Besetzte Immobilien auf den Balearen: Was Käufer und Nachbarn wissen müssen

Fast 500 besetzte Häuser zum Verkauf: Ein Problem für Käufer, Nachbarn und die Insel

👁 3200✍️ Autor: Ricardo Ortega Pujol🎨 Karikatur: Esteban Nic

Knapp 500 auf den Balearen besetzte Wohnungen und Häuser stehen gleichzeitig zum Verkauf. Was Käufer, Nachbarn und die Insel daraus lernen müssen — und welche Lösungen möglich sind.

Fast 500 Angebote, bei denen mehr drinsteckt als Fotos und Preis

Knapp 500 Immobilien auf den Balearen sind derzeit als zum Verkauf stehend gelistet — obwohl dort Menschen wohnen. Auf den ersten Blick klingt 1,5 Prozent aller Inserate harmlos. Wenn man aber durch Palmas Gassen spaziert, den Duft von frisch gebrühtem Café an der Plaça und das Surren der Motorroller hört, merkt man: Das Problem ist real und lokal sehr spürbar.

Wie aus Schulden, Erbe und Nachlässigkeit Okkupationen werden

Häufig ist es ein Gemisch aus offenen Rechnungen, komplizierten Erbverhältnissen oder einem Eigentümer, der lieber verkauft als sich um ein Mietverhältnis zu kümmern. Makler berichten von Inseraten, in denen bei der Besichtigung noch Gardinen hängen, Kisten im Flur stehen oder Schlüssel im Nachbarhaus deponiert sind. Ich war an einem Donnerstagvormittag in der Altstadt unterwegs und traf einen Vermittler, der trocken meinte: "Man sieht es den Inseraten nicht an, bis man anruft."

Ein Inselphänomen mit regionalen Unterschieden

Regional schwankt die Lage. Auf dem spanischen Festland sind manche Städte deutlich stärker betroffen; auf den Balearen sind es vor allem Palma und dichter besiedelte Viertel, in denen knapp 2,5 Prozent der Inserate besetzte Objekte betreffen. In Straßen wie der Carrer Sant Miquel oder rund um die Plaça Major begegnet man solchen Fällen öfter — und das bleibt nicht ohne Folgen für die Nachbarschaft.

Das fühlt der Nachbar zuerst

Nachbarn berichten von weniger Sauberkeit in Hinterhöfen, häufigerem Lärm nachts und einem diffusen Gefühl der Unsicherheit — nicht nur wegen einzelner Bewohner, sondern weil rechtliche Grauzonen entstehen. Ein älterer Mann am Passeig Marítim sagte lachend und mit einem Hauch Ironie: "Besser erst Kaffee trinken und schauen, als auf Überraschungen reinzufallen." Ein Satz, der auf viele Besichtigungen passt.

Welche Risiken Käufer unterschätzen

Für Käufer beginnt ein Dschungel aus Formalitäten: vermietete Wohnungen, Pachtverträge oder Besetzungen ohne offiziellen Mietvertrag. Eine Räumungsklage kann Monate bis Jahre dauern, mit zusätzlichen Anwaltskosten und Unsicherheit über den tatsächlichen Besitzstand. Empfohlen wird: Notare und Anwälte früh einbinden, Grundbuchauszüge prüfen und nach escritura sowie bestehenden Mietverträgen fragen.

Warum die Statistik nicht alles sagt

Rein statistisch ist der Anteil niedriger als in manchen Festlandstädten. Das trügt jedoch: Ein einzelner Fall in einer belebten Altstadtwohnung hat mehr Auswirkungen auf das Nachbarschaftsbild als zehn leerstehende Fincas auf dem Land. Die Zahlen verbergen also Lokalkolorit — das Sirren der Mopeds, das Glockengebimmel in der Früh, das Plaudern von Nachbarinnen am Fenster.

Was in der öffentlichen Debatte fehlt

Es wird wenig darüber gesprochen, wie Online-Portale, Makler und Kommunen besser zusammenarbeiten können. Inserate, die den Belegungsstatus nicht klar ausweisen, schaffen unnötige Rechtsunsicherheit. Auch die Perspektive der Bewohner, die oft in prekären Situationen stecken, fehlt: Nicht alle Besetzungen sind kriminell; manche sind Ausdruck von Wohnungsnot.

Konkrete Lösungsansätze — pragmatisch und lokal

Mehr Transparenz in Inseraten wäre ein erster Schritt: Pflichtangaben zum Belegungsstatus, vorhandene Mietverträge und Kontaktdaten des Verwahrers könnten eingefordert werden. Plattformen könnten Verifizierungs-Tools einführen, Makler eine Sorgfaltspflicht übernehmen. Auf kommunaler Ebene wären Mediationsstellen sinnvoll, die zwischen Eigentümern, Bewohnern und Käufern vermitteln — statt allein auf Gerichtsverfahren zu setzen.

Städtebauliche Chancen statt nur Probleme

Die Situation eröffnet auch Chancen: Kommunen könnten verlassene oder kompliziert belegte Immobilien gezielt ankaufen und in sozialen Wohnraum oder flexiblere Zwischennutzungen verwandeln. Solche Projekte würden nicht nur Rechtssicherheit schaffen, sondern dem Stadtbild guttun — Plätze könnten wieder lebendiger, Straßen sicherer werden.

Praktische Tipps für Kaufinteressenten

Wer auf den Balearen eine Immobilie sucht, sollte misstrauisch bei sehr günstigen Angeboten werden. Termine vormittags geben oft ein realistisches Bild, weil Bewohner eher zuhause sind. Lassen Sie sich Grundbuchauszug, Escritura und gegebenenfalls Padrón-Bescheinigungen zeigen. Und: Setzen Sie auf eine Anwaltsprüfung vor Abschluss — das spart später Nerven und Geld.

Fazit: Kein Grund zur Panik, wohl aber zum Handeln

Fast 500 besetzte Verkaufsobjekte sind kein Alarmzeichen für die ganze Insel, wohl aber ein Indiz dafür, dass wir an einigen Stellen transparenter und pragmatischer werden müssen. Für Käufer heißt das: sorgfältig prüfen. Für Nachbarn: wachsam sein und kommunizieren. Für die Politik und die Immobilienbranche: klare Regeln, mehr Mediationsangebote und mutige Modelle für soziale Nutzung könnten langfristig die beste Antwort sein.

Wenn Sie das nächste Mal durch Santa Catalina schlendern, hören Sie vielleicht das Klappern von Besteck aus einer Bar, sehen jemanden auf dem Balkon rauchen und denken: Hinter jeder Fassade steckt eine Geschichte — und häufig ein Stück Arbeit, bis daraus ein rechtssicherer Verkauf wird.

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