Zwischen Kohle und Morgenkaffee: Ein Schmied, seine Finca und das Eisen
Ich war an einem windigen Vormittag dort, gegen 9 Uhr, als die Luft noch nach nassem Stein roch. Die Finca liegt unscheinbar irgendwo zwischen Lloret de Vistalegre und Pina. Kein Hinweisschild, nur eine Staubspur, die auf den Hof führt. Drinnen: ein Ofen, ein Amboss und ein Mann mit rußigen Händen, der genau weiß, wie man Metall zum Sprechen bringt.
Antonio hat seine Wurzeln in Zaragoza, sagt er, als wäre das irgendeine entfernte Episode. Mit 18 verließ er die Stadt, suchte Arbeit in Werkstätten – Schweißgerät, Treppen, Routine. Irgendwann merkte er, dass ihn das nicht ausfüllte. Also hat er gelernt, selbst zu formen: hitze, Rhythmus, Geduld. Seit 2008 hat er seine Kreise auf Mallorca gezogen; die Finca wurde sein Büro, Atelier und manchmal auch Bühne.
Kein Showroom, sondern ehrliche Handarbeit
Das Geräusch in seiner Werkstatt lässt sich schlecht beschreiben: Es zischt, Metall seufzt, Hämmer setzen kleine Geschichten in Gang. Antonio lacht leise, wenn er erzählt, dass ein Auftrag schon mal ein Rhinozeroskopf war. "Schwer wie ein Panzer, aber mit Augen", sagt er, als hätte das Tier eben erst gebrüllt. Seine Kundschaft sind oft Leute mit Häusern außerhalb vom Standard – Ferienfinca, ein kleines Landhaus, eine Tür mit Persönlichkeit. Sie wollen etwas Einzigartiges, keinen Katalogartikel.
„Früher habe ich einfach draufgehauen“, sagt er und zeigt auf einige ältere Arbeiten, die noch Ecken und Kanten haben. Heute ist alles präziser. Ein kleiner Hammerschlag folgt dem nächsten, fast musikalisch. Es wirkt weniger brutal, als man denkt. Es ist Feinarbeit mit einem rauen Anstrich.
Netzwerke ohne Zunftzwang
Sein Netzwerk entstand nicht in einer Zunftstube, sondern online und auf europäischen Treffen. Er fuhr zu Schmiedestreffen, begegnete Menschen, die Funken mehr schätzen als Präsentationen. Man lernt voneinander, tauscht Techniken, trinkt abends vielleicht ein Bier auf dem Hof. Dieses lose internationale Band spürt man in seinen Stücken: eine Mischung aus Tradition und einem eigenen, manchmal schelmischen Humor.
Am Ende sind es die kleinen Details, die bleiben: ein Geländer, das an eine Welle erinnert, eine Pergola mit verstecktem Muster, oder eben ein Tierkopf, der auf einem Anwesen plötzlich über dem Kamin thront. Auf Mallorca, wo Drohnen und Immobilienfotos Alltag sind, hat Antonio etwas Archaisches bewahrt: das Hantieren mit Feuer und Metall, das aus Rohem Form macht.
Wenn er an einem Stück arbeitet, vergisst die Welt draußen die Bits und Pixel. Auf seinem Hof herrschen Funken, Geruch von verbranntem Stahl und die kleine Gewissheit, dass Handwerk niemals komplett aus der Zeit fällt. Und wer weiß — vielleicht steht bald wieder ein ungewöhnlicher Auftrag an. Ein Hausbesitzer ruft an, das Telefon klingelt, Antonio schultert den Hammer und geht zurück an den Amboss.