Morgen früh: Das Lichtspiel in Palmas Kathedrale – ein stilles Naturwunder

Ein kleines Naturwunder mitten in Palma

Wenn die Stadt noch in halbem Schlaf liegt und das Rattern der ersten Busse leise über den Passeig de Mallorca zieht, dann lohnt es sich, den Wecker ein paar Minuten früher zu stellen. Morgen früh, an einem der seltenen Termine im Jahr, zeigt die Kathedrale von Palma ein Lichtspiel, das immer wieder Besucher und Einheimische in Staunen versetzt: das Rosenfenster wirft ein schimmerndes Muster an die Innenwand – eine Acht, die aus hunderttausend Lichtfunken zu bestehen scheint.

Wie entsteht das Phänomen?

Kein Bühnenlicht, kein Showeffekt. Es ist schlicht Mathematik und Mallorcas Sonne. Bei exakt passendem Sonnenstand fällt das Licht durch das große Rosettenfenster der Catedral de Mallorca, bricht sich in den bunten Glasstücken und sammelt sich auf der gegenüberliegenden Steinfläche. Mehr als tausend Scheiben bilden das Fenster und spielen miteinander – Farben, Winkel und Architektur machen aus dem einfachen Sonnenstrahl ein kurzlebiges Kunstwerk.

Das Ergebnis sieht aus wie eine liegende Acht. Langjährige Beobachter sagen, dass die Form und die Intensität von Jahr zu Jahr leicht variieren – je nachdem, wie klar die Luft ist, wie schräg die Strahlen fallen und ob ein Windstoß etwas Staub in die Luft hebt. Es ist ein Morgenbild, das eher leise wirkt als pompös.

Praktische Tipps für Frühaufsteher

Die Kathedrale öffnet morgen ausnahmsweise früh; der Eintritt ist kostenlos. Wenn ihr freie Sicht wollt, kommt mindestens 20–30 Minuten vor dem angekündigten Zeitpunkt. Auf der Plaça de la Seu steht morgens manchmal schon eine kleine Schlange von Leuten mit Thermoskanne oder mit frisch gemahlenem Espresso in der Hand. Die Wache ist gründlich: Die Zugänge sind begrenzt, und wer zu spät kommt, schaut durch die Kirchenschwellen nur noch ins Dunkel.

Ein paar handfeste Hinweise: Zieht euch warm an – innen ist es kühl, die Steine speichern die Nacht. Wer zu Fuß kommt, genießt einen ruhigen Weg durch die Altstadt, vorbei an Lieferanten, die früh ihre Waren anliefern, und an Cafés, deren Kaffeeduft langsam die Calle reiht. Die EMT-Busse halten in Laufnähe; für Radfahrer ist die Gegend durch die engen Gassen etwas tricky, aber machbar.

Fotografieren ist möglich, aber bitte respektvoll: Viele Besucher erleben den Moment als stille Andacht. Kein lautstarkes Posieren, kein Fluten der Reihe mit Smartphones. Wer ein Stativ mitbringt, sollte es diskret einsetzen oder vorher nachfragen.

Warum so viele Menschen kommen

Es geht nicht nur um das hübsche Bild an der Wand. Es ist die Kombination aus Licht, alter Architektur und der besonderen Morgenruhe in Palma: die entfernten Glocken der Kathedrale, das gelegentliche Möwengeschrei über dem Hafen, das leise Klappern eines Lieferwagens auf dem Pflaster. All das macht das Erlebnis sinnlich – man hört die Stadt erwachen, während das Farbspiel langsam größer wird und wieder verschwindet.

Für Einheimische hat dieses Ereignis oft auch etwas Vertrautes: Man trifft bekannte Gesichter, tauscht ein kurzes „hola“ und einen Kommentar über das Wetter aus. Für Besucher ist es ein intimer Moment mit der Geschichte der Stadt – die gotischen Mauern, die Jahrhunderte gesehen haben, wirken plötzlich ganz nah.

Mein Tipp: Cappuccino danach. Setzt euch auf einen der Bistrotische an der Plaça und lasst das Gesehene nachklingen. Wer morgen nicht dabei sein kann: Das Lichtereignis wiederholt sich nur selten im Jahr. Dafür aber beständig genug, dass man es nicht vergisst.