Das leerstehende Hostal Posada de Verano zwischen Alcúdia und Port de Pollença verkommt weiter. Wer zahlt, wer handelt — und welche Wege bleiben, damit die Ruine endlich verschwindet?
Verfall am Meer: Wer löst das Rätsel um das Hostal in Alcúdia?
Leitfrage: Eigentümer, Verwaltung oder das Gesetz – wer übernimmt die Verantwortung für den maroden Lost Place an der Küste?
Die Ruine des ehemaligen Hostal Posada de Verano steht seit Jahren wie ein Mahnmal direkt an der Küstenstraße zwischen Alcúdia und Port de Pollença. Erdgeschoss plus vier weitere Etagen, ein zum Meer gerichteter Laubengang und das verblasste Schild, das noch an bessere Zeiten erinnert – das Gebäude ist verriegelt, Stücke der Fassade drohen herabzufallen, und Touristen wie Anwohner bleiben mit Fragezeichen zurück.
Kurz gesagt: Es ist unschön, es ist gefährlich und es ist ein Sichtbarwerden eines Problems, das auf Mallorca inzwischen keine Seltenheit mehr ist. Die Stadtverwaltung hat deutlich gemacht, dass sie das Gelände in eine öffentliche Grünfläche verwandeln möchte. Gleichzeitig verlangt der Besitzer einen Preis, den die Gemeinde bislang nicht zahlen will. Die Verhandlungsspirale dreht sich seit Jahren – und nichts ändert sich am Zustand der Bausubstanz.
Kritische Analyse: Hier prallen zwei Realitäten aufeinander. Auf der einen Seite steht das öffentliche Interesse: Sicherheit, Ästhetik, Schutz der Küstenlinie und die städtebauliche Vorgabe, dass über das Erdgeschoss hinaus nicht neu gebaut werden darf. Auf der anderen Seite stehen Eigentumsrechte und wirtschaftliche Interessen, verborgen hinter einer Verhandlung, die sich offenbar totläuft. Was fehlt, ist ein klarer Fahrplan, Transparenz bei den Verhandlungen und ein pragmatisches Vorgehen, das kurzfristige Gefahren von langfristigen Lösungen trennt.
Was im öffentlichen Diskurs oft untergeht: Die rechtlichen Instrumente sind da – aber kompliziert. Gemeinden können Maßnahmen ergreifen, wenn Gebäude einsturzgefährdet sind; es gibt Wege, Eigentümer zur Instandhaltung zu verpflichten oder im Extremfall die Ruine erklären zu lassen. Gleichzeitig sind Zwangsmaßnahmen teuer, zeitraubend und rechtlich anfällig. Eine Kommune wie Alcúdia steht also vor der Frage, ob sie Geld für einen direkten Ankauf ausgeben, einen langen Rechtsweg beschreiten oder andere kreative Lösungen suchen will.
Alltagsbild: Es ist ein milder Dezembermorgen, die Sonne blinzelt niedrig über dem Meer, Jogger auf der Küstenstraße atmen salzige Luft, ältere Paare spazieren mit Hunden, Fischer werfen ihre Netze aus. Beim Vorbeifahren bleiben sie kurz stehen, um die Ruine zu fotografieren oder einfach den Anblick zu verfluchen. Ein Junge zeigt seiner Mutter das Loch im Zaun, durch das neugierige «Urban Explorer» früher in den Keller krabbeln konnten. Der Ort ist Teil der Alltagswahrnehmung geworden – und das ist nicht nur ästhetisch unangenehm, sondern birgt echte Gefahren.
Konkrete Lösungsansätze, die die Stadt prüfen sollte:
1) Kurzfristig: Sicherheit vor Symbolik. Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Fassade und des Umfelds sind nötig: Netzverhaue, temporäre Gerüste oder Abschrankungen, deutlich sichtbare Warnhinweise und regelmäßig kontrollierte Absperrungen. Das verhindert Unfälle und hindert Mutwillige daran, die Ruine zu betreten.
2) Mittelfristig: unabhängige Wertermittlung und Mediation. Eine neutrale Bewertung durch Gutachter, kombiniert mit einer Vermittlungssitzung, kann festschreiben, welche Summen realistisch sind. Eine offene Verhandlungsphase, begleitet von Transparenz gegenüber Bürgern, wäre wichtig – nicht nur die Zahlen, sondern auch die Fristen.
3) Parallel: Prüfung formeller Instrumente. Die Verwaltung sollte prüfen, ob eine Erklärung als ruinoses Gebäude, eine Verwaltungsmaßnahme zur Erzwingung von Instandhaltung oder sogar eine Enteignung für öffentliche Zwecke (Expropiación) rechtlich gangbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Diese Wege sind möglich, aber langwierig und kostenintensiv; sie erfordern belastbare Gutachten und klare politische Entscheidungen.
4) Finanzierung und Gestaltung. Falls ein Ankauf sinnvoll erscheint, müssen Finanzierungsquellen benannt werden: städtischer Haushalt, Unterstützung durch den Inselrat oder projektbezogene Förderprogramme. Parallel wäre ein Ideenwettbewerb für die Umwandlung in eine kleine Grünfläche oder einen Küstenstreifen mit einheimischen Pflanzen denkbar – entworfen von Landschaftsarchitekten in Kooperation mit lokalen Gruppen.
5) Beteiligung der Nachbarschaft. Die Menschen, die täglich an der Ruine vorbeigehen, sollten mitreden dürfen. Ein kurzer Bürgerdialog schafft Akzeptanz für Maßnahmen und verhindert späteren Ärger. Gleichzeitig muss klar sein: arbeitseinsätze von Ehrenamtlichen dürfen aus Sicherheitsgründen erst erfolgen, wenn das Gelände gesichert ist.
Was momentan fehlt: mehr Öffentlichkeit über den Stand der Verhandlungen, klare Fristen und die sorgfältige Abwägung zwischen Kosten für die Gemeinde und Kosten für die Gesellschaft, wenn nichts passiert. Niemand redet genug über die Folgekosten – von möglichen Unfällen über touristische Imageschäden bis hin zu langfristigen Bodenkontaminationen, falls Altmaterialien unsachgemäß gelagert wurden.
Ein kleines, pointiertes Fazit: Die Ruine ist nicht nur ein ästhetisches Problem, sie ist ein Test für die handlungsfähigkeit lokaler Politik. Die einfache Botschaft an den Eigentümer und die Verwaltung lautet: Sichern, werben, bewerten, handeln. Die Geduld der Nachbarn ist erschöpft, die Geduld der Touristen kurz. Es ist an der Zeit, Entscheidungen zu treffen, die den Ort wieder so machen, wie er verdient ist: sicher, zugänglich und nicht mehr ein Fotomotiv für Verfall.
Und ein letzter, etwas spitzer Gedanke: Wer die Meeresluft genießt, möchte nicht ständig an Abrissbirnen oder Verhandlungen denken. Wenn die Verwaltung und der Eigentümer nicht bald vorankommen, bleibt nur der nächste Schritt – und der wird für keine Seite billig sein.
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