Mehr Sichtbarkeit, hoffentlich mehr Respekt
Wer in den letzten Tagen über die Ma-10 nach Sóller oder die schmalen Landstraßen Richtung Deià gefahren ist, hat sie vielleicht schon gesehen: ein kleines, neues Zusatzschild unter üblichen Verkehrstafeln. Darauf steht deutlich der Abstand, den Autofahrer beim Überholen von Radfahrern und Motorrädern einhalten sollen – 1,5 Meter. Keine große Sache auf den ersten Blick, aber auf Mallorca kann so ein Hinweis einiges bewegen.
Warum jetzt?
Die Insel ist ein Magnet für Radsportler. Früh morgens, gegen 7 Uhr, sieht man Trainingsgruppen mit reflektierenden Westen am Kreisverkehr in Santa Maria oder einzelne Fahrer, die die Küstenstraße entlangrollen. Viele davon sind Urlauber, manche Profis. Die Verkehrsbehörde hat das neue Zeichen deshalb gezielt an Engpässen installiert: enge Kurven, Orte mit wenig Seitenraum, Strecken mit hohem Radverkehr. Ziel ist klar: die Regel sichtbarer machen.
Die Pflicht zum Seitenabstand steht schon länger im Gesetz – in der Praxis wird sie aber oft ignoriert. Auf schmalen Abschnitten heißt das für Radfahrer: Wagen nach rechts, Luft anhalten und hoffen, dass der Pkw-Fahrer keinen Ruck macht. Das neue Zusatzzeichen soll genau das verhindern, indem es die Fahrerin oder den Fahrer kurz vor einer kritischen Stelle erinnert.
Wie wirkt das vor Ort?
Ich habe mit zwei Radlern gesprochen, die regelmäßig die Tramuntana-Strecken fahren. "Seit Jahren fordern wir mehr Schutz", sagt Marta, die in Palma wohnt und fast jeden Sonntag die Küste abfährt. "Ob ein Schild hilft? Vielleicht. Es ist ein kleiner Schritt, aber besser als nichts." Ein älterer Motorradfahrer, den ich an einer Tankstelle traf, schmunzelte: "Manche lesen es, manche nicht. Aber wenn drei Autos hintereinander stehen bleiben, merken sie es irgendwann."
Praktisch wird viel von Rücksichtnahme abhängen – und von Kontrollen. Schilder allein ändern nicht sofort Fahrweisen. Trotzdem: sichtbarere Regeln schaffen Gesprächsanlässe, und das ist auf einer Insel, die so viele gleiche Straßen teilt, nicht unwichtig.
Was bleibt zu tun?
Mehr Markierungen auf der Fahrbahn, gezielte Informationskampagnen in mehreren Sprachen und gelegentliche Präsenz der Verkehrspolizei würden helfen. Ebenso wichtig ist, dass Einheimische, Vermieter und Radsportveranstalter weiter darauf hinweisen, wie man sicher unterwegs ist. Und ja: manchmal braucht es einfach mehr Geduld im Verkehr – besonders wenn die Aussicht auf einen Cafés con leche an der nächsten Ecke winkt.
Fazit: Das neue Zusatzzeichen ist kein Allheilmittel, aber ein sinnvolles Werkzeug. Auf einer Insel, wo Straße oft weniger Raum heißt, kann eine klare Erinnerung an die 1,5-Meter-Regel den Unterschied zwischen einer stressigen Begegnung und einer entspannten Fahrt machen. Hoffen wir, dass Autofahrer, Zweiradfans und Behörden gemeinsam daran arbeiten, dass diese Erinnerungen bald überflüssig werden – weil sie nicht mehr nötig sind.