Stadt schafft Fakten: Bank am Paseo Mallorca ist weg
Am frühen Dienstagmorgen, gegen 9:30 Uhr, rückten städtische Arbeiter an und bauten die lange genutzte Sitzbank am Paseo Mallorca ab. Wer an dem Baum dort morgens seinen Kaffee holt, hat die Szene gesehen: zwei Männer in Warnwesten, ein Transporter, ein paar neugierige Passanten. Die Bank, auf der ein Mann monatelang geschlafen hatte, ist jetzt weg. Er sitzt seitdem auf einem abgewetzten Klappstuhl, den er an den Stamm gelehnt hat – die Tauben sind nicht begeistert, die Bäckerei an der Ecke riecht trotzdem nach frischgebackenen Ensaimadas.
Der Mann, die Stadt und die Nachbarn
Der Mann ist in der Nachbarschaft bekannt. Manche nennen ihn freundlich „den Herrn vom Paseo“, andere haben ihn aus den Augen verloren. Nachbarn berichten, dass er oft in Decken gehüllt war, selten ins Gespräch kam, aber immer pünktlich den Zeitungsladen am Sonntagmorgen besuchte. Die Stadtverwaltung teilte mit, dass an dieser Stelle künftig zwei neue, kleinere Bänke für jeweils eine Person unter dem Baum aufgestellt werden sollen. Bis dahin ist sein provisorischer Platz der Klappstuhl.
Sozialdienste waren während der Aktion vor Ort, sagen Zeugen. Sie boten Hilfe an – Schlafplatzvermittlung, medizinische Erstversorgung, Beratung. Laut Anwohnern lehnte der Mann Angebote teilweise ab. Das ist kein Einzelfall: Viele Betroffene meiden Einrichtungen aus Angst, aus Scham oder wegen Regeln, die sie als unflexibel empfinden.
Ein größeres Problem als eine einzelne Bank
Auf Mallorca leben nach Schätzungen mehrere hundert Menschen ohne festen Wohnsitz. Sie schlafen in Parks, unter Brücken oder in verlassenen Gebäuden. Statistiken sind schwer, weil die Lage zwischen Saison und Winter schwankt. Wer morgens am Paseo vorbei geht, sieht nicht nur Touristen mit Kameras, sondern auch die soziale Realität, die hier seit Jahren sichtbar ist.
Die Debatte nach dem Entfernen der Bank ist typisch: Einige Anwohner fordern mehr Präsenz der Ordnungskräfte, andere kritisieren, dass man ein Symptom bekämpft statt die Ursache: fehlende, bezahlbare Wohnungen und ausreichende Beratungsangebote. In lokalen Chats empfinden manche die Maßnahme als pragmatisch, andere finden sie kalt.
Was jetzt hilft – und was zu kurz kommt
Fachleute fordern eine Kombination aus kurzfristigen Angeboten (Notbetten, mobile Teams, Gesundheitsversorgung) und langfristigen Lösungen: bezahlbarer Wohnraum, begleitende sozialpädagogische Hilfe, niedrigschwellige Anlaufstellen und das bewährte "Housing First"-Konzept. Vor Ort sagen Helfer, dass es oft nur eine Hand voll Minuten braucht, um Vertrauen aufzubauen – doch dieses Vertrauen fehlt, wenn Menschen das Gefühl haben, ständig vertrieben zu werden.
Die Szene am Paseo Mallorca ist ein kleines, gut sichtbares Beispiel für ein großes Thema. Es geht nicht nur um Bänke oder städtische Ordnung, sondern darum, wie wir in der Stadt miteinander umgehen. Wer morgens die Ensaimadas riecht und auf dem Weg zur Arbeit an dem Platz vorbeifährt, kann nicht mehr wegsehen. Vielleicht wäre das schon ein Anfang.
Wenn Sie helfen möchten: Lokale Hilfsorganisationen, Straßenambulanzen und die Hotline der Stadt geben Auskunft über aktuelle Angebote.