Wie Spanier Deutschland sehen: Kompetenz trifft Reserviertheit

Wie die Spanier Deutschland sehen: Kompetenz, Ordnung — und eine Prise Kälte

👁 4820✍️ Autor: Lucía Ferrer🎨 Karikatur: Esteban Nic

Eine neue Umfrage zeichnet ein klares Bild: Deutschland gilt in Spanien als effizient und verlässlich — aber auch als reserviert. Was steckt hinter diesem Bild, und wie können Begegnungen auf Mallorca davon profitieren?

Kompetent, ordentlich — aber warum fühlen sich viele Spanier trotzdem distanziert?

Letzten Freitag, bei dunstigem Morgenlicht am Passeig Mallorca, hörte ich zwei Nachbarn über genau dieses Thema sprechen. Einer schüttelte den Kopf: "Die Deutschen? Top in Technik, aber irgendwie nicht herzlich." Der andere lachte und antwortete: "Na ja, die parken halt ordentlich." Solche O-Töne spiegeln die Ergebnisse einer landesweiten Umfrage: Deutschland genießt in Spanien hohes Ansehen in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Zugleich erscheint vielen Deutschen eine gewisse Kühle anzuhängen.

Die Baustellen des Images

Warum hat Deutschland diese zwei Gesichter? Zuerst das Offensichtliche: Begriffe wie effizient, seriös und fleißig fallen oft. Deutsche Autos, Ingenieurskunst, verlässliche Verwaltung — das beeindruckt. Auf Mallorca sieht man es in Alltagsszenen: ein deutscher Wagen, akkurat eingeparkt am Markt von Santa Catalina, oder ein Reisender, der seine Buchungsbestätigung nochmal prüft, bevor er den Bus nach Portixol nimmt.

Auf der anderen Seite stehen Beschreibungen wie "streng", "reserviert" oder "wenig herzlich". Sprache, kulinarische Vorlieben und das Klima werden genannt. Dazu kommt: Für viele Spanier ist die eigene Alltagskultur — die Plaza, das späte Abendessen, das spontane Gespräch — ein Wert, den sie höher einstufen als die deutsche Pünktlichkeit.

Was in der öffentlichen Debatte oft zu kurz kommt

Die Umfrage gibt ein Stimmungsbild, aber sie erklärt nicht alles. Drei Aspekte fallen mir besonders auf und werden selten vertieft:

1. Kontext der Begegnungen: Viele Kontakte finden im Urlaub statt — kurz, oberflächlich, geprägt von Missverständnissen. Ein gestresster Tourist am Strand bleibt ein Klischee, genauso wie der Einheimische, der sich über zu laute Partys ärgert.

2. Generationsunterschiede: Jüngere Deutsche sprechen oft besser Spanisch, reisen anders und verhalten sich lockerer als ältere Besucher. Doch Umfragen fassen sie häufig zusammen.

3. Rolle der Medien und Stereotype: Ein paar laute Einzelfälle werden verallgemeinert. So entstehen Bilder, die Eingebungen gleichen — hartnäckig, aber nicht unbedingt vollständig.

Konkrete Chancen — besonders hier auf Mallorca

Die gute Nachricht: Solche Bilder sind veränderbar. Und auf einer Insel wie Mallorca liegen die Möglichkeiten direkt vor der Haustür. Drei einfache, konkrete Vorschläge:

1. Begegnungsorte schaffen: Sprachcafés, Nachbarschaftsfeste an der Plaza, gemeinsame Kochkurse mit mallorquinischen Rezepten. Wenn Deutsche und Einheimische zusammen Pa amb oli schneiden, bröckeln Vorurteile schneller als an der Kasse im Supermarkt.

2. Kleine Gesten, große Wirkung: Ein kurzes "hola" an der Bar, ein Lächeln an der Kasse, ein probates kleines Gespräch über das Wetter – das glättet mehr als ein ganzer Leitfaden zur interkulturellen Kompetenz. Auf der Passeig Mallorca weht manchmal der Tramuntana, aber ein freundlicher Gruß schützt davor.

3. Austausch junger Menschen fördern: Freiwilligenprojekte, Sportteams oder Kulturabende in Palma können zeigen: Junge Leute sind weniger an Klischees gebunden.

Was Einheimische und Besucher voneinander lernen können

Einheimische dürfen neugierig bleiben und Gedanken wie "die Deutschen sind so" öfter infrage stellen. Besucher ihrerseits können Boden gutmachen, indem sie sich auf Sprache und alltägliche Höflichkeiten einlassen. Es geht nicht um Verzicht, sondern um Respekt — für Rituale, die hier seit Generationen funktionieren: das langsame Abendessen, die Plauderei auf der Plaza, das Teilen von Tellerchen in einer Bar.

Am Ende bleibt ein Gemisch aus Bewunderung und Distanz. Aber auf Mallorca, wo die Straßen voller Stimmen sind — das Klappern der Espresso-Tassen in Santa Catalina, das Rufen der Marktfrauen, das leise Piepen der Busse — bieten sich täglich neue Chancen für echte Begegnungen. Ich werde beim nächsten Cafégespräch zuhören. Und vielleicht selbst öfter das erste "hola" sagen.

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