Fast 6,5 Tonnen Müll im Juli – Sommerputz vor Mallorcas Küsten

Fast 6,5 Tonnen Müll im Juli: Der Sommerputz vor Mallorcas Küsten

👁 3472✍️ Autor: Ricardo Ortega Pujol🎨 Karikatur: Esteban Nic

Im Juli wurden fast 6,5 Tonnen Müll aus dem Meer vor den Balearen geborgen – rund 3,6 Tonnen allein vor Mallorca. Warum landen so viele Abfälle in unseren Buchten, und was muss sich ändern?

Fast 6,5 Tonnen Abfall im Juli: Der Sommerputz vor Mallorcas Küsten

Es ist ein Bild, das an lauen Sommermorgen an der Strandpromenade kaum zu glauben ist: Helfer mit Handschuhen, Boote, die langsam an der Küste entlangziehen, und Säcke, die sich füllen. Statistikfreunde sagen: Im Juli wurden vor den Balearen fast 6,5 Tonnen Müll aus dem Wasser gezogen, etwa 3,6 Tonnen davon vor Mallorca. Eine Zahl, die weh tut – und Fragen stellt.

Die Leitfrage: Warum landet so viel bei uns im Wasser?

Auf den ersten Blick liegt die Erklärung nahe: Hochsaison, mehr Boote, mehr Menschen am Strand. Doch das greift zu kurz. Es sind mehrere Quellen, die zusammenkommen: verlorene Angelschnüre und Netze aus der Fischerei, Abfälle von Freizeitschiffen, falsch entsorgte Strandmüllbeutel, Wind, der leichte Plastikreste von Promenaden in die Buchten treibt, und alte, im Meer treibende Teile, die durch Strömung gesammelt werden. Dazu kommen saisonale Effekte – starke Tramuntana-Winde oder südliche Ausläufer, die Müll aus anderen Teilen des Archipels herantransportieren.

Was oft fehlt in der Debatte ist die Rolle der verlorenen Fischereiausrüstung. Dynema-Leinen, Netzteile und Angelschnüre sind langlebig und unsichtbar tödlich für Meerestiere. Ein Tauchteam fand im Juli eine Meeresschildkröte in einem Plastiknetz – gerettet, glucksendes Wasser, ein Tier, das atmete. Solche Szenen zeigen, dass es nicht nur um Ästhetik geht, sondern um Leben.

Was wurde gefunden – und warum das zählt

Die Fundliste klingt harmlos und ist es nicht: Autoreifen, Plastikeimer, Styroporbrocken, Holzplanken, Angelschnüre. Fast die Hälfte des geborgenen Materials war Kunststoff. Kunststoff zerfällt zwar, verschwindet aber nicht: Er wird zu Mikroplastik, das Fische, Muscheln und am Ende auch den Menschen trifft. Holz und organische Reste mögen natürlicher wirken, doch auch sie verändern lokale Habitate, schatten Seegraswiesen ab oder verfangen sich in Korallenartigen Strukturen.

Wer räumt auf – und wie läuft die Entsorgung?

An den Einsätzen sind kommunale Teams, Küstenwache, Fischereivereine und Ehrenamtliche beteiligt. Morgens an der Passeig in Palma hört man das Rattern kleiner Arbeitsboote, das Kreischen der Möwen und das dumpfe Schlagen von Netzen. Nach dem Bergen wird sortiert: wiederverwertbare Kunststoffe getrennt, Reifen und Ölreste fachgerecht entsorgt. Nicht alles kann recycelt werden; manches wandert zu speziellen Entsorgungsstellen aufs Festland.

Was in der öffentlichen Diskussion zu kurz kommt

Oft reden wir über die sichtbaren Berge am Strand, aber nicht über die unsichtbaren Quellen: mangelhafte Entsorgungsangebote in Marinas, fehlende Pflicht zur Müllrücknahme bei Mietbooten, illegale Entsorgung auf See sowie mangelnde technische Ausstattung für schnelle Eindämmung bei Ölspuren. Ebenso wenig sichtbar ist die Last, die verlorene Netze über Jahre tragen – ein sogenanntes "Geisternetz" fängt kontinuierlich Tiere, ohne dass es jemand bemerkt.

Konkrete Chancen und Lösungsansätze

Die gute Nachricht: Viele Maßnahmen sind praktisch umsetzbar. Kurzfristig helfen bessere Entsorgungsstationen in Häfen und klare Hinweise bei Bootsvermietungen. Eine Pflicht, gesammelten Müll an Land zu bringen – verbunden mit Kontrollen – könnte mehr Müll zurückholen. Für die Fischerei wären Anreize zur Rückgabe alter Netze und ein Pfandsystem für teure Seile sinnvoll. Technisch können GPS-markierte Fundstellen und regelmäßige Reinigungsrouten helfen, Hotspots zu bearbeiten.

Langfristig braucht es politische Schritte: strengere Kontrollen nach MARPOL-Regelungen, Fördergelder für Neustartprogramme, die Fischerkooperativen für Bergungen bezahlen, sowie Bildungsprogramme in Schulen und Tourismuszentren. Geld für ehrenamtliche Diver-Teams und koordinierte Nachtpatrouillen würde die schnelle Reaktion auf Öl- oder Netzunfälle verbessern.

Kleine Dinge, große Wirkung

Im Alltag auf Mallorca lässt sich viel tun: Müll nicht nur am Strand, sondern auch am Boot sammeln; verlorene Angelschnur sofort melden; Hotels und Vermieter für Mehrweg-Alternativen statt Einweg sensibilisieren. Es sind oft die kleinen Routinen, die sich summieren. Wer schon einmal den salzigen Geruch an einer aufgeräumten Cala geschnuppert hat, weiß: Das Meer bedankt sich nicht mit Worten, aber mit klarerem Wasser und mehr Fisch.

Fazit

Die Bilanz des Juli ist ernst. Fast 6,5 Tonnen Müll sind kein rein statistisches Problem, sondern ein direkter Spiegel unseres Alltags. Und doch zeigt der Sommerputz auch Positives: Menschen, die zupacken, schnelle Rettungen von Schildkröten, und eine wachsende Sensibilität in Häfen und Gemeinden. Die Herausforderung ist klar: Wir brauchen bessere Infrastruktur, verbindliche Regeln und mehr Verantwortung – von Tourist bis Unternehmer. Sonst bleibt die See vor unseren Stränden eine ständige Müllkippe, egal wie schön der Sonnenaufgang über Palma auch sein mag. Wer räumt das Meer auf?

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