Stierkampf in Muro: Zwischen Tradition, Protest und Alternativen

Stierkampf kehrt nach Muro zurück – ein Dorf zwischen Tradition und Protest

👁 14230✍️ Autor: Adriàn Montalbán🎨 Karikatur: Esteban Nic

Am 14. September soll in Muro wieder ein Stierkampf in der Arena La Monumental stattfinden. Für viele ist es Nostalgie, für andere ein Rückschritt. Ein Blick auf die Gründe, Protagonisten und mögliche Wege aus der Konfrontation.

Stierkampf in Muro: Was ist passiert und warum sorgt es für Aufruhr?

Am 14. September soll in Muro nach acht Jahren Pause wieder ein Stierkampf stattfinden. Die Gemeinde hat die historische Arena La Monumental an eine Veranstaltungsfirma vermietet, die das Event organisiert. Auf den ersten Blick eine nüchterne wirtschaftliche Entscheidung – auf dem Markt ist Raum, die Gemeinde kassiert Miete, Tourist*innen könnten kommen. Auf den zweiten Blick knallt der Beschluss mitten in eine Debatte, die auf Mallorca seit Jahren an Schärfe gewinnt.

Die zentrale Frage

Wollen wir Tradition um jeden Preis bewahren, oder ist jetzt der Zeitpunkt für einen Wandel? Diese Leitfrage zieht sich durch die gepflasterten Straßen von Muro, begleitet vom Klang der Kirchenglocke, dem Zirpen der Zikaden und dem Klirren von Espresso-Tassen auf der Plaça.

Wer protestiert – und warum?

Tierschutzorganisationen, namentlich Vertreterinnen und Vertreter der Stiftung Franz Weber, haben schnell Alarm geschlagen. Für sie ist die Rückkehr des Stierkampfs ein "Rückschritt". Die Kritik geht über moralische Empörung hinaus: Sie sehen in La Monumental eine verlorene Chance für eine kulturelle Neuausrichtung – für Konzerte, Theater oder lokale Feste, die mehr Menschen ansprechen und weniger polarisieren.

Auf der Straße hört man die Gegensätze: Ältere Bewohner erinnern sich an die Aufregung früherer Corridas, jüngere Menschen winken ab. „Es gibt bessere Wege, unsere Kultur zu zeigen,“ sagt eine Studentin aus Palma, die am Marktstand diskutiert. Unter dem Hashtag #NoStierkampfMuro sammeln sich online Hundertschaften kritischer Stimmen, während in der Bar nebenan ein Stammgast trocken bemerkt: „Das bringt doch Touristen – und etwas Geld für die Kasse.“

Was die Politik sagt (und verschweigt)

Das Rathaus von Muro spricht von einer rein wirtschaftlichen Entscheidung und hält sich öffentlich zurück. Das ist kein Zufall: Politiker wollen nicht gegen den Ortsfrieden arbeiten, aber auch nicht auf mögliche Einnahmen verzichten. Diese taktische Zurückhaltung macht die Debatte nicht kleiner – sie verschiebt sie nur in Foren, Blogs und vor allem in private Wohnzimmergespräche.

Aspekte, die selten diskutiert werden

Wenig beachtet bleibt, was das Event für den Alltag im Ort bedeutet: Lärm, Verkehrsaufkommen, Sicherheitsfragen, aber auch die Perspektive lokaler Gewerbetreibender. Eine Wiederbelebung der Arena könnte zwar kurzfristig Besucher in die Bars und Läden spülen, aber gleichzeitig Stammkundschaft verschrecken. Ebenso kaum thematisiert wird die juristische und versicherungstechnische Seite – wer trägt die Verantwortung bei Zwischenfällen? Und wie steht es um die Tiere, die aus anderen Regionen zur Veranstaltung gebracht werden?

Konstruktive Alternativen

Zwischen Schwarz und Weiß gibt es Wege, die Auseinandersetzung produktiv zu machen. Einige Vorschläge:

1. Bürgerentscheid: Eine bindende Abstimmung würde die Entscheidung demokratisieren und die Legitimation für künftige Nutzungen der Arena stärken.

2. Phasenweise Umnutzung: La Monumental könnte in der Nebensaison kulturell genutzt werden – mit klaren Verträgen, die Stierkampf-Events ausschließen und lokale Initiativen fördern.

3. Einnahmen umleiten: Sollte eine wirtschaftliche Nutzung erlaubt werden, könnten Teile der Miete in lokale Tier- und Kulturprojekte fließen.

4. Begegnungs- und Bildungsprogramme: Vorträge, Filmscreenings und Diskussionsrunden könnten die Geschichte des Ortes aufarbeiten und Alternativen zur corrida sichtbar machen.

Blick nach vorne

Der 14. September wird mehr als ein Datum sein – er könnte zum Prüfstein für die Art werden, wie Mallorca mit umstrittenen Traditionen umgeht. Ob Muro danach irgendwie „wie vorher“ ist, oder ob der Tag eine Diskussion losreißt, die in langfristige Veränderungen mündet, bleibt offen. Sicher ist: Wenn die Kirchenglocke an diesem Septembermorgen schlägt und die Zikaden dröhnen, wird man mehr hören als nur Schritte auf dem Pflaster. Es geht um Identität, ökonomische Realitäten und darum, ob ein Dorf die Chance nutzt, seinen Platz zwischen Vergangenheit und Zukunft neu zu definieren.

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