Kastanien in Palma: Emilio Macanás auf der Plaça del Mercat

Kastanienzauber in Palma: Emilio Macanás und seine winterlichen Töpfe

👁 2174✍️ Autor: Ricardo Ortega Pujol🎨 Karikatur: Esteban Nic

An der Plaça del Mercat füllt sich im Advent die Luft mit dem Duft gerösteter Kastanien. Der 78-jährige Emilio Macanás verkauft dort seit Jahrzehnten Maronen aus Galicien — Deutsche sind nach Einheimischen seine zweitgrößte Kundengruppe.

Kastanienzauber in Palma: Emilio Macanás und seine winterlichen Töpfe

Ein milder Dezembertag, etwa 16 °C und einzelne Wolken: Gerade an solchen Nachmittagen zieht ein vertrauter Duft durch Palmas Altstadt. An der Plaça del Mercat steht ein kleiner Verkaufsstand, daneben ein alter Metalltopf über offenem Feuer. Aus ihm kommen klingelnde, warme Kastanien, die Passantinnen und Passanten anziehen wie kleine magische Anker im Weihnachtsgewimmel.

Der Mann hinter dem Topf heißt Emilio José Macanás. Er ist 78 Jahre alt und verkauft in der Vorweihnachtszeit bereits seit mehr als drei Jahrzehnten geröstete Maronen in Palma. Früher stand er an der Plaza Juan Carlos I, heute ist sein Stammplatz seit 18 Jahren die Plaça del Mercat. Für viele Bewohnerinnen und Bewohner ist das inzwischen ein fester Teil der Adventsroute: Erst ein Blick auf die weihnachtlich geschmückte Altstadt, dann ein Beutel Kastanien als kleine Belohnung.

Die Kastanien, die Emilio veräußert, stammen aus dem Nordwesten Spaniens, aus Galicien. Er raut die Schalen vorher leicht an und röstet die Nüsse im traditionellen Metallkessel über Holzfeuer – eine Zubereitung, die das Aroma intensiviert und die Kastanien außen knusprig, innen saftig macht. Preislich bewegt sich seine Ware im überschaubaren Rahmen: Eine Tüte kostet vier Euro, ein halbes Kilo ist für sieben Euro zu haben.

Touristinnen und Touristen aus Deutschland gehören zu seinen treuesten Kundengruppen: Nach den Einheimischen kaufen sie am zweithäufigsten. Man sieht das an den Gesprächen, am unsicheren Spanisch, an den Fotos, die Menschen mit dem dampfenden Beutel in den Händen machen. Die Mischung aus vertrauten Weihnachtserinnerungen und dem mallorquinischen Stadtbild scheint gut zu passen – für viele Reisende ist es ein Stück Heimat, das sich in warmem Aroma zeigt.

Was solche Stände für Palma bedeuten, ist mehr als nur ein Snack-Angebot: Sie sind Bestandteil eines kleinen Wirtschaftskreislaufs und verankern Traditionen. Ein einzelner Stand bringt Leben in die Straßen, schafft Arbeitsplätze und gibt dem Stadtbild in der kälteren Jahreszeit Textur und Charakter. Die Plaça del Mercat wirkt an solchen Tagen voller: Einkaufende, Marktbesucher, neugierige Kinder mit Handschuhen und ältere Leute, die auf einen kurzen Plausch stehen bleiben.

Es sind auch kleine, stille Rituale, die hier stattfinden. Ein Mann nimmt sich eine Tüte als Geschenk für die Nachbarin, ein Paar teilt sich eine Portion und lacht über verkohlte Reste, ein Junge drückt seine kalten Hände an den Papiersack. Solche Szenen klingen banal, sind aber genau das, was Städte in der Adventszeit lebendig hält: Gerüche, Stimmen, das Knistern des Feuers.

Für Mallorca als Ganzes ist das ein Vorteil: Authentische Angebote ziehen Besucher an, die nicht nur Strandfotos, sondern lokale Erlebnisse suchen. Das hilft kleinen Gewerbetreibenden in einer Zeit, in der viele von saisonalen Schwankungen betroffen sind. Gleichzeitig bleibt eine kulinarische Tradition sichtbar, die anderswo in Spanien seit Langem mit Winter und Festtagen verbunden ist.

Wer noch einen Ausflug plant, findet an der Plaça del Mercat nicht nur Kastanien. Die Umgebung lädt zum Bummeln ein, die Weihnachtsbeleuchtung beginnt langsam zu glimmen, und der Duft aus Emilios Kessel gibt ein einfaches Versprechen: eine warme Handvoll, die für einen Moment Wärme in den Tag bringt. Ein Tipp am Rande: Früh kommen zahlt sich aus – die besten Maronen sind schnell weg, und der Verkäufer wechselt mit dem Tag seine Feuerstellen, je nachdem wie der Wind aus den Gassen steht.

Ausblick

Solche Stände sind kleine kulturelle Leuchttürme. Wer einkauft, unterstützt nicht nur einen einzelnen Verkäufer, sondern trägt dazu bei, dass mallorquinische Vorweihnachtstraditionen lebendig bleiben. Für die Zukunft wäre schön, wenn mehr Menschen bewusst solche Orte ansteuern: weniger Massenkonsum, mehr lokale Momente. Dann bleibt das Knistern im Metalltopf noch lange hörbar.

Und wer einmal steht, die Hände am warmen Papiersack, dem sei geraten: Einfach einen Moment bleiben, die Umgebung beobachten und die Kastanien langsam essen. Das ist Mallorca im Winter – nicht nur Sonne, sondern auch kleine, köstliche Traditionen.

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