleine Fahnen in die Novemberluft. Und doch: Viele dieser Wagen bewegen sich nicht vom Fleck. Die zentrale Frage, die bleibt: Wie konnten neue Fahrzeuge angeschafft werden, obwohl viele Rettungskräfte nicht die passenden Führerscheine haben?
Wie es so weit kommen konnte
Der Ablauf wirkt fast kafkaesk: Genehmigung, Bestellung, Anlieferung — und erst danach die Erkenntnis, dass die neuen Ambulanzen deutlich mehr als 3,5 Tonnen wiegen. In der Praxis heißt das: Etwa acht von zehn Rettungssanitätern dürfen diese Fahrzeuge formal nicht führen. Statt an der Küste auf der Paseo Marítimo oder in den engen Gassen von Son Gotleu Leben zu retten, sitzen Personalchef, Werkstattleiter und Verwaltungsbeamte in endlosen Telefonkonferenzen. Der Personalleiter trat zurück, die Autos bleiben trocken und sauber in der Halle — ein Stillleben moderner Verwaltungspanne.
Mehr als ein Buchungsfehler: eine Systemschwäche
Diese Panne ist kein Einzelproblem. Hier kollidieren zwei Logiken: die technische (mehr Sicherheit, mehr Komfort, robusteres Fahrgestell) und die administrative (Fahrerlaubnisklassen, Umschulungen, Zeitpläne). Die Einkaufsabteilung setzte auf langlebige Fahrzeuge, ohne verbindlich abzuklären, ob die Crew auch berechtigt ist, sie zu steuern. Das ist symptomatisch für Beschaffungsstrategien, die Ausstattung und Preis über Personalqualifikation stellen.
Was das vor Ort bedeutet
Für die Bewohner merkt man das an konkreten Punkten: Ältere, lautere Wagen müssen länger im Dienst bleiben, auf schmalen Bergstraßen bei Sóller oder in verkehrsarmen Stunden auf dem Land wird das Risiko größer. Anrufannahmen dauern länger, weil Fahrzeuge häufiger ausfallen. Nachbarn berichten von mehr Lärm, Sanitäter berichten von Frust: "Wir wollen die neuen Autos fahren, aber nicht erst monatelang Prüfungen warten", sagt eine Rettungssanitäterin anonym. Jede Minute zählt, ob am Strand von Portixol oder in einer Finca in der Pla de Mallorca — und Bürokratie stiehlt diese Minuten.
Warum das kaum Thema ist
In Debatten über neue Rettungswagen dominieren Kosten, Hersteller, LED-Beleuchtung und Komfortausstattung. Die Qualifikation der Fahrer bleibt oft Randnotiz. Verwaltungsabteilungen arbeiten in Silos: Einkauf denkt an Lieferfristen, Personal an Tarife, Einsatzleitung an Einsatzpläne. Es fehlt eine verbindliche Risikoabschätzung, die Umschulungszeiten und Umstellungskosten mit einplant — ein Punkt, der in Sitzungen und Presse kaum beleuchtet wurde.
Was kurzfristig helfen kann
Es gibt pragmatische Maßnahmen, die schnell wirken könnten: Erstens, prüfen, ob technische Modifikationen oder Reduktion von Zusatzlast das Leergewicht unter 3,5 t bringen — manchmal genügen geringere Ausstattungsvarianten. Zweitens, ein finanziertes Umschulungsprogramm: Intensivkurse und Prüfungsblöcke, organisiert in Kooperation mit dem Fahrprüfzentrum auf der Insel, könnten binnen Wochen viele Kolleginnen und Kollegen hochstufen. Drittens, temporäre Partnerschaften mit privaten Ambulanzdiensten oder Taxiunternehmen für Stoßzeiten — kein Idealfall, aber ein Rettungsring. Viertens, Sondergenehmigungen prüfen: In Ausnahmefällen könnten vorübergehende Bewilligungen das Zeitfenster überbrücken.
Langfristige Lektionen
Die Lehre liegt auf der Hand: Beschaffung muss Personalfragen integrieren. Vor Vertragsabschluss gehört eine verbindliche Prüfung: Passt das Fahrzeug zur vorhandenen Belegschaft? Wenn nicht, wer trägt die Umschulungskosten und wie schnell sind die Qualifikationen erreichbar? Auf Mallorca sollte vor jeder größeren Anschaffung eine Taskforce aus Einkauf, Personal und Einsatzleitung sitzen. Regelmäßige Qualifikationschecks und ein Umschulungsfonds könnten künftige Blockaden verhindern.
Was es kostet — und warum Zeit teuer ist
Technische Anpassungen schlagen mit wenigen hundert bis einigen tausend Euro pro Fahrzeug zu Buche. Umschulungen inklusive Prüfungen kosten pro Fahrer vierstellige Beträge. Wichtiger als der reine Eurobetrag ist die verlorene Zeit: Patienten brauchen schnelle Hilfe, und Verzögerungen wirken sich direkt auf Gesundheit und Vertrauen aus. Eine einfache Rechnung: Wer jetzt in Schulungen investiert, vermeidet morgen höhere Kosten durch Ausfälle, häufigere Reparaturen älterer Fahrzeuge und womöglich kritische Einsätze, die nicht optimal ablaufen.
Fazit
Die Absicht war richtig: moderne, sichere Krankenwagen für die Insel. Die Umsetzung offenbart jedoch eine fehlende Abstimmung zwischen Technik, Personal und Verwaltung — ein Zustand, der im schlimmsten Fall Menschen in Not gefährden kann. Die Lösung ist pragmatisch: weniger Silodenken, klare Abläufe, verbindliche Prüfungen vor dem Kauf und ein schneller Plan für Umschulungen. Hoffentlich lernen die Verantwortlichen schneller als die nächste Regenfront über Palma, die sonst nur die frisch polierten Motorhauben nass glänzen lässt.
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