Langzeitwohnungen werden knapp, viele Vermieter setzen auf elfmonatige „Alquiler de temporada“. Wer auf Mallorca leben will, stößt oft auf einen Markt, der kurzzeitiges Vermieten belohnt.
Warum die Langzeitmiete auf Mallorca schwindet — und was dagegen helfen könnte
Leitfrage: Warum wandern immer mehr Mietwohnungen auf Mallorca in die Kurzzeitnische, und wer zahlt den Preis dafür? Diese Frage beschäftigt Mieter, Nachbarn und kleine Geschäftsleute in Städten wie Palma, aber auch Familien in den Vororten.
Auf einen Blick: Eine Suche nach Wohnungen bis 1.000 Euro auf dem großen Immobilienportal zeigte Anfang Dezember 123 Inserate auf ganz Mallorca. Setzt man den Filter für echte Langzeitmieten, bleiben 74 übrig. Im gesamten Stadtgebiet von Palma waren zuletzt rund 797 Immobilien als dauerhafter Wohnsitz gelistet — allerdings nur 59 davon im Segment bis 1.200 Euro. Das ist kein Mathematikproblem, das ist Alltag: Wenige bezahlbare Angebote, viele Kurzzeitanzeigen mit dem Schlagwort „alquiler de temporada“ — oft auch von Eigentümern aus Deutschland.
Kritische Analyse: Warum das Angebot schrumpft
Gründe gibt es mehrere, die sich gegenseitig verstärken. Erstens: Kurzzeitvermietung bringt meist deutlich mehr Einahmen pro Jahr als ein klassischer Jahresvertrag. Zweitens: Eigentümer, die nicht auf Mallorca wohnen, fühlen sich mit elfmonatigen Verträgen flexibler — sie binden sich nicht an einen langfristigen Mieter und können die Wohnung leichter wieder für Touristensaisons oder Verkaufsvorhaben nutzen. Drittens: Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen spielen mit; für manche ist die 11‑Monate-Regel praktisch und wirtschaftlich reizvoll.
Ein weiterer Nerv: Die Verteilung der Maklerkosten. Makler berechnen bei kurzfristigen Verträgen oft die Courtage an den Mieter — ein Punkt, den mehrere Vermittler auf der Insel bestätigt haben. Eine Maklerin aus El Terreno hat vorgeschlagen, die Courtage 50/50 zwischen Vermieter und Mieter aufzuteilen, um Konflikte zu vermeiden und Neutralität der Vermittler zu stärken.
Was im öffentlichen Diskurs oft fehlt
Man redet viel über Zahlen und Portale, aber zu selten über Lebensrealitäten: Familien, die ihre Kinder in Palmer Schulen anmelden wollen, Seniorinnen, die in der Nähe von Ärztinnen bleiben müssen, Handwerker und Beschäftigte im Tourismussektor, die nicht jede Saison umziehen können. Ebenfalls unterbeleuchtet: die Rolle der Gemeinden. Manche Orte kontrollieren Kurzzeitvermietungen intensiver, andere kaum. Flächendeckende, transparente Daten fehlen — ohne sie ist Politikgestaltung Stückwerk.
Eine Szene aus Palma
Auf dem Passeig Mallorca, morgens; Lieferwagen parken, eine Barbesitzerin schiebt Kisten in ihr Lokal, ein älteres Paar sucht in einer Schaufensterscheibe nach Mietangeboten. Die Anzeigen sind oft Jahresmieten, doch beim Anruf heißt es: „Elf Monate, dann kommt wieder Saison.“ Die Verzweiflung ist hörbar: Für viele bedeutet das, im Winter das Sofa bei Freundinnen oder in einer überteuerten WG unterzukommen.
Konkrete Lösungsansätze
Die Lage ist nicht hoffnungslos. Folgende Maßnahmen wären pragmatisch und realistisch umsetzbar:
1. Pflicht-Register für alle Vermietungen: Ein öffentliches, leicht zugängliches Register würde zeigen, wie viele Einheiten langfristig fehlen und welche Wohnungen immer wieder als Kurzzeitobjekte auftreten.
2. Finanzielle Anreize für Langzeitvermietung: Steuerliche Vergünstigungen oder reduzierte kommunale Abgaben für Eigentümer, die nachweislich mindestens ein Jahr und länger vermieten.
3. Faire Maklerregelung: Die 50/50-Regelung bei Maklercourtage könnte verbindlich gemacht oder zumindest empfohlen werden; das schützt Mieter und schafft Klarheit.
4. Kommunale Pilotprojekte: Städte wie Palma könnten Modellquartiere definieren, wo ein Teil der leerstehenden Wohnungen temporär zu Sozialmieten vermittelt wird — über Kooperationen mit Wohnprojekten oder Genossenschaften.
5. Transparenzpflicht auf Plattformen: Portale sollten klar kennzeichnen, ob eine Anzeige eine Meldeadresse erlaubt oder nur eine saisonale Nutzung. Das schützt Suchende vor überraschenden Absagen beim Anmelden als Hauptwohnsitz.
Warum diese Schritte Sinn machen
Langfristiger Impuls: Wenn Bewohner bleiben können, stärken sie Nachbarschaften, investieren in lokale Geschäfte, schicken Kinder in die Schulen vor Ort — und die Insel verliert nicht ihre Alltagstauglichkeit. Kurzfristiger Profit kann langfristig das soziale Gefüge und die wirtschaftliche Basis schwächen. Die Herausforderung ist also nicht nur ökonomisch, sondern kulturell.
Fazit: Die Ausdünnung der Langzeitmieten ist kein Naturereignis. Sie ist Ergebnis von Entscheidungen — von Eigentümern, Plattformen, Maklern und auch Kommunen. Wer auf Mallorca leben möchte, braucht mehr als Hinweise auf Portale; es braucht Regeln, Transparenz und gezielte Anreize, damit die Insel wieder mehr Platz für die Menschen bietet, die hier arbeiten und bleiben wollen. Wenn Palma und andere Gemeinden jetzt handeln, lässt sich der Trend stoppen. Wenn nicht, werden wir in ein paar Jahren noch öfter die Worte „Elf Monate“ hören — und noch seltener das Wort „Zuhause“.
Für Dich gelesen, recherchiert und neu interpretiert: Quelle
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