Paseo Marítimo: Schöner Schein, rauer Alltag
Am frühen Morgen, wenn die Lieferwagen noch rollen und die Möwen schreien, sieht der Paseo Marítimo fast so aus, wie ihn sich die Stadtplaner vorgestellt haben: neue Platten, Bänke und Lampen. Zwei Stunden später liegt an manchen Stellen leere Bierdosen, Papierschnipsel und der Geruch von Urin in der Luft. Wer hier wohnt, gewöhnt sich an so etwas nicht. Ich habe mit mehreren Anwohnern gesprochen — und die Stimmung ist gereizt.
Keine idyllische Uferpromenade mehr
Die Kritik reicht von nächtlicher Ruhestörung bis zu fehlender Sauberkeit. Bewohner an der Avenida Gabriel Roca erzählen von Partygästen, die sich nach Mitternacht auf Bänken und Treppen ausbreiten, von wildem Urinieren in Hauseingängen und von Möbeln sowie Glasflaschen, die am nächsten Morgen auf dem Gehweg liegen. Ein Nachbar sagte mir am Telefon: „Man kann sein Fenster kaum offenlassen.“
Die Anwohnervereinigung spricht von einem kontinuierlich wachsenden Ärgernis. Hoteliers und Ladenbesitzer entlang der Promenade bemängeln ebenfalls, dass die Lage Besucher abschreckt und nicht dem entspricht, was in Reiseforen versprochen werde.
Sanierung für 40 Millionen — wo bleibt die Wirkung?
Erst kürzlich wurde das umfangreiche Umgestaltungsprojekt abgeschlossen. Rund 40 Millionen Euro sollen in den Bereich geflossen sein, mit dem Ziel, die Hafenfront aufzuwerten. Doch die Investitionen scheinen nicht alle Probleme zu lösen: Es fehlen offenbar klare Regeln, Durchsetzung und gegebenenfalls zusätzliche öffentliche Toiletten. Für viele Bewohner ist die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit frustrierend.
Anwohner fordern mehr Präsenz von Ordnungskräften, regelmäßige Reinigung und strengere Kontrollen für Betriebe, die nach Meinung der Nachbarn zu lax agierten. Einige schlagen außerdem vor, bestimmte Bereiche nachts stärker zu beleuchten oder temporär abzusperren, um wilde Trinkgelage einzudämmen.
Stimmen aus dem Viertel
„Wir lieben die Promenade, aber so kann das nicht bleiben“, sagt eine Frau, die seit acht Jahren hier lebt. Ein Cafetier an der Ecke zur Marina ergänzt: „Wenn ein paar Gruppen jede Nacht alles hinterlassen, bleibt ein schlechter Eindruck – auch für zahlende Gäste.“
Gleichzeitig gibt es auch Stimmen, die davor warnen, zu sehr zu pauschalisieren. Einige junge Restaurantbetreiber betonen, dass viele Besucher respektvoll seien und dass das Problem eher von wenigen Gruppen ausgehe.
Was jetzt passieren müsste
Kurzfristig wünschen sich Anwohner häufigerere Reinigungsfahrten und eine bessere Vernetzung zwischen Polizei, Stadtverwaltung und Geschäftsleuten. Langfristig reden viele über ein Nutzungskonzept, das natives Wohnen, Gastronomie und Tourismus besser zusammendenkt — ohne die eine Seite zu opfern.
Ob die Stadt reagieren wird, bleibt abzuwarten. Die Erwartungshaltung ist jedenfalls hoch: Wer Millionen investiert, darf sich nicht mit halbwegs sauberen Plätzen begnügen. Für die Menschen, die hier leben, geht es um Alltag und Lebensqualität, nicht um Postkartenmotive.
Fazit: Wer den Paseo Marítimo liebt, ist enttäuscht. Die schönen Investitionsbilanz-Tabellen helfen wenig, wenn abends die Sorgen der Anwohner schwerer wiegen als die neuen Laternen.