Warum Mallorca teurer wird – Supermarkt, Hotel und Flugkosten erklärt

Teurer leben auf Mallorca: Wer zahlt den Preis?

👁 2183✍️ Autor: Ricardo Ortega Pujol🎨 Karikatur: Esteban Nic

Essen, Hotel, Flug – alles teurer. Warum die Balearen zur teuren Ecke Spaniens werden, wer besonders leidet und welche Lösungen es aus Sicht der Insel gibt.

Teurer leben auf Mallorca: Wer zahlt den Preis?

Warum Supermarkt, Hotelzimmer und Flüge anziehen – und was in der Debatte fehlt

Leitfrage: Können Bewohner und Stammgäste die wachsenden Kosten auf Dauer stemmen – oder droht Mallorca, Teile seiner Vielfalt zu verlieren?

Der Kaffee auf der Plaça cortada schmeckt gleich, das Geräusch der Läden am Passeig wird dennoch leiser: In den letzten Monaten hört man an der Kasse öfter das gleiche Wort – „teuer“. Zahlen bestätigen, was viele an der Bar, auf dem Markt und im Büro sagen. Eine Untersuchung der Verbraucherorganisation OCU beziffert den Jahresausgabenbetrag einer Durchschnittsfamilie (2,6 Personen) in Supermärkten auf den Balearen mit rund 6.307 Euro. Damit stehen die Inseln unter den teuersten Regionen Spaniens; nur Katalonien liegt etwas höher.

Die Statistik des INE signalisiert einen landesweiten Inflationsschub im Oktober: Die Balearen gehören zusammen mit Madrid zu den Spitzenreitern mit einem Plus von 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auffällig sind die Sektoren mit starkem Preisdruck: Wohnen sowie Hotels, Cafés und Restaurants verzeichneten im Jahresvergleich jeweils etwa 6,6 Prozent höhere Preise. Wer in der Sommersaison ein Zimmer sucht, zahlt ebenfalls mehr: Offizielle Hoteldaten melden einen durchschnittlichen Zimmerpreis für die Inseln von rund 161,31 Euro im September – ein Anstieg von über neun Prozent.

Auch Anreise und Pauschalangebote spielen mit: Das deutsche Statistische Bundesamt meldete für die erste Hälfte 2025 steigende Flugpreise nach Mallorca (plus etwa 7,7 Prozent) und teurere Pauschalreisen (+1,9 Prozent). Für einen Betrieb an der Küste bedeutet das, dass höhere Transport- und Energiepreise auf verschiedene Ketten von Kosten durchschlagen – vom Lieferanten bis zum Restaurant.

Woran liegt das? Ein häufiger Verweis liegt auf der Insellage: Transport, Umlagerung und Logistik schlagen sich in den Preisen nieder. Die OCU benennt dies als einen zentralen Faktor. Dazu kommen steigende Nachfragephasen, knappe Arbeitskräfte in Spitzenzeiten, und ein Markt, in dem Gäste bereit sind, mehr zu zahlen – ein Mix, der Preise nach oben treibt.

Was in der öffentlichen Debatte nur selten ausreichend vorkommt, sind drei Punkte: erstens die Verknüpfung von Wohnkosten und Löhnen; zweitens die Margen großer Handelsketten auf Inseln; drittens die saisonale Struktur des Arbeitsmarktes. Wenn Miete und Strom steigen, hilft eine moderate Erhöhung des Stundenlohns wenig, solange Arbeitsverträge befristet und Teilzeit verbreitet sind. Und solange Logistikkosten und Zwischenhändler undurchsichtig bleiben, können Preiserhöhungen im Supermarkt schwer nachverfolgt werden.

Eine Alltagsszene: An einem kühlen Vormittag im Mercat de l'Olivar zieht der Fischverkäufer die Decke zurück, Kunden schieben ihre Tüten aneinander vorbei. Die Frau neben mir rechnet nach, ob das Familienbudget den Fisch, das Brot und den Käse noch erlaubt. Der kleine Café an der Straßenecke hat das Frühstück um fünfundzwanzig Cent erhöht; die Kellnerin zuckt mit den Schultern: „Das ist, was wir bezahlen müssen“, sagt sie, während die Glocke der Kirchenuhr schlägt.

Konkrete Lösungen müssen mehrere Hebel gleichzeitig bewegen: lokale Produzenten stärken, damit weniger Ware über weite Strecken transportiert werden muss; Logistiktransparenz fördern, damit versteckte Kosten sichtbar werden; gezielte Subventionen für lebenswichtige Güter und für Haushalte mit niedrigen Einkommen; und ein Sozialdialog über Löhne in touristischen Sektoren, verbunden mit Qualifizierungsangeboten, damit Beschäftigte nicht in prekären Jobs hängen bleiben.

Weitere Maßnahmen könnten sein: stärkere Förderung von kurzen Lieferketten und Genossenschaften, die regional vermarkten; Rabatte oder gestaffelte Steuersätze auf Grundnahrungsmittel; saisonale Tarifmodelle für Energieversorger; sowie eine konstruktive Prüfung der Tourismusabgaben, die gezielt lokale Infrastruktur und Wohnraumprojekte finanzieren.

Was Politiker, Wirtschaft und Gewerkschaften häufiger tun sollten: ehrlicher über Zielkonflikte sprechen. Eine Stadt kann nicht gleichzeitig auf möglichst viele Touristen setzen und gleichzeitig die Lebenshaltungskosten für Einheimische konstant halten, ohne gezielte Ausgleichsmechanismen.

Fazit: Mallorca wird nicht über Nacht preiswerter. Die Insel lebt von Tourismus, aber die Rechnung bezahlen oft Menschen, die hier wohnen und arbeiten. Ein realitätsnaher Kurswechsel braucht Transparenz bei Preisen, gezielte Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen und mutige Schritte in Richtung kürzerer Lieferketten. Sonst bleibt am Ende vom alltäglichen Mallorca nur noch das Postkartenbild – und die Fotos kann man sich dann vielleicht nicht mehr leisten.

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