Die UIB plant, die Lehramtsstudiengänge auf fünf Jahre zu verlängern. Auf Mallorca stößt der Vorschlag auf Zustimmung — aber auch auf berechtigte Zweifel: Reicht ein zusätzliches Jahr, um Lehrermangel, Wohnkosten und Insellogistik wirklich zu lösen?
Frische Brise auf der Plaça d’Espanya — und eine alte Frage
An einem windigen Morgen in Palma, während der Espresso auf der Plaça d’Espanya noch dampft und die Straßenkehrer das Laub in die Ecken fegen, laufen Kinder mit bunten Schulranzen die Treppen hinunter. Die neue Debatte der UIB klingt gut: Lehramt für Vorschule und Primarstufe auf fünf Jahre verlängern. Mehr Praxis, mehr Supervision, Module zu KI, Inklusion und Nachhaltigkeit. Die Idee begegnet mir sympathisch — aber sie wirft auch eine einfache, harte Frage auf:
Leitfrage: Macht ein fünftes Studienjahr die Schulen auf Mallorca wirklich besser oder verschiebt es nur die Probleme?
Auf den ersten Blick ist die Antwort vertraut optimistisch: Mehr Vorbereitungszeit = bessere Lehrkräfte. Doch Bildung auf einer Insel ist kein Campus-theoretisches Experiment. Hier prallen zwei Logiken aufeinander: akademische Curricula und die tagespraktische Realität von Schulen in Cala d’Or, Llucmajor oder in den Dörfern der Serra de Tramuntana.
Mentoren, Mentorinnen — wer füllt die Lücken?
Mehr und längere Praktika brauchen Betreuung vor Ort. Das hört sich zunächst banal an, ist aber zentral: Wenn die Stammbesetzung einer Schule dünn ist, wer nimmt sich dann noch Zeit, um Studierende zu begleiten? Die Kolleginnen und Kollegen sind bereits übervoll mit Unterricht, Konferenzen, Elternarbeit und Papierkrieg. Ohne zusätzliche Stellen oder Honorare droht das fünfte Jahr zur reinen Administrationsverlängerung zu werden.
Wenig beleuchteter Punkt: Mentorinnen und Mentoren brauchen nicht nur Zeit, sondern auch Ausbildung und Anerkennung — Supervision kostet Energie. Eine Stunde Unterricht begleiten heißt am nächsten Tag oft zwei Stunden Reflexion, Feedback und Korrekturaufwand.
Geldfrage: Wer zahlt das fünfte Jahr — und wer bleibt außen vor?
Studierende fürchten zusätzliche Kosten und einen späteren Einstieg ins Berufsleben. Gleichzeitig entstehen Kosten für die Universität: Prüfungen, zusätzliche Lehrkapazitäten, Koordination. Auf Mallorca könnte das Modell sozial selektiv wirken: Junge Menschen aus stabilen Verhältnissen oder mit Rücklagen schaffen das fünfte Jahr leichter. Wer in einer Familie in einem abgelegenen Dorf wohnt oder auf Job im Sommer angewiesen ist, hat es schwerer.
Konkrete Finanzvorschläge sind deshalb unerlässlich: bezahlte Praxisphasen, gezielte Stipendien für Studierende aus strukturschwachen Regionen der Insel, Honorare für Mentorinnen und Mentoren und eine klare Kostenverteilung zwischen UIB, Balearenregierung und möglichen EU-Fonds. Ohne solche Maßnahmen besteht die Gefahr, dass die Reform nur die Privilegierten stärkt.
Lehrermangel, Wohnkosten und Saisonalität — das große Problem bleibt
Selbst die beste Ausbildung löst nicht automatisch den Lehrermangel. Viele junge Lehrkräfte verlassen Mallorca, weil die Mieten steigen, die Verträge befristet sind oder die Perspektive fehlt. Morgens sieht man die kleinen Schulbusse, die Lehrkräfte in entlegene Orte bringen — doch wenn Arbeit schlecht bezahlt ist oder Wohnen unerschwinglich wird, fehlen langfristig Fachkräfte.
Ein Punkt, der selten im Rampenlicht steht: Saisonale Personalbewegungen durch den Tourismus. Im Sommer fehlen Teilzeitkräfte, im Winter sind Klassen kleiner — das macht Personalplanung schwer und erhöht die Belastung der Stammlehrkräfte.
Ein pragmatisches Modell statt flächendeckender Hauruck-Aktion
Statt sofort landesweit umzustellen, sollte die UIB pilotieren. Vorschlag in drei Schritten:
1. Pilotregionen auf Mallorca: Start dort, wo Hochschulen und Schulen bereits Netzwerke haben — Palma, Llucmajor und ausgewählte Bergdörfer als Kontrast. Begleitende Evaluation mit klaren Messgrößen (Unterrichtsqualität, Verbleibquote, Mentorenzufriedenheit).
2. Finanzielle Absicherung: Bezahlte Praxisphasen, Mentorenhonorare, Stipendien für Studierende aus strukturschwächeren Gemeinden und ein Fonds für Wohnkostenzuschüsse in den ersten Berufsjahren.
3. Regionale Personalstrategie: Anreize für Arbeit in ländlichen Schulen (Bonussystem, Wohnungszuschüsse, verpflichtende Praxis mit Bonusbindung) und bessere Verträge, damit niemand nach zwei Jahren frustriert aufgibt.
Was jetzt zählt — und warum November wichtig ist
Die UIB hat einen richtigen Impuls gesetzt. Ob das Projekt auf Mallorca wirkt, hängt jedoch an pragmatischer Umsetzung: klare Finanzpläne, Pilotprojekte und enge Absprachen mit den regionalen Bildungsämtern. Bis zur Entscheidung im November bleibt Zeit, um diese offenen Fragen zu beantworten.
Wenn die Inselverwaltung, die Universität und die Schulen gemeinsam planen — mit bezahlten Praxisphasen, Honoraren für Mentoren und konkreten Wohnkostenzuschüssen — dann kann das fünfte Jahr mehr sein als ein bürokratischer Aufschlag. Ohne diese Elemente bleibt es ein hübsches Versprechen, das im Inselalltag verhallt wie der Wind auf der Plaça d’Espanya.
Fazit: Mehr Studium kann Qualität bringen. Aber auf Mallorca muss Bildungspolitik auch Inselpolitik sein: praktisch, finanziert und vernetzt. Sonst bleibt am Ende nur eines länger — die Wartezeit auf echte Verbesserungen.
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