Das Wohnungsministerium gibt 1,6 Millionen Euro für den Abschluss am Baluard del Príncep frei. Ein Segen – doch die Frage bleibt: Lösen die Mittel die strukturellen Probleme, die das Projekt seit Jahren bremsen?
Endspurt am Baluard del Príncep – aber reicht das Geld allein?
Wenn man morgens an der Baustelle am Baluard del Príncep vorbeigeht, mischen sich das leise Rattern der Maschinen mit dem Espresso-Klatsch der Arbeiter: Um neun, wenn die Geräte warmlaufen, riecht die Luft kurz nach Kaffee und frischem Beton. 1,6 Millionen Euro vom spanischen Wohnungsministerium klingen nach Rettung. Doch die eigentliche Leitfrage bleibt: Reicht diese Finanzspritze, um ein Projekt zu Ende zu bringen, das seit 2008 immer wieder ins Stocken geraten ist?
Die letzten sieben Prozent – mehr als nur Feinarbeiten
Offiziell sind rund 93 Prozent der Arbeiten erledigt. Die verbleibenden sieben Prozent aber betreffen empfindliche Schnittstellen: Urbanisierung des Stadtgrabens, Anschluss an die Kanalisation, die Brücke mit Treppenstufen von der Plaza de la Porta del Camp zum Graben, die Umfriedung aus Marés-Stein an der Avenida Gabriel Alomar sowie letzte Platzgestaltungen. Auf dem Papier klingen das nach Kleinkram. In der Praxis bedeutet es: handwerkliche Präzision neben historischer Substanz, Koordination mit Versorgungsleitungen und oft unerwartete Verzögerungen, wenn sich beim Bohren oder Ausgraben Reste alter Mauerwerke oder Leitungswege zeigen.
Warum es immer wieder hakt
Der Stau ist nicht neu: Eine Insolvenz einer beteiligten Baufirma 2020 hat tiefe Spuren hinterlassen, dazu kamen wiederholte Planänderungen. Jeder neue Ausschreibungszyklus reißt Logistikketten auseinander, führt zu Personalwechseln und zusätzlichen Prüfungen. Diese Lücken sind nicht nur zeitraubend – sie fressen Geld. Was wie Verwaltungskleinkram aussieht, summiert sich schnell zu einem erheblichen Aufschlag auf die Gesamtkosten.
Mehr als eine Baustelle: Identität, Erinnerungen, Alltag
Die Stadtmauer von Palma ist kein beliebiges Betonband. Ihre Schichten erzählen von maurischen Befestigungen, späteren Auf- und Umbauten, vom steten Puls einer Hafenstadt. Für Anwohnerinnen und Anwohner ist der Baluard del Príncep ein Stück Identität, für Touristinnen ein unverhofftes Entdeckerstück. Die geplante Brücke wird nicht nur zwei Ufer verbinden: Sie soll historische Wege wieder zugänglich machen. Ob Menschen dort verweilen, den Blick auf die Plaza de la Porta del Camp genießen oder ihn nur als kurzem Weg nutzen, entscheidet die Gestaltung: Sitzflächen, Bepflanzung, Beleuchtung – kleine Gestaltungsdetails mit großer Wirkung auf Behaglichkeit und Nutzungsqualität.
Kritik am Management – was oft zu kurz kommt
Die jetzige Finanzspritze ist wichtig, doch sie behebt vorrangig eine kurzfristige Liquiditätslücke. Die tieferen Ursachen bleiben bestehen: fehlende finanzielle Puffer in den Verträgen, unklare Haftungsregelungen für Planungspartner und starre Ausschreibungsprozesse, die bei Ausfall einer Firma monatelange Neuvergabe nach sich ziehen. Solche strukturellen Risiken erhöhen nicht nur die Unsicherheit, sie treiben auch die Kosten über die Laufzeit in die Höhe. Was in der öffentlichen Debatte selten thematisiert wird: Die mangelnde lokale Vernetzung von Handwerkern und die unterschätzte Bedeutung traditioneller Materialien wie Marés-Stein.
Pragmatische Vorschläge für den Endspurt
Damit die verbleibenden Arbeiten nicht erneut zur Hängepartie werden, braucht es mehr als Geld. Einige pragmatische Maßnahmen, die jetzt schnell greifen könnten:
1. Modularere Ausschreibungen: Lose kleiner schnüren, damit Ersatzfirmen leichter einspringen können und einzelne Ausfälle nicht das gesamte Projekt blockieren.
2. Verträge mit Puffer und klaren Übergaberegeln: Insolvenzszenarien, Übergabeprotokolle und Ersatzregelungen verbindlich festschreiben, damit Wochen- statt Monatsverluste entstehen.
3. Lokale Handwerksnetzwerke aktiv nutzen: Arbeiten an Marés-Stein und historischer Mauerpflege verlangen Spezialwissen – Mallorca hat diese Fachkräfte, sie sollten systematisch eingebunden werden, das spart Zeit und schützt Substanz.
4. Transparenz und Kommunikation vor Ort: Laufende Informationen für Anwohnende, temporäre Fußwegführungen, Lärm- und Staubminderungspläne. Das senkt die Spannung in den Quartieren – in Palmas Altstadt ist Geduld begrenzt, Espresso dagegen nicht.
Was jetzt ansteht
In den kommenden Tagen sollen Staatssekretär David Lucas und Palmas Bürgermeister Jaime Martínez ein Aktionsprotokoll unterzeichnen. Ziel: Ausschreibungen noch vor Jahresende, Vergaben und ein zügiger Abschluss. Das klingt gut auf dem Papier; die Praxis jedoch wird zeigen, ob Verwaltung und Auftragnehmer die Lernkurve geschafft haben. Skeptiker wird es weiterhin geben – historische Baustellen sind selten glatt und oft launisch.
Am Ende geht es um mehr als um Millimeter Mörtel: Es geht um die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, um Wege, die wieder begehbar werden, und um Stadtbildpflege, die nicht nur touristischen Glanz, sondern auch Wohnqualität liefert. Wenn die Brücke steht, wollen wir mehr als ein Fotomotiv sehen – wir möchten ein Stück Stadt, das den Alltag erleichtert, mit weniger Papiertiger und mehr Pragmatismus. Und ja: wenn dann am frühen Morgen wieder Arbeiter ihren Espresso schlürfen, sollte neben dem Betongeruch auch ein leiser Hauch von Stolz durch die Gassen wehen.
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