Zu viele tote Tiere am Straßenrand auf Mallorca – Was jetzt getan werden muss

Zu viele tote Tiere am Straßenrand: Warum Mallorcas Straßen zur Todesfalle werden

👁 3789✍️ Autor: Ana Sánchez🎨 Karikatur: Esteban Nic

Die Zahl der Wildunfälle auf den Balearen steigt – besonders Mallorca ist betroffen. Warum passieren so viele Überfahrungen, und was wird übersehen?

Zu viele tote Tiere am Straßenrand: Warum Mallorcas Straßen zur Todesfalle werden

Letztes Wochenende, die Landstraße Richtung Sineu, die Zikaden kreischen, ein Traktor tuckert in der Ferne, und auf dem Seitenstreifen liegt wieder ein kleines, zusammengerolltes Wesen — die Scheinwerfer noch im Rückspiegel. Solche Szenen sind kein Einzelfall mehr, sie gehören zum Geräuschbild unserer Insel. Aber sind es wirklich mehr Unfälle – oder sehen wir nur besser hin?

Die Zahlen hinter dem Gefühl

Das Observatori d’Atropellaments de Fauna a les Illes Balears (OAFIB) hat für Januar bis September 2025 1.496 gemeldete Wildunfälle auf den Balearen registriert. Seit Beginn der Erfassung 2004 sind es insgesamt rund 5.242 dokumentierte Überfahrungen. Auffällig: Im September dieses Jahres wurden 171 Fälle gemeldet, davon 136 auf Mallorca. Besonders betroffen sind einige vertraute Verdächtige: das Stachelschwein mit 76 Meldungen, der Steinmarder (19) und das Kaninchen (12). Insgesamt hat das Projekt über die Jahre 118 Arten erfasst.

Warum mehr – Verkehr, Tiere oder Meldungen?

Das ist die zentrale Frage: Liegt der Anstieg an mehr Verkehr und Tempo, an veränderten Beständen in der Natur, an Licht- und Geräuschkulisse, oder daran, dass Menschen inzwischen häufiger Meldungen machen? Die Wahrheit ist: vermutlich alles zusammen. In den Abendstunden, wenn die Hitze nachlässt und die Straßen leerer wirken, sind Tiere aktiv. Wer zu schnell fährt, hat kaum Reaktionszeit. Dazu kommt, dass immer mehr Stammstrecken — etwa die Schnellstraße Richtung Manacor, die Verbindung Palma–Sa Pobla oder die Nebenwege rund um Sineu — zu regelrechten Unfallschwerpunkten geworden sind.

Was in der öffentlichen Debatte zu kurz kommt

Ein Aspekt, der selten genannt wird, ist die Zerschneidung von Lebensräumen. Straßen sind nicht nur Hindernis, sie teilen Reviere, zerstören Wanderkorridore und sorgen dafür, dass Tiere riskante Querungen eingehen. Ein anderer, weniger sichtbarer Punkt: die Nachmelde- und Entferneroutine. Wenn Kadaver schnell geräumt werden, sinkt die Sichtbarkeit eines Problems — das kann dazu führen, dass Bereiche weniger überwacht werden und Daten fehlen. Außerdem verändern invasive Arten und neue Futterquellen in Siedlungsnähe das Verhalten heimischer Tiere; manche Arten verlagern ihre Bewegungsmuster näher an Straßen.

Mehr Meldungen bringen Erkenntnis, aber nicht automatisch Schutz

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen, dass ein Teil des Anstiegs darin besteht, dass mehr Menschen Beobachtungen melden: Spaziergänger, Landwirte, Pendler und freiwillige Helfer schicken Fotos und genaue Fundorte. Das ist gut — es macht das Problem sichtbar. Aber Sichtbarkeit allein reicht nicht. Daten müssen in konkrete Maßnahmen übersetzt werden: wo sollen Schilder stehen, wo Tempo reduziert werden, wo sind Wildtierüberführungen sinnvoll?

Konkrete Schritte — was jetzt helfen würde

Kurzfristig: mehr lokale Warnschilder in den Abendstunden, temporäre Temporeduktionen an bekannten Gefahrenstellen und Sensibilisierungskampagnen besonders vor Dämmerung und Nebel. Mittelfristig braucht es Investitionen in ökologische Querungen und bessere Straßengestaltung: Grünbrücken, Unterführungen, Leitplanken mit Durchlässen für Kleintiere. Nicht alles ist teuer: eine gezielte Entwässerung, Büsche entlang bestimmter Abschnitte oder reflektierende Markierungen können Tiere vom Asphalt fernhalten.

Wer ist gefragt?

Die Verantwortung liegt nicht nur bei Fahrerinnen und Fahrern, auch Behörden, Landbesitzer und Gemeinden sind gefordert. Auf Mallorca, wo Nachbarfincas, Hirten und Wochenendfahrten das Bild prägen, braucht es abgestimmte lokale Lösungen. Und Sie, liebe Leserin, lieber Leser: melden Sie Sichtungen an OAFIB. Ein Foto, ein Ort — kleiner Aufwand, große Wirkung für die nächste Nachtfahrt.

Ich werde beim nächsten Mal langsamer fahren, wenn die Landstraße bei Sineu eng wird. Vielleicht hören Sie dann das Zirpen der Zikaden und sehen statt eines Kadavers ein Tier sicher am Feldrand verschwinden. Es ist möglich — wenn wir anfangen, nicht nur zu zählen, sondern zu handeln.

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