Palma: Baustart in Son Güells – 64 Wohnungen, aber reicht das?

Palma: Baustart in Son Güells – 64 Wohnungen, aber reicht das?

👁 2173✍️ Autor: Lucía Ferrer🎨 Karikatur: Esteban Nic

In Palmas neuem Viertel Son Güells hat der Bau von 64 Wohnungen begonnen. Nur 26 sind preisgedämpft — genug, um Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen? Ein Reality-Check mit Alltagsszene, fehlenden Themen und konkreten Vorschlägen.

Klare Leitfrage

Reichen 26 preisgedämpfte Wohnungen von 64 geplanten Einheiten wirklich, um die drängenden Wohnprobleme in Palma zu lindern — oder wird hier wieder Kleines als Lösung für ein großes Problem verkauft?

Kurz zur Sache

Der Bauträger hat mit den Arbeiten an einer privaten Wohnanlage in Son Güells begonnen. Geplant sind 64 Wohnungen mit ein bis vier Schlafzimmern; Penthouse-Einheiten sollen Dachterrassen bekommen, Erdgeschosswohnungen private Gärten. Von den 64 Wohneinheiten werden 38 auf dem freien Markt angeboten, 26 zu gedeckelten Preisen. Die Anlage soll Grünflächen, Gemeinschaftsbereiche und einen Pool haben. Im neuen Stadtteil Son Güells sind zudem rund 3.000 weitere Wohnungen vorgesehen.

Kritische Analyse

Auf dem Papier klingt das nach einem Mix aus freier Vermarktung und Sozialanteil. In der Praxis ist die Rechnung komplizierter. 26 von 64 heißt: weniger als 41 Prozent sind preisgebunden. Wie viele dieser gedeckelten Einheiten tatsächlich für Haushalte mit mittlerem Einkommen erreichbar sind, bleibt offen. Werden sie langfristig dem Mietmarkt dienen oder als Eigentumswohnungen mit Weiterverkaufsoption für Renditeanleger ausgelegt? Und: Wie fügt sich diese einzige Anlage in ein Stadtgefüge, das bald mehrere Tausend neue Einheiten aufnehmen soll?

Was im öffentlichen Diskurs fehlt

Es wird viel über Quadratmeterzahlen und Dachterrassen gesprochen, aber kaum über Infrastruktur: Wo sollen Kinder zur Schule gehen, wenn in Son Güells Hunderte Familien einziehen? Wer bezahlt die Erweiterung von Wasser- und Abwassersystemen, Busverbindungen oder ärztlicher Versorgung? Ebenfalls selten thematisiert: der Einfluss vieler neuer Wohnungen auf den lokalen Mietmarkt und auf die Wohnqualität bestehender Nachbarschaften. Und schließlich: Welche Auflagen gibt es für nachhaltigen Wasserverbrauch, Energieeffizienz und echte Begrünung — oder bleibt das alles schmückendes Beiwerk?

Ein Alltagsszenario aus Palma

Morgens um acht an der Carrer de Son Castelló hört man bereits das Klopfen und die Dieselaggregate, Baukräne zeichnen sich gegen den kalten Dezemberhimmel ab. Lieferwagen rangieren, ein älteres Ehepaar bleibt stehen und schaut, wie Bagger einen Fundamentschnitt machen. „Sie bauen viel, aber für wen?“, sagt die Frau, während ein Schulbus die Plaça passiert. Dieses Bild wiederholt sich inzwischen an mehreren Baustellen rund um Palma: Tempo, sichtbare Bautätigkeit — und die Frage nach dem sozialen Nutzen.

Konkrete Lösungsansätze

1) Prozentsatz erhöhen: Die Stadt sollte bei neuen Großprojekten verbindlich einen höheren Anteil preisgebundener Wohnungen festlegen — nicht 40, sondern eher 50–60 Prozent, abgestuft nach Projektgröße.
2) Langfristige Bindung: Preisgedämpfte Wohnungen müssen für einen langen Zeitraum an Miet- oder Belegungsregelungen gebunden werden, um Spekulation zu verhindern.
3) Infrastrukturabgabe koppeln: Genehmigungen sollten an verbindliche Beiträge zur städtischen Infrastruktur gekoppelt werden (Schulen, Kitas, ÖPNV, Wasser).
4) Soziale Durchmischung fördern: Keine geschlossenen Privatquartiere mit Pool, sondern durchmischte Quartiere mit öffentlich zugänglichen Grünflächen und Angeboten für Nachbarschaftsbildung.
5) Nachhaltigkeit verpflichtend machen: Niedrigenergie-Standards, Regenwassernutzung für Gärten, Solaranlagen auf Penthouses — diese Maßnahmen sind planbar und senken später die Folgekosten.
6) Etappenweise Bebauung: Statt die Fläche sofort zu versiegeln, sollten Projekte gestaffelt gebaut werden, damit Infrastruktur mitwachsen kann.

Warum das wichtig ist

Wohnbau ist mehr als ein Rohbau und ein Stellplatz. Wenn Palma in Son Güells Tausende Wohnungen plant, dürfte jeder Neubau daran gemessen werden, ob er die Stadt lebbar macht oder nur zusätzlichen Druck schafft. Wer jetzt baut, legt die Grundmauern für die nächsten Jahrzehnte — und das betrifft Mieterinnen, Familien, die Nachbarschaft und die Ökologie der Stadt.

Pointiertes Fazit

Der Baustart für 64 Wohnungen in Son Güells ist kein unwichtiges Ereignis, aber auch kein Gamechanger. Ohne höhere Quotenvorgaben, langfristige Bindungen der preisgedämpften Einheiten und klare Vorgaben zur Infrastruktur bleibt vieles Stückwerk. Son Güells könnte ein Modellviertel werden — wenn die Stadt jetzt die Weichen anders stellt. Sonst bleibt der Pool Privatrecht, und die wahren Fragen der Wohnungsversorgung wieder offen.

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