Das Abokonzert im Auditori verspricht einen Abend zwischen pompöser Direktheit, moderner Rätselkraft und sakraler Weite. Pablo Mielgo leitet, das Blechensemble Spanish Brass sorgt für zusätzlichen Glanz.
Wieder Abokonzert im Auditori: große Formen an mallorquinischer Novembernacht
Am Donnerstag, dem 20. November, füllt sich das Auditori de Palma wieder mit Orchesterluft: Es ist Zeit für ein Abokonzert, das mit Wagner, einem modernen Stück von Juan J. Colomer und Bruckners vierter Sinfonie eine breite Palette anbietet. Dirigent Pablo Mielgo hat zudem das Blechensemble Spanish Brass eingeladen – eine würzige Zugabe, die dem Programm Farbe verleiht. Man merkt gleich beim Einlass: die Novemberluft draußen ist noch mild, in der Halle duftet es nach Programmheft und gespanntem Murmeln.
Wagner: direkte Feier, große Gesten
Die Ouvertüre zu Die Meistersinger ist ein Publikumseroberer. Sie beginnt mit Choralmotiven und bahnt sich dann durch mächtige Bläserfelder, ohne Umwege zum Kern zu kommen. In der Interpretation unter Mielgo wirkt das Stück pompös, aber nicht protzig; eher wie eine musikalische Parade mit präziser Schrittfolge. Die Trompeten glitzern, die Hörner legen Wärme darunter. Für Konzertbesucher, die sofort etwas fühlen wollen, ist das genau das Richtige: eine Mischung aus Handwerk und Pathos, die im Saal direkt ankommt.
Colomer — modernes Rätsel mit Dreiteilung
Juan J. Colomers La Devota Lasciva steht dagegen für das Gegenteil: ein konzentriertes, kantiges Stück, das nicht gleich alles preisgibt. Drei Abschnitte bauen Spannung auf — tastend, aufbrechend, culminierend — und fordern Aufmerksamkeit. Hier muss man zuhören, manchmal die Augen schließen, um die Zwischentöne zu fassen. Für Mallorca-Besucher, die sonst vielleicht eher die sanften Klänge am Strand mögen, ist das ein kleines Wagnis, das sich lohnt: moderne Tonsprache trifft auf orchestrale Farben, und das Blech von Spanish Brass setzt punktuelle, leuchtende Akzente.
Bruckner: die Romantische als große Kathedrale
Die vierte Sinfonie Anton Bruckners trägt nicht umsonst den Untertitel «Romantische»: Sie baut groß, atmet langsam und hat diese chorale Tiefe, die an sakrale Räume erinnert. Das Andante wird zum inneren Monolog, das Scherzo prescht mit jägerischen Figuren voran, und das Finale spannt einen weiten Bogen. Gute Bruckner-Interpretationen können einen Saal durchrütteln, und genau das verspürt man hier: Momente von fast liturgischer Ruhe wechseln mit kraftvollen Wellen von Klang. Wer nach dem Konzert noch draußen in der milden Nacht bleibt, hört immer wieder die Diskussionen über Tempi und Raum — ein gutes Zeichen für die lokale Konzertkultur.
Spanish Brass als Begleiter bringt Glanz, ohne zu blenden. Die metallische Färbung kann leicht dominieren, doch an diesem Abend schafft sie eher Kontraste: sie erhöht die Strahlkraft in Wagner, betont in Colomer dramatische Einschnitte und fügt Bruckners Choralmotiven neue Resonanzen hinzu. Ein kleiner Eingriff, der große Wirkung zeigt.
Praktisch: Beginn gegen 20:00 Uhr, Karten online und an der Abendkasse. Das Auditori führt meist ein Programmheft in mehreren Sprachen; ein kurzer Blick hinein hilft beim Verständnis der modernen Stücke. Wer kein Ticket bekommt: Es gibt eine Wiederholung am Freitag in Manacor. Und ein Tipp vom Einheimischen, der immer kommt: Nehmen Sie im November lieber eine leichte Jacke mit — die Abende können kühl werden, und nach dem Konzert steht man gern noch draußen und diskutiert über ein kluges Scherzo.
Ich werde auch dabei sein — nicht aus Pflichtgefühl, sondern weil solche Abende lohnen. Man trifft die gewohnten Gesichter: die ältere Dame mit dem roten Schal, den frühen Platzsucher in der Mitte, die Gruppe, die nachher noch lange über Takte und Tempi debattiert. Wenn es draußen regnet, bleibt die Stimmung trotzdem warm; das Auditori ist ein Ort, an dem Klang und Gemeinschaft zusammentreffen. Bis dann im Saal.
Für Dich gelesen, recherchiert und neu interpretiert: Quelle
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