Ein tödlicher Unfall in einer Villa in Son Vida endet mit einer sechsmonatigen Haftstrafe für den Bauunternehmer. Ein Urteil, das Fragen zur Sicherheit auf Mallorcas Baustellen offenlässt.
Ein Urteil — und viele unbeantwortete Fragen
Der Klang von Zikaden im Pinienhain, die gedämpften Stimmen der Gärtner in Son Vida und mittendrin die Stille einer Baustelle, die nie mehr dieselbe sein wird: Am 23. November 2018 verlor ein 61-jähriger Maurer beim Montieren einer Verkleidung sein Leben. Nun sprach das Gericht in Palma ein Urteil: sechs Monate Haft für den verantwortlichen Bauunternehmer. Die zentrale Frage bleibt: Reicht das, um künftig Leben zu schützen? Sechs Monate Haft nach Tod auf Baustelle in Son Vida — Wird das reichen?
Was wirklich passiert ist
An jenem Morgen in der Carrer Mossa befestigte der Handwerker eine Innenverkleidung an einer Säule nahe der Haustür. Um eine schwere Sperre zu montieren, stellten Kollegen provisorisch eine Baustütze zwischen Tür und Boden. Nach Ermittlungen hielt die Konstruktion der Last nicht stand: Die Tür — nach Angaben rund 544 Kilogramm schwer — stürzte um, traf den Arbeiter und führte zu einem schweren Schädel-Hirn-Trauma. Vier Tage später verstarb der Mann im Krankenhaus trotz Notoperation.
Versäumnisse, die schmerzlich klar wurden
Die Untersuchungen brachten auffällige Mängel ans Licht: keine schriftliche Aufgabenverteilung, keine konkreten Arbeitsanweisungen, fehlende Präventionsschulungen und offenbar keine persönliche Schutzausrüstung. Der Unternehmer gab fahrlässiges Handeln zu und zahlte vor Prozessbeginn 45.000 Euro an die Hinterbliebenen — ein Betrag, der tröstet, aber den Verlust nicht wiedergutmacht.
Das Gericht berücksichtigte das Geständnis und eine verzögerte Verfahrensführung, was zu mildernden Umständen führte. Zudem diskutierte der Saal, ob eine abgeschlossene Versicherung den tödlichen Unfall abdeckt — ein Thema, das im Urteil nicht abschließend geklärt wurde.
Die Leitfrage: Ist Strafmaß alleine genug?
Eine sechsmonatige Haftstrafe mag juristisch korrekt sein, sie trifft die Frage nach Prävention aber nur indirekt. Auf Mallorcas Villenbaustellen, wo Luxusrenovierungen den Takt angeben und Zeitpläne oft unter Druck stehen, sind die Ursachen für Unfälle vielschichtig: ökonomischer Druck von Auftraggebern, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Sprachbarrieren und das Totschweigen kleinerer Verstöße aus Angst vor Vertragsverlust.
Aspekte, die zu selten diskutiert werden
1) Versicherungs-Dunkelzonen: Was nützt eine Police, wenn im Kleingedruckten Arbeiten ohne bestimmungsgemäße Absicherung ausgeschlossen sind? Viele Firmen verlassen sich auf Policen, ohne ihre Deckungslücken zu prüfen.
2) Subunternehmerkaskade: Oft arbeiten mehrere Subunternehmen parallel. Wer ist verantwortlich für die Sicherheitsunterweisung? Wo endet die Verantwortung des Auftraggebers, wo beginnt die des beauftragten Unternehmer?
3) Kultur und Kommunikation: Viele Handwerker sprechen Spanisch, andere nur Rumänisch oder Englisch. Eine knappe Sicherheitsanweisung auf Spanisch wirkt gegen eine komplexe Baustellenlage oft zu wenig.
Konkrete Maßnahmen, die sofort helfen würden
Ein paar einfache Regeln könnten Leben retten — ohne große Bürokratie:
- Vor Arbeitsbeginn eine drei-Punkte-Checkliste: Lastgewicht prüfen, stabile Abstützung, persönliche Schutzausrüstung anlegen. Ein kurzes Foto als Dokumentation genügt.
- Pflichtunterweisung vor Ort: Maximal fünf Minuten, in der Sprache der Arbeiter, mit Unterschrift. Keine Ausrede mehr: kurz, klar, verbindlich.
- Sichtbare Verantwortlichkeit: Auf jeder Baustelle ein klar benannter Sicherheitsbeauftragter mit täglicher Kontrolle der wichtigsten Risiken.
- Versicherungskontrolle: Auftraggeber müssen vor Vertragsabschluss die Police einsehen und Deckungsgrenzen bestätigen lassen.
- Verstärkte und unregelmäßige Kontrollen: Mehr Kontrollen durch Inspektoren, aber auch durch anonyme Meldestellen für Beschäftigte.
Technik hilft ebenfalls: einfache Hebe- und Fixierhilfen, geprüfte Baustützen und Stecksysteme könnten verhindern, dass eine schwere Tür zur tödlichen Falle wird.
Was Son Vida uns lehren sollte
In den Villenvierteln von Son Vida fallen Renovierungen nicht nur durch neuen Anstrich auf. Sie sind Spiegel eines Marktes, der oft schnell, teuer und ungeduldig ist. Eine Haftstrafe ist eine notwendige Reaktion der Justiz — aber Prävention braucht mehr: eine andere Baustellenkultur. Arbeitgeber, Auftraggeber und Behörden müssen Verantwortung teilen, klare Regeln setzen und sie auch durchsetzen.
Die Familien des Verstorbenen tragen bis heute die Wunde. Für die Branche bleibt die Chance, daraus etwas zu lernen. Denn auf Mallorcas Baustellen sieht man sich wieder — und niemand will dort auf jemanden warten, der nicht kommt. Tödlicher Unfall in Santa Margalida: Betonplatten begraben Arbeiter – Wie sicher sind unsere Baustellen?
PS: Ein Helm kostet wenig. Ein klarer Check vor jeder schweren Hebeaktion dauert kaum länger als eine Zigarette. Das sind keine bürokratischen Spielchen, das sind Lebensretter.
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