Munitionslager am Flughafen: Wer weiß Bescheid?

Wer baut ein Waffenlager am Flughafen – und wer weiß davon?

👁 2378✍️ Autor: Ana Sánchez🎨 Karikatur: Esteban Nic

Ein Munitionsbunker auf dem Gelände von Son Sant Joan sorgt für Verunsicherung: Vertrag vergeben, Ministerin sagt, sie kenne das Projekt nicht. Was fehlt an Transparenz — und wie lässt sich die Sicherheit der Nachbarschaft prüfen?

Wer baut ein Waffenlager am Flughafen – und wer weiß davon?

Leitfrage: Wie kann es sein, dass ein Bauauftrag für ein Munitionslager vergeben ist, während in Madrid von Unkenntnis die Rede ist?

Das geplante Depot liegt auf dem Gelände des Luftwaffenstützpunkts Son Sant Joan, nur wenige Hundert Meter von Wohnhäusern entfernt und unter einem Kilometer vom Viertel Sa Casa Blanca. Der Auftrag wurde mit einem Volumen von rund 1,8 Millionen Euro direkt vergeben; eine Arbeitsgemeinschaft aus MAB, Grupo Render Industrial und Coexa soll den Bau innerhalb von etwa neun Monaten realisieren. Geplant ist ein Lager für Raketen, Geschosse und Lenkwaffen, mit einer maximalen Kapazität von 75 Tonnen, wobei nicht die volle Kapazität ausgeschöpft werden soll. Nach Beobachtungen gab es Ende November erste Aktivitäten auf dem Gelände; eine Inbetriebnahme wäre bereits im kommenden Sommer möglich.

Auf Regierungsebene klaffen derzeit Aussagen und Tatsachen auseinander: Aus Madrid heißt es, die zuständige Verteidigungsministerin kenne das Projekt nicht und könne keine Auskünfte geben. Gleichzeitig ordnete der Ministerrat Anfang Dezember das Areal von Son Sant Joan per Beschluss dem „nationale[n] Verteidigungsinteresse“ zu, was künftige Planungen der Zustimmung des Verteidigungsministeriums unterstellt. Das erzeugt berechtigte Fragezeichen auf der Insel — und Unruhe in den betroffenen Vierteln.

Kritische Analyse: Drei Punkte springen ins Auge. Erstens, die Verbindlichkeit der Abläufe. Ein ausgeschriebener und offenbar vergebener Auftrag passt schlecht zur Darstellung, das Vorhaben sei nicht bekannt. Zweitens, die Nähe zu Wohngebieten. Sicherheitsabstände, Notfallpläne und Risikobewertungen fehlen bislang in der öffentlichen Debatte. Drittens, der Ausnahmecharakter der direkten Vergabe: Warum lief das Verfahren nicht transparenter, obwohl es um sensible Militärinfrastruktur geht?

Was im öffentlichen Diskurs fehlt: technische Sicherheitsgutachten, konkrete Angaben zu gelagerten Munitionsarten und Mengen im Normalbetrieb, Informationen zur Bauweise des Bunkers (z. B. Schutz gegen Explosionen), Evakuierungs- und Notfallpläne für Anwohner, Umweltprüfungen (Schadstoffe, Grundwasser), sowie nachvollziehbare Gründe für die direkte Vergabe des Auftrags. Auch ist unklar, welche Kontrollinstanzen — parlamentarisch oder zivil — die Umsetzung begleiten dürfen.

Eine Alltagsszene aus Palma: Auf der Plaça d'Espanya früh am Morgen hört man die Busse Richtung Flughafen, ein Bäcker öffnet seine Tür, ein Lieferwagen fährt die Avinguda de Gabriel Roca entlang. Menschen warten auf die Tram, reden über die Preise, über den Lärm. Dasselbe Gespräch hat jetzt eine neue Wendung: „Kann das sicher sein, so nah am Viertel?“, fragt eine Frau mit Einkaufstasche. Das ist kein Alarmismus, das ist Nachbarschaftsangst — und die lässt sich nur mit Antworten zerstreuen.

Konkrete Lösungsansätze: Erstens, sofortige Veröffentlichung aller verfügbaren technischer Unterlagen und Gutachten durch das Verteidigungsministerium oder die Basisleitung. Zweitens, unabhängige Prüfung durch eine Expertengruppe (zivil-militärisch), die Sicherheitsabstände, Baumaterialien und Explosionsschutz bewertet. Drittens, eine klare, öffentlich zugängliche Krisen- und Evakuierungsplanung für angrenzende Stadtteile inklusive Übungsterminen. Viertens, ein transparenter Prüfbericht zur Vergabepraxis, der erklärt, warum eine direkte Beauftragung gewählt wurde. Fünftens, ein zeitlich begrenztes Moratorium bis zur Veröffentlichung der Prüfberichte, wenn die Behörden es verantwortbar finden, um Vertrauen zu schaffen.

Praktische Schritte vor Ort: Bürgermeisteramt, Inselrat und Stadt Palma sollten unmittelbare Informationsveranstaltungen für Anwohner verlangen; die Leitung des Stützpunkts muss technische Fragen öffentlich beantworten oder zumindest zugängliche Dokumente bereitstellen. Die Balearen-Regierung sollte auf parlamentarische Kontrollmechanismen drängen und notfalls Ombudsstelle und Zivilschutz einbinden.

Pointiertes Fazit: Geheimhaltung einerseits, Bauaktivität andererseits — das ist ein schlechter Startpunkt für ein Projekt, das so nahe an Wohngebieten geplant ist. Wer Sicherheit schaffen will, muss transparent arbeiten. Sachliche Antworten, unabhängige Prüfungen und ein klarer Plan für den Ernstfall würden mehr bewirken als Beschwichtigungen. Die Insel braucht Klarheit, keine Gerüchte; und die Menschen hier haben ein Recht darauf, zu wissen, ob und wie ihre Straße sicher bleibt.

Was jetzt zählt: konkrete Informationen statt vager Verweise, unabhängige Bewertungen statt Vertrauensbeteuerungen und ein greifbarer Zeitplan, damit aus Unsicherheit wieder Alltag wird.

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