Marella Explorer 2: Sturz vom zwölften Deck – ein Reality‑Check

Unfall auf der Marella Explorer 2: Was hilft gegen Unglücke an Bord?

👁 2237✍️ Autor: Ana Sánchez🎨 Karikatur: Esteban Nic

Ein 76‑jähriger Passagier stürzt in internationalen Gewässern von Deck zwölf der Marella Explorer 2. Das Schiff startete die Suchmaßnahmen, doch der Mann blieb unauffindbar. Zeit für einen kritischen Blick auf Sicherheitslücken und praktische Lösungen.

Unfall auf der Marella Explorer 2: Was hilft gegen Unglücke an Bord?

Leitfrage: Hätten technische, organisatorische oder einfache alltägliche Maßnahmen das Leben des 76‑jährigen Passagiers retten können?

Am frühen Donnerstagmorgen fiel ein britischer Passagier vom zwölften Deck der Marella Explorer 2, während das Schiff von Madeira in Richtung Kanaren unterwegs war. Während die Crew Rettungsflöße ins Wasser ließ, Kreise um die vermutete Unglücksstelle zog und spanische Rettungsboote sowie ein Hubschrauber alarmiert wurden, blieb der Mann laut Behörden bis in den späten Vormittag unentdeckt. Der Unfall ereignete sich etwa 14 Seemeilen vor Teneriffa; dort legte das Schiff anschließend außerplanmäßig an.

Die Fakten sind klar: ein Sturz vom hohen Deck, sofortiges Notfallprotokoll, Suchmanöver — und trotzdem kein Erfolg. In Gesprächen auf Mallorca, beim Café an der Passeig Mallorca oder mit Taxifahrern am Hafen hört man dieselbe Frage: Warum reicht das Notfallprotokoll nicht immer? Auf den Docks von Palma stehen Fischer in dicken Jacken, sehen auf das Meer und schütteln oft den Kopf, wenn von solch schnellen, aber doch unvollständigen Einsätzen die Rede ist. Die Distanz, Strömungen und die Tiefe des Atlantiks machen schnelle Rettung zur Lotterie.

Erstkritik: Manöver wie das Kreisen um die vermutete Stelle und das Absetzen von Rettungsflößen sind notwendig, aber begrenzt effektiv. Moderne Technik — automatische Man‑overboard‑Detektion, Wärmebildkameras, präzisere GPS‑Markierung der Stelle des Abgangs — ist bei vielen Schiffen nicht flächendeckend im Einsatz oder arbeitet nur als Ergänzung zu menschlichen Beobachtungen. Gleichzeitig verzögert die Zeit zwischen dem Ereignis und der Benachrichtigung externer Seenotretter die Chance auf Rettung, besonders wenn die Person bewusstlos oder schnell abgetrieben wird.

Was fehlt in der öffentlichen Debatte: verlässliche Zahlen und transparente Abläufe. Es gibt kaum frei zugängliche Statistiken darüber, wie oft sich an Bord Menschen verletzen oder über Bord gehen, welche Rolle Alkohol, Medikamente oder gesundheitliche Probleme spielen, und wie schnell die Reaktionszeiten konkret sind. Ohne diese Daten bleibt die Diskussion oberflächlich. Auch fehlt häufig ein Blick auf präventive Maßnahmen, die über das reine Notfallprotokoll hinausgehen.

Alltagsszene: Im Winterlicht von Port d’Alcúdia sitzt eine ältere Dame mit ihrem Hund auf einer Bank und erzählt, dass sie bei früheren Kreuzfahrten die Absperrungen an Deck als „niedrig“ empfand. In Cafés an der Plaça Major spricht man über die Leute, die allein reisen. Diese leisen Beobachtungen zeigen: Es geht nicht nur um Technik, sondern um die Gestaltung von Räumen, die von allen Altersgruppen genutzt werden.

Konkrete Lösungsansätze, die verhältnismäßig schnell umsetzbar wären: verpflichtende Mindesthöhe und verstärkte Absturzsicherungen an Promenadendecks, regelmäßige Trainings für Crew und Gäste zu Verhalten in Notlagen, breitere Nutzung automatischer In‑Water‑Ortungssysteme und Wärmebildkameras, zentralisierte und standardisierte Meldeketten zu nationalen Seenotleitungen, sowie ein schnelles Nachverfolgen der genauen GPS‑Position im Moment des Abgangs. Digital denkbar sind Armbänder für Risikopassagiere mit Notfallknopf oder GPS‑Ping, die nur freiwillig und mit Datenschutzregelungen eingesetzt werden.

Langfristig braucht es mehr Transparenz: Reedereien sollten Vorfälle systematisch dokumentieren und anonymisierte Berichte veröffentlichen, staatliche Stellen könnten verbindliche Mindeststandards für Man‑overboard‑Ausrüstung definieren, und Häfen sowie Luftrettungseinheiten müssten Einsätze klarer koordinieren. Auf Mallorca könnten wir zudem dafür sorgen, dass lokale maritime Schulen und Rettungsdienste regelmäßig gemeinsame Übungen mit privaten Reedereien durchführen — das schärft Abläufe und schafft Vertrauen.

Die Marella Explorer 2 selbst ist kein neues Schiff: 1995 als „Century“ auf der Meyer Werft in Papenburg gebaut und 2006 modernisiert, trägt sie die Geschichte vieler Jahrzehnte Seefahrt in ihrem Rumpf. Alter allein erklärt solche Unfälle nicht, wohl aber, dass Betrieb und Modernisierung oft hinter neuen Sicherheitsinnovationen zurückbleiben.

Pointiertes Fazit: Das abgerufene Notfallprotokoll war korrekt, aber es reicht nicht aus, um die Schwächen zu überdecken, die in Technik, Datenlage und Prävention bestehen. Solange Reedereien, Behörden und Passagiere nicht stärker an einem Strang ziehen — mit transparenter Statistik, einfachen baulichen Maßnahmen und moderner Detektionstechnik — bleibt jeder Man‑overboard‑Fall eine Tragödie, die sich wiederholen kann. Auf Mallorca, wo das Meer den Alltag prägt, sollten wir die Diskussion nicht den Alarmmeldungen überlassen, sondern lokale Erfahrung und pragmatische Lösungen einbringen.

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