Ein Hobbytaucher zieht in Portet d'es Salinar Netze voller Plastik aus dem Wasser. Die Bilder sind mehr als Ärgernis – sie zeigen ein Systemproblem, das Tourismus, Hafenmanagement und Alltag verbindet.
Was wir oberflächlich nicht sehen: Plastik und Netzreste unter Mallorcas Wellen
Es war kurz nach neun, die Sonne blinzelte auf der Wasseroberfläche von Portet d'es Salinar, Möwen schrien in der Ferne und ein Motorboot glitt leise an der Bucht vorbei. Auf den ersten Blick: schöne Sommerküste. Dann ein Video, drei Minuten, keine Inszenierung, nur ein Mann mit Kescher und Netz. Er zieht Flaschen, Snackverpackungen, Reste von Netzen aus dem Wasser. Die Leitfrage, die das Filmchen stellt, ist simpel und beunruhigend: Wie sauber ist unser Meeresbild wirklich, wenn wir nur an der Oberfläche schauen?
Der Alltag unter Wasser – Eindrücke, die wir selten haben
Wer schon einmal mit Maske und Schnorchel kurz untergetaucht ist, kennt das: ein anderes Blau, dichteres Leben, Seegraswiesen, kleine Fischschwärme. Die Aufnahmen aus Portet zeigen etwas anderes: leichtes Plastik, das zwischen Posidonia-Blättern hängt, kleine Tüten, die an der Oberfläche zerren, und dünne Angelsehnen, die sich wie Spinnweben um Pflanzen legen. Es ist kein Katastrophenfilm, eher eine nüchterne Bestandsaufnahme. Der Taucher wirkt nicht spektakulär, er ist wütend und enttäuscht zugleich: "Ich konnte es nicht glauben", sagt er im Clip. Und das ist das Problem – wir sehen es oft nicht.
Warum das mehr ist als ein ästhetisches Problem
Plastikteile verrotten nicht einfach, sie zerfallen. Aus großen Tüten werden schließlich Mikrofragmente, die in den Nahrungskreislauf gelangen. Posidonia-Wiesen, die Sauerstoffspender und Kinderstube vieler Arten, leiden, wenn fremde Fäden und Netze sie einengen. Die Konsequenzen reichen weiter: verhedderte Netze machen Fischfang schwieriger, verschmutzte Buchten mindern das Strandbild – und damit langfristig das, wofür viele Menschen hier leben: Gäste und Umsätze. Mehr dazu finden Sie in dem Artikel Südküste am Limit.
Was oft zu kurz kommt: die Quelle des Problems ist multifaktoriell. Kleine Nachlässigkeiten am Strand summieren sich mit ungesicherten Ladungen auf Booten, Müll, der bei Wind aus Parkplätzen in die Barrancos geweht wird, und zu wenigen oder schlecht erreichbaren Sammelstellen. Hinzu kommen saisonale Spitzen: an Wochenenden und in den Hochsaisonmonaten beschleunigt sich die Müllzufuhr deutlich.
Was die Aufnahmen nicht zeigen – und deshalb wichtig sind
Das Video dokumentiert die Symptomatik, aber weniger die Mechanismen dahinter: Wer sind die Hauptverursacher? Wie gelangen Faserreste in die Seegrasfelder? Wie effektiv sind Kontrollen in kleinen Marinas? Hier klafft eine Informationslücke. Ohne systematische Erfassung bleiben viele Maßnahmen reaktiv: Aufräumaktionen helfen lokal, ändern aber nicht die Strömungswege von Müll oder die Entsorgungslogistik der Gemeinden. Über die Notwendigkeit effektiver Maßnahmen informiert auch der Artikel Wer räumt das Meer auf?.
Konkrete Chancen und Schritte, die schnell etwas bewegen
Das Schöne: Viele Lösungen sind praktikabel und lokal umsetzbar. Sie erfordern eher Koordination als große Budgets.
1. Bessere Infrastruktur an Einfallspunkten: Mehr Mülleimer an Parkplätzen und Aussichtspunkten, sichere Abfallbehälter mit Deckel gegen Wind, gut zugängliche Sammelstellen in kleinen Ortschaften.
2. Häfen und Boote ins Boot holen: Pflicht zur Sicherung lose transportierter Güter auf Booten, bessere Hafenrezeptionen für Bootsabfälle, Anreize für Charterfirmen, Müll zu sammeln statt über Bord zu werfen. Eine deutsche Apnoe-Taucherin zeigt, wie solch ein Engagement aussieht in diesem Artikel: Mit Flossen und Netz.
3. Strengere Kontrollen und Sanktionen: Klarere Regeln gegen illegale Entsorgung und deren konsequente Ahndung – nicht nur auf dem Papier, sondern sichtbar für die Bevölkerung.
4. Daten statt Gefühl: Regelmäßige Dokumentation durch lokale Tauchgruppen und Freiwillige: Müllzählungen, GPS-Aufnahmen, um Hotspots zu identifizieren. Dieses Wissen macht Maßnahmen zielgerichtet.
5. Tourismus und Gastronomie als Teil der Lösung: Mehrsprachige Hinweisschilder an Stränden, weniger Einwegprodukte in Strandbars, Kooperationen zwischen Gemeinden und Hotels für Sammelaktionen.
Praktisch vor Ort: Was jede:r heute tun kann
Wenn Sie morgen an den Strand fahren: nehmen Sie ein paar Handschuhe mit, einen Beutel, bleiben Sie fünf Minuten länger. Taucher können Fundstücke melden und melden, damit Gemeinden wissen, wo Probleme wiederkehren. Gemeinden wiederum sollten Freiwilligenaktionen nicht nur dulden, sondern koordinieren — mit Abholterminen und mit Werkzeug. Solche Kleinarbeiten wirken banal, aber sie bauen Druck auf die Verwaltung auf, endlich strategisch zu handeln.
Ein letzter Blick unter die Wasserlinie
Portet d'es Salinar ist kein Einzelfall, sondern ein Spiegelbild dessen, wie wir mit unserer Küste umgehen. Das Video hat die Nachbarschaft wachgerüttelt — und das ist gut so. Die Frage bleibt, ob wir aus der Empörung institutionelle Veränderung machen können: bessere Infrastruktur, klare Regeln und regelmäßige Datenerhebung. Ohne das bleibt die Meeresoberfläche hübsch arrangiert, während unten weiter das Altglas und die Snack-Tüten treiben. Und das wäre zu wenig für eine Insel, die vom Meer lebt. Weitere Infos über die Müllproblematik finden Sie in dem Artikel Fast 37 Tonnen Müll.
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