Mehrfachjobs auf den Inseln: Eine Alltagserfahrung wird zur Statistik
\nWer morgens in Palma an der Plaça Major einen Kaffee holt oder abends in Cala Major Kellner:innen trifft, hört oft dieselbe Geschichte: Ein Zweitjob muss her. Eine aktuelle Umfrage eines Personaldienstleisters bestätigt das Gefühl vieler Bewohnerinnen und Bewohner – auf den Balearen haben deutlich mehr Menschen als im Landesdurchschnitt schon mehrere Beschäftigungsverhältnisse gehabt.
\nWorin unterscheiden sich die Inseln vom Festland?
\nWährend in Spanien insgesamt rund 58 % der Beschäftigten angeben, schon einmal parallel gearbeitet zu haben, liegt der Anteil auf den Balearen viel höher: etwa 84 %. Das überrascht (oder wundert) nicht, wenn man den Tagesablauf hier kennt: Tourismus, Saisonarbeit und hohe Mieten drücken auf die Haushaltskasse.
\nIch treffe das immer wieder: Eine Spanischlehrerin in Portixol, die vormittags unterrichtet und nachmittags für ein Restaurant aushilft; ein Bauarbeiter, der im Winter als Lieferfahrer arbeitet. Nicht aus Spaß, sondern weil die Zahlen am Monatsende stimmen müssen.
\nWarum nehmen so viele den Umweg über Nebenjobs?
\nDie Gründe sind meistens pragmatisch. Lebenshaltungskosten steigen – Miete, Lebensmittel, Strom. Dann kommt die Saisonalität: Im Sommer ist viel los, im Winter schrumpft das Angebot. Manche haben feste Stellen mit wenigen Stunden, andere kombinieren Mini-Jobs, Plattformarbeit und gelegentliche Einsätze in der Hotellerie.
\nFür viele ist ein Nebenjob mehr als ein Plus auf dem Konto: Er gleicht unregelmäßige Einnahmen aus und schafft Puffer. Für andere ist es ein Dauerzustand, der auf Dauer belastet – besonders, wenn Schichtpläne kollidieren und Freizeit knapp wird.
\nWas bedeutet das für die Inselgesellschaft?
\nMehrere Jobs bedeuten nicht automatisch mehr Sicherheit. Es kann auch auf prekäre Beschäftigung hindeuten: geringere Sozialabgaben, unsichere Verträge, weniger Freizeit. Die lokale Wirtschaft profitiert kurzfristig durch mehr verfügbare Arbeitskräfte, die langfristigen Effekte sind aber ambivalent.
\nDie Politik und Arbeitgeber stehen hier vor der Aufgabe, Arbeitsbedingungen zu stabilisieren: bessere Stundenpläne, fairere Löhne und bezahlbarer Wohnraum. Ohne solche Maßnahmen bleibt für viele Menschen der zweite oder dritte Job die Regel statt die Ausnahme.
\nWenn Sie demnächst im Supermarkt an der Avenida Jaume III Schlange stehen und die Kassiererin freundlich lächelt, denken Sie daran: Vielleicht hat sie heute schon zweimal gearbeitet. Und ja, das ist irgendwie normal geworden – aber dass es normal ist, heißt nicht, dass es unproblematisch ist.
\nKurzfazit: Auf den Balearen arbeiten deutlich mehr Menschen parallel als im Rest Spaniens. Die Treiber sind bekannt: steigende Kosten, saisonale Schwankungen und ein Arbeitsmarkt, der flexible Lösungen verlangt. Ob das langfristig gutgeht, hängt von politischen Entscheidungen und der wirtschaftlichen Entwicklung ab.