Anwohner am Paseo Marítimo klagen über nächtlichen Alkoholverkauf, Lärm und Müll trotz Sperrstunde. Fragmentierte Zuständigkeiten, fehlende Kontrollen und das Risiko für Minderjährige sorgen für Wut — und konkrete Forderungen nach schnelleren, koordinierten Maßnahmen.
Wenn die Bänke zur Bar werden: Nachts am Paseo Marítimo
Die Frage, die sich viele Anwohner in Palma inzwischen stellen, lautet schlicht: Wer soll hier eigentlich durchgreifen? Seit den letzten warmen Abenden hat sich der Paseo Marítimo wieder verändert. Nicht nur Spaziergänger und nächtliche Pärchen flanieren an der Wasserlinie — auf den Promenadenbänken sitzen Gruppen mit lauter Musik, Kartons und Bier- oder Flaschenrückständen. Offiziell gilt: Kein Verkauf von To-Go-Alkohol nach 22 Uhr. In der Realität aber gibt es laut Beschwerden Kassenbons mit Uhrzeiten wie 23:05 oder 23:40 — greifbare Belege, die Anwohner nun sammeln.
Vom Kassenbon zum Protest: Anwohner handeln
„Wir sind es leid, aufzuräumen“, sagt María Santos, die einen kleinen Bewohnerverein an der Ecke Av. Argentina leitet. Auf ihrer Liste stehen nicht nur Zeiten und Ladenadressen, sondern auch Fotos von liegen gelassenen Flaschen, Pizzakartons und Feuchttüchern. Die Idee, selbst Kassenbons zu sammeln, wirkt pragmatisch: Wenn die Verwaltung nicht reagiert, sollen Dokumente Druck erzeugen. In den Straßen rund um Calle Portixol berichten Nachbarn von nächtlichen Käufen, von Jugendlichen mit Energydrink-Mischungen und vom ständigen Geruch nach Alkohol in der warmen Meeresluft.
Strukturproblem: Wem gehört die Promenade?
Ein Kernproblem ist weniger der Alkohol an sich als die Zersplitterung der Verantwortlichkeit. Teile des Ufers gehören der Hafenbehörde, andere der Gemeinde. Ergebnis: Es gibt Lücken in der Durchsetzung, und Kontrollen werden oft als „nicht unser Bereich“ abgehakt. Geschäftsbetreiber wiederum argumentieren, sie hätten vor 22 Uhr verkauft — manchmal mag das stimmen, doch die wiederholten Missachtungen der Sperrstunde werfen Fragen auf: Fehlt es an klaren Strafen? An Personal? Oder an der Abstimmung zwischen Hafenpolizei, städtischer Polizei und Ordnungsamt?
Was oft übersehen wird
In der öffentlichen Debatte fehlen mehrere Aspekte: Erstens die ökonomische Logik mancher Läden, die mit späten Verkäufen Verbraucher anziehen. Zweitens die sozialen Folgen für Anwohner — Schlafverlust, Angst vor Eskalationen, längerfristige Verdrängung von ruhigen Nachtern. Drittens die Gesundheitsrisiken: Mischgetränke mit Energydrinks, Alkoholkonsum bei Minderjährigen und erste Anzeichen dafür, dass nächtliche Gruppen häufiger in Konflikte geraten. Und schließlich die rein physische Folge: weniger Sauberkeit, geruchsbelastete Bänke und beschädigte Sitzflächen nach manchen Nächten.
Konkrete Forderungen aus der Nachbarschaft
Die Liste der Bewohner ist überraschend pragmatisch: regelmäßige Kontrollen nach 22 Uhr, ein verbindlicher Tausch zwischen Hafen- und Stadtpolizei, klare Sanktionen bis zur temporären Schließung von Wiederholungstätern und sichtbare Schilder, die die Sperrstunde unmissverständlich erklären. Einige schlagen Abendpatrouillen von Freiwilligen vor — nicht als Ersatz für die Polizei, sondern als Beobachter, die Vorkommnisse protokollieren. Solche Bürgerinitiativen können Druck erzeugen, doch Rechtsexperten warnen: Die Freiwilligen dürfen nicht selbst einschreiten.
Wie eine Lösung aussehen könnte
Statt einzelner Härtefälle wäre ein koordiniertes Maßnahmenpaket sinnvoll: temporäre Verstärkung der Kontrollen in den Sommermonaten, klare Regeln in den Ladenlizenzen (z. B. automatische Abschaltung von Verkaufskassen nach 22 Uhr), verpflichtende Schulungen für Verkäufer zum Jugendschutz, mehr Mülleimer und nächtliche Reinigungsfahrten sowie ein verbindliches Memorandum zwischen Hafenbehörde und Gemeinde. Auch digitale Hilfsmittel helfen: eine Hotline für dokumentierte Verstöße, ein Online-Formular zum Hochladen von Kassenbons und eine Karte mit Problemzonen.
Zwischen Alltag und Politik
Gestern Abend, gegen 23:15 Uhr, flackerte eine Straßenlaterne, ein Hund bellte in den Innenhöfen, und auf einer Bank saßen drei Leute mit Bierdosen. Niemand war aggressiv, das Meer rauschte leise — und doch reichte der Müll, um den Ärger zu erklären. Die Botschaft der Anwohner ist klar: Es geht nicht um Verbote an sich, sondern um Durchsetzung und Verantwortung. Wenn der Paseo Marítimo ein Ort bleiben soll, an dem Anwohner und Gäste sich wohlfühlen, braucht es mehr als Appelle. Es braucht klare Regeln, abgestufte Sanktionen und – überraschend wichtig – Absprachen, die über Zuständigkeitsgrenzen hinweg funktionieren.
Das greifbare Argument der Kassenbons zeigt: Die Anwohner sind bereit, Arbeit zu investieren. Die Frage an die Behörden bleibt: Sind sie bereit, endlich genauso konsequent zu handeln?
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