Im September zogen Helfer und Behörden fast acht Tonnen Müll aus dem Wasser — 266 kg pro Tag. Mallorca steckt mitten in einem Problem, das Ehrenamt allein nicht lösen kann. Wer zahlt, wer organisiert und welche praktischen Lösungen gibt es?
Wer räumt das Meer auf? Fast acht Tonnen Müll vor den Balearen — und die unbequemen Antworten
Vom Moll Vell aus sieht man morgens oft dasselbe Bild: Möwen kreischen, der Hafenkran rattert, und in der Bucht treiben Dinge, die dort nicht hingehören. Im September zogen Teams entlang der Balearen fast acht Tonnen Abfall aus dem Wasser — das sind rund 266 Kilogramm pro Tag. Ein Schlauchboot kämpft gegen die Welle, ein alter Rumpf blinkt rostig in der Sonne. Keine Postkarte, sondern Alltag. Für ähnliche Herausforderungen und Erfolge im Aufräumen der Küsten lohnt ein Blick auf die Aufräumaktion auf Mallorca.
Warum gerade Mallorca so betroffen ist
Von den fast acht Tonnen entfielen etwa 4,3 Tonnen auf die Inseln rund um Mallorca. Der Grund liegt auf der Hand: dichte Schifffahrt, viele Marinas, Sportboote, Fähren, und eine intensive Küstennutzung. Strömungen nehmen den Müll auf und verteilen ihn entlang der Buchten — von Cala Millor bis Palma. Taucher aus kleineren Orten erzählen, sie fahren nach der Arbeit noch hinaus: „Wir sammeln, weil sonst keiner kommt.“ Das mag lobenswert sein, aber es ist keine Lösung für ein strukturelles Problem. Auch im Juli wurden vor den Balearen 6,5 Tonnen Müll aus dem Meer geholt.
Was gefunden wurde — und was oft übersehen wird
Die Listen lesen sich vertraut: Plastikflaschen, Netze, Tüten. Dazu sperrige Fundstücke wie alte Boote, Treibholz, verrostete Metallteile. Diese Gegenstände gefährden Meerestiere: Netze strangulieren, scharfe Kanten verletzen. Was aber in vielen Zahlen nicht auftaucht, ist das Mikroplastik — die winzigen Partikel, die durch Zerfall entstehen und sich in der Nahrungskette anreichern. Das betrifft Fischerei, Gastronomie und letztlich uns alle. Eine umfassende Übersicht über die Müllmengen kann auch die fast 37 Tonnen Müll der Reinigungsflotte beleuchten.
Wer koordiniert — und wo die Lücken klaffen
Die Hafenbehörde steuert viele Einsätze, Behörden koordinieren, Ehrenamt stopft Löcher. Doch mehrere Probleme bleiben oft unsichtbar: Wer übernimmt die Kosten für das Bergen großer Objekte? Wohin mit kontaminiertem Material? Recycling? Viele Häfen haben schlicht nicht die Infrastruktur, um großen oder gefährlichen Abfall effizient zu behandeln. Ergebnis: Sammeln ist nur der erste Schritt — und oft der teuerste.
Die Leitfrage bleibt: Wer zahlt und wer organisiert die konstante Reinigung der Küsten?
Die aktuelle Praxis setzt auf Freiwillige als Puffer. Das ist sozial, aber riskant: Ehrenamtliche übernehmen gefährliche Arbeit und haften oft für sich selbst. Eine dauerhafte, verlässliche Strategie muss andere Schultern finden — Kommunen, Staat, Hafengesellschaften, kommerzielle Schifffahrt und die Tourismusbranche gleichermaßen.
Konkrete Ansatzpunkte statt Ohnmacht
Es gibt praktische Optionen, die öfter auf den Tisch müssten: Zum einen bessere Prävention an Land — weniger Müll in Orten, auf Promenaden und in Marinas heißt weniger im Wasser. Dazu braucht es verpflichtende Entsorgungsstationen in Häfen, klare Annahmerichtlinien und Kontrollen. Betreiber von Marinas sollten verpflichtet werden, kostenfreie Entsorgungsmöglichkeiten für Bootsabfälle anzubieten.
Zum anderen finanzielle und organisatorische Lösungen: Ein Hafenfonds, gespeist durch Gebühren der kommerziellen Schifffahrt oder einer kleinen Umlage für Freizeitboote, könnte Bergungen und fachgerechte Entsorgung decken. Große Objekte bergen kostet schnell mehrere tausend Euro — von der Bergung bis zur Entsorgung in zertifizierten Anlagen. Ohne transparente Finanzierung bleibt das Problem nur verschoben.
Technisch denkbar sind auch mobile Sammelboote, die regelmäßig Routen abfahren, ähnlich den Müllwagen an Land. Oder spezialisierte Bergungscrews, die vertraglich für Häfen und Gemeinden arbeiten. Für Fischernetze wären Pfandsysteme denkbar: Wer Netze kauft, zahlt einen Teil in einen Reparatur- und Rücknahmefonds ein.
Was in der öffentlichen Debatte zu kurz kommt
Wir reden viel über Strandreinigungen und Freiwilligenaktionen — und zu wenig über strukturelle Kosten, Rechtsfragen und Recyclingketten. Viele Gemeinden wissen nicht, wie sie kontaminiertes Material behandeln sollen. Oft landen gesammelte Problemstoffe auf dem kommunalen Wertstoffhof ohne Spezialbehandlung. Das verlagert das Problem nur an Land, statt es fachgerecht zu schließen.
Kurzfristiges Handeln, langfristige Strukturen
Freiwillige Einsätze bleiben wichtig — sie sind sichtbar, motivierend und oft effizient. Nächste Woche gibt es wieder eine Strandaktion: Handschuhe, Thermoskanne, Treffpunkt 10 Uhr — das ist wichtig und richtig. Aber wir dürfen uns nicht auf die gute Laune der Menschen verlassen. Mallorca braucht klare Regeln, verlässliche Finanzierung und Infrastruktur in allen Häfen.
Die Bilder bleiben: ein Kran, der langsam einen alten Bootsrumpf hebt, Möwen, die über einer Mülltüte kreisen, und das leise Klatschen von Wasser am Kai. Diese Szenen sollten nicht nur Alarmzeichen sein, sondern Anlass für konkrete Politik: bessere Abfallannahme in Marinas, einen Hafenfonds, regelmäßige Sammelrouten und verbindliche Pflichten für die Schifffahrt. Sonst bleibt das Meer weiter ein Spiegel dessen, was wir an Land nicht geregelt haben.
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