Ärger um führerscheinfreien Bootsverleih auf Mallorca – Es Carbó und die Folgen

Ärger um führerscheinfreien Bootsverleih: Wenn Es Carbó zur Rennstrecke wird

👁 8421✍️ Autor: Ana Sánchez🎨 Karikatur: Esteban Nic

Vor Es Carbó und in vielen Buchten Mallorcas sorgen führerscheinfreie Mietboote für Ärger: zu hohe Geschwindigkeit, beschädigte Bojen und gefährdete Posidonia-Wiesen. Was fehlt: klare Regeln, mehr Kontrollen und verbindliche Einweisungen.

Unklare Regeln, volle Buchten – wer zahlt den Preis?

An einem heißen Samstagnachmittag, die Sonne knallt, Möwen kreischen und das Surren kleiner Außenborder mischt sich mit dem Gelächter am Strand: so sah es kürzlich wieder vor Es Carbó aus. Zwei fünf-Meter-Boote rasten dicht an dicht durch die Badezone, Badegäste winkten alarmiert, manche riefen laut: „Langsamer!“ Solche Bilder sind in den letzten Wochen häufiger geworden – nicht nur hier, sondern an mehreren beliebten Buchten der Insel.

Die zentrale Frage

Wer trägt die Verantwortung, wenn führerscheinfreie Vermietung auf überfüllte Küsten trifft? Klingt bürokratisch, ist aber die entscheidende Frage für die Sicherheit von Menschen und die Zukunft empfindlicher Küstenökosysteme.

Probleme, die oft untergehen

Das Geschäftsmodell ist einfach: Boote bis fünf Metern Länge dürfen häufig ohne Bootsführerschein verliehen werden. Praktisch für Urlauber, lukrativ für Vermieter. Praktisch ist aber nicht automatisch ungefährlich. Viele Gäste bekommen allenfalls eine kurze Einweisung, wenn überhaupt. Sprachbarrieren, Alkohol, Urlaubsstimmung und Zeitdruck an Wochenenden sind ein schlechter Mix. Ergebnis: unsichere Manöver, Kollisionen mit Bojen oder kleineren Jachten und verängstigte Badegäste.

„Ich habe keine Ahnung, wie man richtig anlegt“, sagt Manuel aus Port d’Andratx, der abends öfter Kontrollgänge mit seinem Segelboot macht. Er beschreibt ein jüngstes Manöver: ein Mieter verfehlte die Lücke beim Andocken, touchierte zwei Markierungsbojen und zog eine Spur in die Posidonia-Wiese, die man sonst nur von ruhigen Törns kennt.

Die stille Schäden: Posidonia und Meeresfauna

Was man am Strand nicht direkt sieht, macht die Sache gravierender: die Seegraswiesen (Posidonia) leiden unter rücksichtslosem Ankern und wiederholten Fahrspuren. Diese Wiesen sind keine Zier – sie sind Lebensraum, Erosionsschutz und Wasserfilter zugleich. Ihre Zerstörung wirkt sich langfristig auf Fische, Strandqualität und damit auch auf Urlauberattraktivität aus.

Warum einfache Lösungen nicht reichen

Ein generelles Verbot für führerscheinfreie Boote würde zwar manche Probleme lösen, ist aber politisch und wirtschaftlich heikel: für viele kleine Vermieter sind diese Boote Einnahmequelle, für Touristen ein günstiger Zugang zum Meer. Zudem gibt es eine Schattenwirtschaft: informelle Vermietungen und geteilte Handtücher-gegen-Ausflüge-Angebote, die schwer zu kontrollieren sind.

Kritiker fordern klare, praktikable Maßnahmen

Vor Ort hören wir immer wieder dieselben Forderungen: verbindliche Einweisungen, klar markierte Bade-, Anker- und Fahrzonen, reduzierte Höchstgeschwindigkeit in Küstennähe, verstärkte Kontrollen an Wochenenden und bei Hochsaison sowie eine Alters- beziehungsweise Erfahrungsschranke für Mieter. Einige Gemeinderäte sprechen auch über digitale Lösungen: kurze Online-Tests vor dem Mietabschluss, GPS-Trackpflicht für Mietboote oder eine zentrale Registrierung aller Verleiher.

Was die Behörden und Vermieter tun

Die Hafenbehörde beobachtet die Lage und prüft mögliche Maßnahmen. Einige Verleiher haben bereits reagiert: verpflichtende 15- bis 20-minütige Einweisungen, einfache Sicherheitstrainings und Hinweise zur lokalen Flora und Fauna werden häufiger angeboten. Das ist positiv, aber oft freiwillig – und bei hohem Kundenandrang nicht immer durchsetzbar.

Vorschläge mit Wirkung

Konkrete, umsetzbare Schritte könnten helfen, den Graben zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit zu schließen:

1. Verbindliche Kurz-Einweisung: Eine Pflicht-Einweisung von 20 Minuten inklusive Sicherheitscheck, Anlegemanöver und lokalen Regeln – auch per Video in mehreren Sprachen möglich.

2. Zonierung: Deutlich sichtbare Trennung von Bade-, Fahr- und Ankerzonen, ergänzt durch temporäre Sperrflächen an stark frequentierten Wochenenden.

3. Tempobeschränkungen und Kontrollen: Niedrigere Geschwindigkeitslimits nahe Stränden und gezielte Kontrollen durch Hafenpolizei oder Gemeindeboote an kritischen Tagen.

4. Digitale Nachverfolgbarkeit: GPS-Tracker für Mietboote oder verpflichtende Logbücher erleichtern Nachforschung bei Schäden und helfen, Muster von Fehlverhalten zu erkennen.

5. Sensibilisierung und Anreize: Schulungen für Vermieter, Abzeichen für verantwortungsvolle Anbieter und vergünstigte Versicherungen für ordentlich geschulte Mieter können Anreize schaffen.

Ein Appell aus dem Hafen

Auf dem Steg in Port d’Andratx traf ich eine Rentnerin, die ruhig in Richtung Meer schaute und sagte: „Wir brauchen Regeln, die alle schützen – nicht nur Sanktionen, sondern klare Hinweise.“ Recht hat sie. Es geht nicht darum, den Zugang zum Meer zu verschließen, sondern ihn sicher und nachhaltig zu gestalten.

Ob strengere Gesetze kommen oder mehr Eigenverantwortung der Vermieter – das wird die Zeit zeigen. Bis dahin gilt: Wer ein Boot mietet, sollte zweimal nachfragen, ob eine Einweisung vorgesehen ist. Und wer mietet, fährt bitte langsamer, hört aufs Wasser, respektiert die Schilfbänke und die Menschen am Strand. Unsere Buchten sind laut an Sommertagen – aber sie mögen kein Hupen, kein Rammen und kein rasches Verschwinden.

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