Von Igeln bis Mardern: Ein Beobachtungsprojekt dokumentiert deutlich mehr Wildunfälle auf den Balearen – und die Insel fährt weiter auf stürmischem Kurs.
Mehr tote Tiere am Straßenrand: Warum es in diesem Jahr auffällig viele Unfälle gibt
Ich bin letztes Wochenende die Landstraße Richtung Sineu gefahren und sah wieder einmal eine traurige Szene: ein Igel, klein und zusammengerollt am Seitenstreifen, die Scheinwerfer noch im Rückspiegel. Solche Bilder sind inzwischen Alltag hier – und die Zahlen bestätigen das Gefühl.
Das Observatori d’Atropellaments de Fauna a les Illes Balears (OAFIB), koordiniert von der Universitat de les Illes Balears und dem Biodiversitätszentrum Biodibal, hat für Januar bis September dieses Jahres 1.496 gemeldete Wildunfälle auf den Balearen registriert. Das ist ein spürbarer Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.
Mallorca ist besonders betroffen
Im September wurden insgesamt 171 Fälle gemeldet – und 136 davon passierten auf Mallorca. Ibiza verzeichnete 20, Menorca 14, Formentera einen einzigen Fall. Am häufigsten getroffen: das Stachelschwein (76 Meldungen), der Steinmarder (19) und das Kaninchen (12). Aber das Spektrum ist breit: Über die Jahre hat das Projekt 118 Arten erfasst.
Die Unfallschwerpunkte wirken wenig überraschend: die Schnellstraße in Richtung Manacor, die Strecke Palma–Sa Pobla und die Verbindungswege rund um Sineu. Wer dort abends unterwegs ist, weiß, wie schnell ein Tier unvermittelt die Fahrbahn kreuzen kann.
Mehr Meldungen – mehr Erkenntnis
Ein wichtiger Punkt: Die Forscherinnen und Forscher sagen, ein Teil des Anstiegs kommt daher, dass mehr Menschen Beobachtungen melden. Freiwillige, Spaziergänger, Landwirte und Pendler schicken Hinweise – dadurch wird die Erfassung zuverlässiger. Trotzdem bleibt die Zahl alarmierend.
Seit Beginn der Erfassung 2004 hat das OAFIB rund 5.242 Überfahrungen dokumentiert. Die Zahlen machen deutlich, wie sehr Straßen den Lebensraum vieler Tiere zerschneiden.
Ein Blick über die Grenze
Das Problem ist nicht nur lokal: In Deutschland regulierten Versicherer 2024 rund 276.000 Wildunfälle mit einem Gesamtschaden von über 1,1 Milliarden Euro – rechnerisch etwa 4.100 Euro Schaden pro Fall. Auf Mallorca sind die wirtschaftlichen Schäden meist kleiner, doch für die Artenvielfalt sind die Folgen real.
Was hilft? Mehr Aufmerksamkeit beim Fahren, vor allem in der Dämmerung und bei Nebel. Wer etwas sieht: melden. Und langfristig braucht es Maßnahmen wie bessere Beschilderung, Tempoanpassungen an bekannten Gefahrenstellen oder Über- und Unterführungen für die Tierwelt – ja, das kostet, aber es rettet Leben.
Ich werde beim nächsten Mal langsamer fahren, wenn die Landstraße bei Sineu eng wird. Und falls Sie etwas am Straßenrand entdecken: melden Sie es an OAFIB. Kleiner Aufwand, große Wirkung – zumindest für das nächste Tier, das noch über die Straße muss.
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