Von der Fabrikhalle an die Strandpromenade
Ich treffe Sali an einem Montagmorgen in El Arenal, direkt am Hafen – die Sonne steht schon hoch, der Duft von Meeresluft mischt sich mit Bratwurst vom Imbiss. Der 37‑Jährige lacht viel, spricht schnell und wechselt im Gespräch zwischen fünf Sprachen. Seine Route durch Europa klingt wie ein Lebenslauf eines modernen Nomaden: sieben Jahre in Polen, ein Jahr Lkw‑Fahrer in Düsseldorf, jetzt die Saison auf Mallorca mit gleich drei Jobs.
Polen: Arbeit, Sprache, Freundschaft
In Polen arbeitete er in Fabriken. „Hart, ja. Aber ich hatte Freunde“, sagt Sali. Er lernte Polnisch so gut, dass er heute auf Polnisch träumt, behauptet er halb im Ernst. Kleine Rituale blieben: samstags der Markt, abends Bier mit Kollegen, Nachrichten auf einem polnischen Instagram‑Account. Für ihn war das kein Durchreiseland, sondern eine zweite Basis.
Düsseldorf: Geld ohne Herz?
Dann kam Deutschland. Ein Jahr Lkw‑Fahren, gute Löhne — netto rund 1.600 Euro, erzählt er. Praktisch, aber nicht leicht. „Die Menschen waren höflich, aber distanziert“, sagt Sali. Trotz Deutschkenntnissen fühlte er sich oft als Außenstehender. Er spricht über Fahrkartenkontrollen, über Bußgelder, über das Gefühl, dass man ihn eher als Ausländer sieht denn als Nachbarn. Das machte müde. So kam der Entschluss: Spanien ausprobieren.
Mallorca: Saison, Meerblick, Freiheit
Auf der Insel arbeitet er gleichzeitig in Küche, Service und am Strand – lange Tage, wenig Pause, aber etwas anderes: eine ungezwungene Stimmung. „Hier muss ich mich nicht erklären“, sagt er. Sein Vermieter, ein Hotelchef, bietet ihm ein kleines Zimmer mit Meerblick zu einem fairen Preis. Sein Freundeskreis ist bunt: Spanier, Südamerikaner, Polen, andere Nordafrikaner. Man trinkt zusammen Sangría am Abend, man organisiert Fahrgemeinschaften zur Schicht. Und: Die Leute hier seien offener im Umgang, weniger prüfend.
Zwischen den Leben
Außerhalb der Saison pendelt Sali zwischen Polen und Tunesien, besucht die Familie, verschickt Geld. Mallorca sichert ihm das Jahr, sagt er. Ob er dauerhaft bleiben will? „Vielleicht“, antwortet er, nachdenklich. Dann grinst er: „Ganz glücklich bin ich nicht — aber mein Leben gefällt mir.“
Ein kleines Fazit: Es geht nicht nur ums Geld. Für viele wie Sali zählt, wo man atmen kann, ohne sich ständig erklären zu müssen. Und manchmal ist das eben ein Zimmer mit Blick aufs Meer und Arbeitskollegen, die mit einem lachen, wenn der Feierabend naht.