Der Flughafen Kassel-Calden reduziert den Winterbetrieb drastisch. Für Mallorca-Reisende aus Nordhessen heißt das: längere Anreise, mehr Umsteigen – und eine Diskussion darüber, ob öffentliche Gelder weiter einen weitgehend ruhenden Airport stützen sollen.
Kassel-Calden fährt runter – Winterschlaf statt Mallorca-Verbindungen
Am Morgen des Grau-in-Grau in Palma höre ich oft die Schritte der Lieferanten durch die Passeig-Gassen, das Klackern von Kaffeetassen und die leise Erwartung internationaler Stimmen. In diesem Winter wird eine dieser Stimmen fehlen: die aus Nordhessen. Kassel-Calden plant für die kalte Jahreszeit offenbar keinen regulären Flugplan nach Mallorca. Ein einzelner Sonderflug, vielleicht ein paar Charter — und sonst Ruhe.
Zahlen, die stören
Der Airport in Calden ist für bis zu 700.000 Passagiere gebaut, wurde mit rund 280 Millionen Euro aufgebaut — und brachte 2024 nur knapp 83.000 Reisende. Die Rechnung ist simpel und bitter: Betriebskosten bleiben, auch wenn die Terminals still sind. Betreiberangaben sprechen von etwa 14.000 Euro pro Tag allein für den laufenden Betrieb. Kein Wunder also, dass im aktuellen Winterplan kaum regelmäßige Mallorca-Verbindungen auftauchen.
Neu im Spiel ist die tschechische Gesellschaft Fischer Reisen mit geplanten Flügen zu den Kanaren. Das Problem: Es fehlt bislang eine gültige Betriebsgenehmigung. Ein möglicher Saisonstart erst ab Mitte Februar 2026 wäre eher verspätet als beruhigend.
Warum das für Mallorca relevant ist
Auf den ersten Blick mag die Entscheidung in Nordhessen entfernt wirken. Für Mallorca aber hat jeder Knotenpunkt Bedeutung: Weniger Direktflüge aus Regionen wie Kassel-Calden bedeuten weniger Kurzentschlossene, weniger Wochenendgäste, weniger spontane Buchungen in den ländlichen Fincas im Osten der Insel. Hören Sie morgens am Passeig: Die Kaffeetassen klappern ein bisschen weniger, wenn eine Gruppe deutscher Gäste fehlt.
Für Hotels, Casa-Besitzer und Mietwagenfirmen sind das keine abstrakten Zahlen. Weniger Verbindungen heißt weniger Frequenz an den Ferries, an den Buslinien vom Flughafen nach Palma und in den kleinen Bussen Richtung Tramuntana-Dörfer. Taxifahrer in Alcúdia und Playa de Palma merken das ebenso wie die Frühstückscafés in Santa Catalina.
Was steckt hinter dem Rückzug?
Die Ursachen ließen sich auf drei Punkte herunterbrechen: Nachfrage, Kosten und Struktur. Die Nachfrage aus Nordhessen reicht nicht aus, um einen kompletten Winterfahrplan zu rechtfertigen. Gleichzeitig laufen Fixkosten weiter. Und: Als Mehrheitsgesellschafter sitzen kommunale Träger mit im Boot — das macht Entscheidungen politisch und manchmal langsam.
Ein weiterer Faktor ist die Wettbewerbslandschaft. Größere Drehkreuze und bekannte Ferienflieger ziehen die Passagiere an. Kleinere Airports müssen oft mit Subventionen oder stark saisonalen Konzepten arbeiten, um wirtschaftlich zu bleiben.
Wege aus der Delle – konkrete Chancen
Die Frage lautet nicht nur: Sollen öffentliche Mittel weiter fließen? Sondern: Wie kann Calden anders aufgestellt werden, damit Inseln wie Mallorca nicht leer ausgehen? Einige Ideen, die realistisch wirken:
Saisonal arbeiten: Calden als starke Sommerbasis, im Winter zurückfahren und Personalkosten flexibler gestalten. Viele Flughäfen leben so.
Gezielte Partnerschaften: Kooperationen mit Veranstaltern, Chartergesellschaften und regionalen Tour-Operatoren, die regelmäßige, planbare Frequenzen garantieren.
Diversifizieren: Mehr Fokus auf Fracht, Pilotenausbildung, MRO (Wartung) oder Events in der Halle — das reduziert die Abhängigkeit vom Passagieraufkommen.
Verkehrsverknüpfung: Bessere Bus- und Bahnverbindungen zu großen Drehkreuzen könnten Calden als Regionalgate attraktiv machen, ohne dauerhafte Linien auf eigene Beine stellen zu müssen.
Politik und Verwaltung müssen hier entscheiden, ob sie in einen saisonalen, kosteneffizienten Betrieb investieren oder weiterhin Subventionen für einen Vollbetrieb zahlen, der kaum genutzt wird.
Praktischer Tipp für Reisende
Wer zwischen Dezember und Februar von Nordhessen nach Mallorca will: früh buchen, Alternativen prüfen (Frankfurt, Düsseldorf, Hannover) und Zwischenstops einplanen. Und ja — der Kaffee am kleinen Flughafen ist teuer, aber nicht die einzige Investition, die jetzt überdacht werden muss.
Am Ende ist Kassel-Calden ein klassischer Spiegel regionaler Infrastrukturprobleme: Große Ambitionen, zu geringe Nachfrage und die Frage, wie öffentliche Verantwortung und ökonomische Realität zusammenfinden. Für Mallorca heißt das: Augen auf bei der Anreiseplanung — und vielleicht ein kleiner Platz in der Cafetería mehr für diejenigen, die trotzdem kommen.
Ähnliche Nachrichten

Kontrolle in Palma: 171 Pillen, zwei Festnahmen – wie sicher sind unsere Straßen?
Bei einer Verkehrskontrolle in Palma stellten Beamte der ECOP 171 MDMA‑Pillen, Dosen Tusi, Bargeld und ein Notizbuch sic...

Silvester auf Mallorca 2025: Glamour, Genuss und gemütliche Alternativen
Von Can Bordoy bis Palma Bellver: Wo die Insel ins neue Jahr feiert — Geschenkideen für verschiedene Budgets, lokale Det...

Mallorca 2026: Frühbucher-Boom – Ein Teufelskreis für Insel, Hoteliers und Anwohner?
Tui meldet starke Frühbucherzahlen für 2026, Familien sichern sich Rabatte und Kinderpreise. Warum das kurzfristig gut a...

Esther Schweins liest für den guten Zweck in der Bodega Binivista
Am Samstag um 18 Uhr liest Schauspielerin Esther Schweins in der Bodega Binivista auf Mallorca aus ‚Die Mathematik der N...

Alcúdia: Wer saß wirklich am Steuer? Ein Reality-Check zu Alkohol, Verantwortung und Ermittlungen
Bei dem tödlichen Unfall auf der Ma-3460 am 15. November starb ein 53-jähriger Niederländer. Erst behauptete er, gefahre...
Mehr zum Entdecken
Entdecke weitere interessante Inhalte

Erleben Sie beim SUP und Schnorcheln die besten Strände und Buchten auf Mallorca

Spanischer Kochworkshop in Mallorca

